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Kunstausstellung

„Ü70“: Werner Schmidt zeigt eine ganze Künstlergeneration

Kunstwerke der Ausstellung "Ü70" in Offenburg
© Werner Schmidt
Der Oberkircher Künstler Werner Schmidt hat mit den ehemaligen Großraumbüros der Spedition Dietrich ein neues Atelier gefunden. In dem benachbarten großen Raum hat er die Erlaubnis, Ausstellungsprojekte umzusetzen. Mit „Ü70“ versammelt er nun 46 Künstler aus der Region in dieser Altersgruppe und stellt ihre Werke zueinander in Bezug.

Zu allen Zeiten gab es neben den klassischen Wegen des Ausstellungsbetriebs wie Museen, Kunstvereine oder Galerien immer auch „Sonderwege“ mit privaten Initiativen, die den zahlreichen Künstlern Präsentationsmöglichkeiten bieten. Dazu zählen vermehrt auch spontane „Pop-Up-Galerien“, die oft nur für eine Veranstaltung öffnen. Zudem hat das digitale Zeitalter neue Wege der Vermarktung geöffnet. Auch in der Ortenau gibt es interessante Ansätze jenseits der vertrauten Strategien. Und manchmal spielt der Zufall eine schicksalshafte Rolle. Wie bei dem weit über die Region hinaus bekannten Künstlerpaar Gabi Streile und Werner Schmidt, die eigentlich in Oberkirch zu Hause sind. Sie verloren aber nach mehr als zwanzig Jahren ihre Ateliers an der Rench und waren verzweifelt auf der Suche nach einem passenden Objekt, bis sie in Offenburg mit den ehemaligen Großraumbüros der Spedition Dietrich fündig wurden. Dort haben sich die beiden nach einer längeren Übergangsphase mittlerweile gut eingerichtet.

„Spielwiese der Gleichaltrigen“

Vor allem Werner Schmidt hat in den mittlerweile vierzig Jahren seiner künstlerischen Profession immer wieder gezeigt, dass er über den Rand des eigenen Bilderkosmos hinausschauen kann und ist immer wieder in unterschiedlichen Funktionen als Anwalt der Kunst in der Öffentlichkeit aufgetreten: als Kurator einer Kunstsammlung, in Vorstandsfunktionen bei Kunstvereinen oder auch als Experte der bildkünstlerischen Aspekte im Werk seines Lieblingspoeten James Joyce. So verwundert es nicht, dass er mit den Erben des Georg-Dietrich-Areals nicht nur Vereinbarungen über die beiden Ateliers traf, sondern zugleich die Erlaubnis erhielt, den benachbarten großen Raum für Ausstellungsprojekte zu nutzen. Start war vor einem Jahr das Projekt „2d3d“, bei dem er Werke von sechs befreundeten Bildhauern im Zusammenhang mit großformatigen Bildern von Streile und Schmidt zeigte. Diese Form der spontanen Ausstellung fand so großen Zuspruch beim Publikum, dass nun die zweite Ausstellung im Dietrich-Areal ansteht – mit einem ebenso  ungewöhnlichen und knappen Titel: Die Schau „Ü70“ stellt Werke von 46 Künstlern aus der Region, die dieser Altersgruppe entspringen, zueinander in Bezug. Gabi Streile und Werner Schmidt stehen mittlerweile selbst im achten Lebensjahrzehnt. Die Schau ist also eine „Spielwiese der Gleichaltrigen“.

Große Kraft und Vitalität der „Ü70“-Generation

Doch die Ausstellung hat mehr Aspekte als die einer statistischen Aufreihung. In derart massierter Form erzählt sie zugleich die Geschichte einer Künstlergeneration, die vor mehr als vierzig Jahren ihre Entwicklung begonnen hatte und zugleich auch inzwischen beendet hat. Denn Werner Schmidt hat sich nicht gescheut, auch Beispiele einiger inzwischen verstorbenen Kollegen auszustellen, wie zum Beispiel Uwe Lindau, Franz Rothmund, Heinz Schultz-Koernig, Artur Stoll oder Werner Pokorny. Denn die Ambivalenz dieses Generationenspiels zeigt sich einerseits in der großen Kraft und Vitalität, die in der Kunst der „Ü70“-Generation liegt – andererseits schwebt über allen die von Schmidt gestellte Frage „was bleibt?“, wenn die Werke der Gegenwart Geschichte geworden sind. Man darf sicher sein, dass der Künstler dieses Forum für rege Diskussionen über den Bestand dieser vielen Lebenswerke nutzen wird – und damit ein Tabu berührt, das man gerne beiseite lässt. Was ist es wert, über die Lebenszeit eines Lebenswerks bewahrt zu werden, und wer soll darüber entscheiden?

Die Ausstellung „Ü70 – Künstler über 70 aus dem Badischen Raum“ im Georg-Dietrich-Areal, Am Güterbahnhof 1, Offenburg, öffnet am Samstag, 29. Juni von 13 bis 18 Uhr und dauert bis Ende Oktober 2024. Weitere Öffnungszeiten unter www.wernerschmidt-artist.de (Rubrik Aktuelles).

Aktuelle Öffnungszeiten:

Samstag, 3. August, 13 – 18 Uhr
Samstag, 10. August, 13 – 18 Uhr

Rainer Braxmaier

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