Fachberatungsstelle

P.I.N.K.: 15 Jahre Beratung für Prostituierte in Kehl

© PhilippSaal/pixabay
Die Kehler Fachberatungsstelle P.I.N.K. feiert in diesem Jahr ihr 15-jähriges Bestehen. Der Bedarf an Beratung und Betreuung von Sexarbeiterinnen, die seit der COVID-19-Pandemie eine noch größere Bedeutung für die betroffenen Frauen hat, wird in Zukunft weiter steigen.

P.I.N.K. (Prostitution. Integration. Neustart. Know-how) entstand 2009 aus dem Projekt FreiJa. Während FreiJa für Opfer von Frauenhandel und für Frauen mit sexualisierter Gewalterfahrung innerhalb des Milieus entstanden ist, richtet sich P.I.N.K. insbesondere an Arbeitsmigrantinnen und unterstützt sowohl beim Ausstieg, als auch, wenn weiterhin der Sexarbeit nachgegangen wird.

Antrag bei der Aktion Mensch

FreiJa sei laut Projektleiterin Aline Götz entstanden, als 2003/2004 in Straßburg bei den abendlichen Sorties, wie sie die Streetworker nannten, aufgefallen sei, dass es sehr viele osteuropäische Frauen gab, die ihren Wohnsitz in Kehl und Umgebung hatten. „Diese Sachlage war der Ursprung, dass das Diakonische Werk Ortenau und Freiburg mit Unterstützung der Diakonie Baden einen gemeinsamen Antrag bei der Aktion Mensch stellten, die zunächst Betroffene von Menschenhandel im Blick hatte“, so Götz.

Durch das regelmäßige Aufsuchen des Milieus sei schon bald deutlich geworden, dass nicht alle Frauen klassische Opfer von Menschenhandel waren, sondern häufig als Arbeitsmigranten in dieses Gewerbe kamen. Diese Frauen benötigten vielfältige Beratungen. Es wurde ein Konzept der aufsuchenden Arbeit mit einem Kleinbus entwickelt. So entstand 2009 die Fachberatungsstelle P.I.N.K., die bis heute für Prostitution. Integration. Neustart. Know-how steht. P.I.N.K. werde überwiegend aus Landesmitteln, kommunalen Mitteln und Stiftungen finanziert.

„Es handelt sich bei der Beratung manchmal um einmalige Kontakte, zum Beispiel Hilfe beim Umgang mit Behörden, Steuerfragen und Ähnlichem“, erzählt Götz. Teilweise würden Menschen auch langfristig, manchmal sogar jahrelang, betreut. Dies sei zum Beispiel manchmal bei einer kompletten Neuorientierung der Fall. Sexarbeiterinnen mit einem Ausstiegswunsch gewinnen durch die Überwindung individueller Hindernisse die Möglichkeit zum Aufbau einer neuen Lebensgrundlage.

Das Angebot von P.I.N.K. ist anonym und kostenlos

Wie Götz schildert, habe sich das Dunkelfeld, die Prostitution, die im privaten Raum sowie über Online-Portale ausgeübt werde, infolge des acht Monate dauernden Verbots während der COVID-19-Pandemie stark vergrößert. Nicht wenige der Sexarbeiterinnen seien nach der Pandemie nicht wieder in die Prostitutionsstätten zurückgekehrt. „Die Erreichbarkeit von Hilfsangeboten ist in diesem Dunkelfeld erschwert.“

Von heute auf morgen seien im November 2020 durch die Schließung der Prostitutionsstätten Sexarbeiterinnen in existenzielle Notlagen geraten, die sie in die Beratungsstelle führten. Das Land habe mit einem Förderprojekt für die Mobilen Teams auf diese Situation reagiert. Das Projekt etablierte sich in dieser Zeit in der gesamten Ortenau. Laut Aline Götz sei, sobald die Einwohnerzahl der Stadt Lahr dauerhaft 50.000 überschreite, in Lahr nur noch ein Teilverbot der Prostitution möglich. Dies werde zu weiterem Beratungsbedarf führen.

Die Beratungsstelle macht inzwischen neben Streetwork auch sehr viel aufsuchende Online-Arbeit. Frauen werden auf Online-Portalen angeschrieben, es werde Unterstützung angeboten. Diese Tätigkeit sei sehr zeitaufwendig, da über den persönlichen Kontakt sehr viel leichter Vertrauen aufgebaut werde. Auf die Frage, ob es Konflikte mit Zuhältern wie der im Jahresbericht geschilderte öfter gibt (Homepage von P.I.N.K. Baden), schmunzelt Aline Götz: „Viele der von uns betreuten Arbeitsmigrantinnen stehen unter großem Druck, weil sie in Armut leben.“

Gita Finkenbeiner

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