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Exklusiv-Interview

Gregor Bühler: „Wir prägen ein postives Image über Social Media“

Der OB von Oberkirch Gregor Bühler
© Benedikt Spether
Der öffentliche Dienst steht vor einer Pensionierungswelle. Verwaltungen konkurrieren mit der Privatwirtschaft um den knapper werdenden Nachwuchs. Wie die Stadt Oberkirch sich aufstellt, verrät OB Gregor Bühler im Interview mit dem „Ortenau Journal“.

Ortenau Journal: Wie ist die Verwaltung der Stadt Oberkirch personell aufgestellt und wie viele Angestellte gehen in den kommenden Jahren in Rente?

Gregor Bühler: Die Stadtverwaltung hat rund 480 Beschäftigte wovon in den nächsten sieben Jahren 133 Beschäftigte planmäßig in Altersrente gehen.

Ortenau Journal: Wie wollen Sie die Arbeitsbedingungen für die Verwaltungsangestellten attraktiver gestalten, um genügend Nachwuchs anzulocken? Gibt es Teilzeitangebote, die Möglichkeit im Homeoffice zu arbeiten und flexible Arbeitszeiten?

Gregor Bühler: Wir bieten unseren Mitarbeitenden umfangreiche Personalentwicklungsmaßnahmen an. Unter anderem sämtliche Teilzeitmodelle, tätigkeitsbezogene Home-Office-Angebote, Fortbildungs- und Qualifizierungskonzepte mit Förderung durch den Arbeitgeber, in vielen Arbeitsbereichen flexible Arbeitszeiten sowie Mitarbeiterzuschüsse für die ÖPNV-Nutzung, den Kauf von E-Bikes, einen Tiefgaragenstellplatz, Einrichtungen der Stadt wie die Mediathek oder das Freibad. Außerdem arbeiten wir kontinuierlich an der Arbeitgebermarke und am Image der Stadtverwaltung als moderner, kundenorientierter Dienstleister.

Ortenau Journal: Gibt es Maßnahmen zur Pflege ihrer Arbeitgebermarke? Ist diese werteorientiert?

Gregor Bühler: Wir haben ein Leitbild, über das das Selbstverständnis der Mitarbeitenden der Stadt einen Orientierungspunkt findet. In der kommenden Zeit steht ein neuer Leitbildprozess an.

Ortenau Journal: Ein weiterer Punkt in Sachen attraktiver Arbeitgeber ist die Führungskultur. Gibt es beispielsweise Ansätze flacherer Hierarchien?

Gregor Bühler: Die Stadt befindet sich gerade in einem weitreichenden Qualifikationsprozess für Führungskräfte. Diese Führungskräftequalifikation wird bei der Stadt Oberkirch als Daueraufgabe betrachtet.

Ortenau Journal: Werden Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse mit einbezogen und haben diese einen gewissen Gestaltungsspielraum?

Gregor Bühler: Ja, unsere Mitarbeitenden haben innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs eigene Entscheidungsspielräume. Arbeitsbereichsübergreifend werden die Mitarbeitenden über einen „Info-Lunch“ regelmäßig über Entscheidungen und Zielsetzungen der kommunalen Gremien informiert und Anregungen aufgegriffen.

Ortenau Journal: Sollen die Ausschreibungsverfahren schneller werden?

Gregor Bühler: Wir haben in der Regel kurze und ergebnisorientierte Verfahrensabläufe. Ein ganz aktueller Optimierungsschritt war die Änderung der Hauptsatzung, nach der die Personalentscheidungen inzwischen sehr weitgehend vom Gemeinderat an die Verwaltung übertragen wurden.

Ortenau Journal: Auf welche Recruiting-Kanäle greifen Sie zurück? Zeitungsanzeigen gelten inzwischen als veraltet.

Gregor Bühler: Wir bedienen für die Mitarbeitergewinnung neben der Printwerbung auch die Online-Portale der Printmedien, Online-Portale von Personal-Recruting-Dienstleistern sowie die Social-Media-Kanäle der Stadt Oberkirch. So konnten wir mit Werbevideos für Auszubildende und FSJ-ler vor allem die jüngere Zielgruppe über die sozialen Kanäle auf uns aufmerksam machen und ein positives Image prägen. Auch sogenannte „Funnel“-Strategien, die den Nutzer, wie der Name bereits sagt, trichterförmig zum individuell richtigen Karrierepfad bei der Stadt Oberkirch führt, werden derzeit ausgearbeitet und kommen in Kürze zur Verwendung.

Ortenau Journal: Bieten Sie den Bewerbern eine konkurrenzfähige Gehaltsstruktur? Bezeichnungen wie „Entgeltgruppe 9bTVöD“ klingen für junge Menschen eher abschreckend.

Gregor Bühler: Wir sind keineswegs der Ansicht, dass die Werbung mit der Tarifgebundenheit und einer verlässlichen Entgeltstruktur abschreckend wirkt – im Gegenteil. Bewerber, die gezielt den Öffentlichen Dienst als künftigen Arbeitgeber suchen, fragen nach der Eingruppierung. Auf diese Weise kommunizieren wir die Gehaltsvorstellung transparent – eine Vorgehensweise, die insbesondere in deutschen Wirtschaftsunternehmen unüblich ist.

Ortenau Journal: Ältere MitarbeiterInnen verfügen über einen enormen Erfahrungsschatz. Erwägen Sie Mentoring-Programme für Berufsanfänger, um dieses Wissen weiterzugeben?

Gregor Bühler: In den Leitungsebenen streben wir Einarbeitungen an, während der Stelleninhaber noch anwesend ist. In den Sachbearbeitungsebenen setzen wir auf Wissenstransfer über die Digitalisierung von Arbeitsabläufen und die damit verbundene Beschreibung von Arbeitsprozessen. Im pädagogischen Bereich arbeiten wir mit „Patenschaften“. Ein Modell, welches sich auf andere Bereiche übertragen lässt.

Ortenau Journal: Mit Digitalisierungsmaßnahmen könnten Arbeitsbelastungen reduziert werden. Ressourcen werden frei. Wie sieht es in der Verwaltung der Stadt aus in Sachen Digitalisierung?

Gregor Bühler: Der Stand der Digitalisierung ist in den einzelnen Arbeitsbereichen auf recht unterschiedlichem Stand. Die Stadt stellt aktuell einen Digitalisierungsbeauftragen ein, um Lücken zu schließen und die digitalen Prozesse auch für die Bürgerinnen und Bürger unmittelbar abrufbar zu machen.

Ortenau Journal: Wie steht es um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz?

Gregor Bühler: Die Stadt Oberkirch setzt sich kontinuierlich dafür ein, die Effizienz und Qualität der Dienstleistungen durch den Einsatz digitaler Lösungen zu verbessern. In diesem Zusammenhang spielt auch der Einsatz Künstlicher Intelligenz eine zunehmend wichtige Rolle. Obwohl aktuell noch keine KI-Technologien im Einsatz sind, verfolgt die Stadtverwaltung die Entwicklungen und Möglichkeiten, die sich für öffentliche Verwaltungen ergeben, aufmerksam und prüft bereits erste Einsatzbereiche.

Interview: Wolfgang Huber

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