Auszeichnungen und Preise zu erhalten, ist sie bereits gewohnt: Bereits zum 6. Mal in Folge hat das Wein- und Genussmagazin Selection Monika Bähr aus Oberkirch-Gaisbach bei einer Blindverkostung zu Badens bester Winzerin gekürt. In der internationalen Gesamtwertung der Konkurrenz zu den „Winzerinnen des Jahres“ schaffte sie es auf den fünften Platz und bei der „Frankfurt International Wine Trophy“ erhielt sie für ihren Oberkircher Schlossberg Riesling Kabinett Halbtrocken eine Goldmedaille. Dabei verkosteten 511 Experten insgesamt 2.600 Weine aus 49 Ländern. Das „Ortenau Journal“ sprach mit der engagierten Unternehmerin über ihre damalige Entscheidung, den Hof zu übernehmen, die Zukunft von Piwi-Weinen, Kostensteigerungen und die Frage nach ihrem Erfolgsgeheimnis.
Ortenau Journal: Stand es bis 2004 für sie jemals in Frage, das elterliche Weingut zu übernehmen?
Monika Bähr: 2004 habe ich den Hof tatsächlich übernommen. Aber zuvor hatte ich eine Ausbildung als Erzieherin gemacht und ein paar Jahre in dem Beruf gearbeitet. Da war das noch überhaupt kein Thema. Ich bin die jüngste von vier Kindern. Ursprünglich sollte mein ältester Bruder den Hof übernehmen, das war irgendwie schon immer klar. Eher ungeplant kam dann seine große Liebe ins Spiel, die selbst einen Hof hatte. Dann war er weg und bei uns wurden die Karten neu gemischt. Wir anderen drei Geschwister hatten alle schon eine abgeschlossene Ausbildung. Ich hab dann gesagt, ich könnte mir vorstellen, noch eine Ausbildung zu machen und das ganze von der Pike auf zu lernen. Als ich dann 2001 die Winzer-Ausbildung gestartet hatte, war das Ziel klar, den Hof zu übernehmen. Aber vorher war das schon ein gewisser Prozess, so was entscheidet man nicht spontan. Der Partner musste auch einverstanden sein.
Ortenau Journal: Müssen immer noch viele Weingüter wegen ungeklärter Nachfolge schließen? Was hören sie aus der Branche?
Monika Bähr: Da höre ich eher, dass immer mehr Weingüter aufgemacht werden, weil die Auszahlungen der Genossenschaften stagnieren oder eher rückläufig sind und viele denken, es gibt höhere Erlöse im Weingut. Ich sage bewusst „denken“, weil man nicht verkennen darf, dass man erstmal unheimlich viel in die Kellertechnik und in die Vermarktung und den Weinausbau investieren muss. Aber das ist mein Eindruck in letzter Zeit, dass eher viele Weingüter neu an den Start gehen, als dass welche zu machen.
Ortenau Journal: Wer hilft ihnen alles bei der Erledigung der vielen Aufgaben auf ihrem Weingut?
Monika Bähr: Tatsächlich bekomme ich von meinen Eltern nach wie vor eine Riesenunterstützung, auch wenn sie schon in einem sehr betagten Alter sind. Aber im Alltag sind sie immer noch voll mit dabei. Mein Mann arbeitet noch in seinem Beruf, der kann mich nur am Wochenende unterstützen und dann hauptsächlich im Bereich Vermarktung. Wenn es dann im Herbst an die Lese geht, und das machen wir alles per Hand, dann haben wir noch zwei Erntehelfer. Als Familienbetrieb machen wir das meiste in Eigenleistung.
Ortenau Journal: Wie viele Hektar hat das Weingut?
Monika Bähr: Wir haben ja noch Obstbau mit dabei. Die Reben selbst sind 2,5 Hektar, aber der Gesamtbetrieb hat knapp 10 Hektar.
Ortenau Journal: Wie lange können oder wollen sie die harte körperliche Arbeit noch selbst ausführen?
Monika Bähr: Das ist eine gute Frage. Also ich bin jeden Tag dankbar, dass ich gesund bin und diese Tätigkeiten ausführen kann. Das muss man einfach auch als Geschenk ansehen. Manchmal ist es eine Herausforderung, aber ich habe schon vor, es noch eine ganze Weile zu machen. Schließlich habe ich noch ein paar Jahre bis zur Rente (lacht).
Ortenau Journal: Sie sind zum 6. Mal Badens beste Winzerin. Was würden Sie sagen, ist ihr Erfolgsgeheimnis?
Monika Bähr: Die Liebe zum Beruf. Ich mache es gerne und mit Leidenschaft.
Ortenau Journal: Wird es in absehbarer Zeit Veränderungen bei ihrem Sortiment geben?
Monika Bähr: Wir sind eigentlich immer kreativ unterwegs und machen ständig neue Sachen. Schon vor vier Jahren haben wir einen alkoholfreien Traubensaft Secco in einer 0,33 l-Flasche raus gebracht. Einen Weinschorle aus der Flasche auch schon während Corona. Das machen viele Kollegen jetzt als Neuheit. Cuvées haben wir schon seit über 20 Jahren im Sortiment. Damals waren Cuvées in Deutschland noch verschrien. Wir haben seit fünf Jahren eine neue Cuvée-Schiene aufgelegt. Dabei arbeiten wir auch mit kreativen Namen. Wir haben einen BähriSecco und einen alkoholfreien BähroZero, die Weißwein-Cuvées heißen alle BährigGut. Letztes Jahr haben wir eine Piwi-Sorte angebaut, aber die braucht erstmal drei Jahre bis zum ersten Ertrag.
Ortenau Journal: Würden Sie sagen, das den Piwi-Weinen die Zukunft gehört?
Monika Bähr: Im Moment erlebe ich das und höre es auch, wenn ich mit dem Rebveredler rede. Das sind im Moment die am meisten neu angepflanzten Sorten. Natürlich hoffen die Winzer auch, am Ende des Tages damit Kosten einzusparen, weil Piwis weniger Pflanzenschutzmittel brauchen. Wenn die Piwis das halten, was sie versprechen, dann kann ich auch mal von den hohen Kosten runterkommen. Die Branche hat seit Jahren stagnierende bis sinkende Erlöse bei gleichzeitig explodierenden Kosten. Das muss man schon schauen, wie man auch Kosten einsparen kann. Da ist es nicht nur der Wunsch von Politik und Gesellschaft, weniger Pflanzenschutzmittel zu verbrauchen, sondern es liegt im ureigenen Interesse der Winzer. Wenn man dahin kommt, solche Sorten zu züchten, dann sind wir die ersten, die sich darüber freuen. Aber es wurden auch schon viele Sorten gezüchtet, die nicht geschmeckt haben. Deshalb habe ich so lange gewartet, weil mir bisher noch keiner geschmeckt hat. Und ich habe viel probiert. Jetzt denke ich, eine Piwi-Sorte gefunden zu haben, die auch schmeckt. Am Ende müssen wir den Wein ja auch verkaufen. Aber ich bin mir sicher, die alten Rebsorten werden trotzdem nicht verschwinden. Wer weiß, was es in zehn Jahren für Probleme mit den Piwis gibt. Es gibt ja noch keine Langzeiterfahrungen. Grauburgunder oder Spätburgunder, die gibt es seit Jahrhunderten. Da hat man entsprechende Erfahrungen gesammelt.
Ortenau Journal: Sie haben die hohen Kosten angesprochen. Und trotz der hohen Qualität verkaufen Sie ihre Weine zu moderaten Preisen. Wenn man noch den hohen Aufwand und den persönlichen Einsatz zugrunde legt, lohnt sich das Geschäft finanziell dann überhaupt?
Monika Bähr: Da haben sie recht. Ich sagte ja schon, dass wir sehr viel mit Familienarbeitskräften machen, gerade wegen der steigenden Lohnkosten für Fremdarbeitskräfte. Zum Beispiel hat mich letztes Jahr, alleine das Glas für die Weinflaschen doppelt so viel gekostet wie zuvor, da habe ich durch die Bank die Preise um 50 Cent erhöht, ohne dadurch mehr Gewinn zu machen. Da ging es einfach darum, diese Kosten abzupuffern. Aber unsere Branche ist auch ein hart umkämpfter Markt. Es gibt viele Mitbewerber. Wir haben zwar auch ein paar Produkte, die etwas mehr kosten, aber insgesamt würde ich sagen, liegen wir so etwa im Mittelfeld. Und ich habe mich bisher noch nicht getraut, drastischer Preiserhöhungen zu machen, das gebe ich ehrlich zu.
Ortenau Journal: Wird es wieder Fackelwanderungen mit Glühweinhock geben in diesem Jahr?
Monika Bähr: Das haben wir auf jeden Fall wieder vor, das wurde immer gut angenommen.
Ortenau Journal: Was denken sie, wird eines Tages ihr Sohn Luca oder ihre Tochter Vanessa das Weingut übernehmen?
Monika Bähr: Die Kinder sind jetzt zehn und zwölf Jahre alt und unheimlich interessiert und dem Alter entsprechend motiviert. Sie sind gerne mit dabei und helfen gerne mit. Also im Moment würde ich sagen, ja. Wenn ich mitbekomme, wie viele meiner Kollegen, die vom Obst- und Weinbau leben, ihren Kindern schon abraten, den Betrieb zu übernehmen, dann ist das schon eine krasse Situation. Sagen wir es mal so, wenn der Betrieb interessant ist, so das man am Abend nicht nur müde ist, sondern damit auch etwas verdienen kann, dann ja. Man muss schließlich bedenken, dass man auch laufend in den Betrieb investieren muss. Das ist ein ganz wichtiger Faktor. So ein Betrieb kann nur überleben, wenn man auch ständige investiert in Maschinen, in Gebäude, in Neuanlagen. So eine Rebanlage kostet ja mittlerweile ein Vermögen. Ich glaube, die Freude und die Motivation wäre da, aber auch das politische Umfeld macht es uns nicht wirklich einfach. Wenn ich sehe, was in der letzten Zeit wieder an Neuerungen auf uns einprasselt. Wir haben schon mit der Witterung genug zu tun, dann kommen auch noch die ständig wechselnden politischen Entscheidungen und der enorm wachsende bürokratische Aufwand mit dazu. Also da ist man manchmal schon am Verzweifeln und man fragt sich: Warum machst du das? Aber der Ausgleich ist dann wieder, bei schönem Wetter – im Moment leider nicht so oft – in der schönen Natur zu arbeiten. Da kann man wieder aufatmen. Dafür lohnt es sich. Und wenn man dann noch die selbst produzierten Produkte genießen kann, dann weiß man für was man das ganze Jahr arbeitet.
Zur Website: Weingut Monika Bähr
Interview: Wolfgang Huber
Ödsbacher Straße 6
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E-Mail: info@brandmediaberlin.de
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