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Theaterpremiere

Kunterbuntes Spiel mit Intrigen und Affären

© Regina de Rossi
Was für ein Spektakel. Ein historisches Spektakel, das die Zuschauer der Premiere zu „Marie Antoinette oder Kuchen für Alle“ des Theater Baden Alsace am Sonntag, den 23. Juni in der ehemaligen Benediktinerabtei in Ettenheimmünster just ins 18. Jahrhundert katapultierte und Zeugen eines Lebens am Hofe werden ließ.

Allerdings eines vereinsamtes Leben, denn die Königin lebt hier in diesem Stück bereits seit 15 Jahren im eigenen Schloss gefangen und wartet gemeinsam mit ihrem Mann, König Ludwig dem Sechzehnten auf ihrer beider Hinrichtung. Das Ganze nehmen sie mittlerweile mit einer gewissen Gelassenheit und lassen es sich gut gehen. Zumindest kulinarisch. Einwände ihrer Kammerzofe, das es dem Volke bei weitem nicht so gut gehe wie ihr, ja, dass es hungert, lässt sie zu dem legendären Satz verleiten, den Marilena Weichert als ihre Durchlaucht ins Publikum schreit: „Wenn sie kein Brot haben, sollen sie Kuchen (fr)essen!“ Peter Jordan hat das Stück geschrieben, das hier nicht nur die Welt des Hofes um Marie-Antoinette und Ludwig XVI beleuchtet, sondern auch einen Betrugsskandal, bekannt unter der „Halsbandaffäre“, mit hineinfließen lässt.

Es entsteht ein kunterbuntes Spiel, durchwoben von Intrigen, Affären und einem sprichwörtlichen Galgenhumor, der eine echte Guillotine auf die Bühne bringt. Diese ist eine Geschenk für Marie Antoinette nach dem Motto, „Wir sind die Macht und wenn ihr uns nicht zu Fall bringt, machen wir es selber“. Leider fallen nicht sie, sondern Madame Dubarry dem Schlagmesser zum Opfer und hier erntet das Theater Baal Novo einen ganz besonderen, wenn auch schaurigen Clou. Sarah Hermann spielt die Madame Dubarry ebenso überzeugend, wie die Hofdame Cecile und, man glaubt es kaum, auch Napoleon Bonaparte.

Marilena Weichert überzeugt

Marilena Weichert ist hier in Ettenheimmünster, genauer im Garten der ehemaligen Benediktinerabtei, in Landelins Garten, in die Rolle der letzten Königin Frankreichs geschlüpft und überzeugt mit ihrer Schauspielkunst auf der ganzen Linie. Allein ihr Aussehen lässt staunen und das soll sich hier wiederholen. Ein großes Kompliment an Diana Zöller, die hier nicht nur Regie führte, sondern auch für Kostüm und Maske zuständig ist. Während Marie Antoinette im ausladenden türkisfarbenen Seidenkleid bestickt mit rosa Rosenblüten, einer Schleifenparade am Revers und, nicht zu vergessen, einer überdimensionierten Puderperücke, geziert mit Feder, Tüll und Perlen für Staunen sorgt, kommt ihr königlicher Gatte mit Brokatjacke und dunkelbrauner Lockenperücke nicht weniger beeindruckend daher. Thomas Cermák ist Louis der XVI. und spielt den beleibten Regenten mit vollem Körpereinsatz und majestätisch ausladender Mimik und Gestik. Und schließlich ist es Markus Fisher, der diesem turbulenten Stück den letzten, aber wichtigen Schliff gibt, sei es als Hofdiener, als Kardinal, oder, ganz besonders beeindruckend, als Maximilien de Robespierre.

Kurzum, diese Stück ist äußerst sehenswert. Alle Protagonisten wachsen in ihrer Spielkunst über sich hinaus, sind voller Kraft und Energie, voller Spielfreude. Sie reißen ihr Publikum mit in eine Welt, die man so nicht mehr haben möchte, die geprägt war von himmelweiten Unterschieden und einer ebensolchen Ungerechtigkeit. Im Stück wird diese Welt aufgebrochen, in schillernden Farben getränkt, durchgerüttelt und mit einer passenden Spur Humor neu zusammengesetzt. Herrlich!

Regina de Rossi

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