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Vereinte Nationen (UN) wollen gegen Antibiotika-Resistenzen vorgehen

Mann sitzt vor Fenster
© Tumisu/pixabay
Gegen viele Keime – neben Bakterien auch Viren, Pilze und Parasiten – verlieren bekannte Medikamente wie Antibiotika ihre Wirkung. Resistente Keime sind bei 1,3 Millionen Menschen weltweit die alleinige Todesursache. Die Vereinten Nationen (UN) haben das Problem erkannt und auf ihrer Generalversammlung eine umfassende Deklaration beschlossen. So sollen beispielsweise mit 100 Millionen Dollar Staaten bei der Entwicklung von Plänen unterstützt werden.

Antibiotika sind lebensrettend, da sie Menschen, die an lebensgefährlichen Infektionen leiden, in kurzer Zeit heilen können. Diese Wirkung wird jedoch bedroht, da immer mehr Erreger – darunter Bakterien, Viren, Pilze und Parasiten – gegen herkömmliche Medikamente resistent werden. Laut den Vereinten Nationen (UN) handelt es sich dabei um eine der drängendsten globalen Gesundheitsbedrohungen, die sofortiges Handeln erfordere, wie Zeit Online berichtet.

Auch viele Todesfälle in Deutschland

Jährlich würden fast fünf Millionen Menschen weltweit an Infektionen durch resistente Keime sterben, darunter 1,3 Millionen, bei denen diese Keime die alleinige Todesursache seien. Besonders betroffen seien Kinder unter fünf Jahren. Resistenzen machen Infektionen wie Blutstrom-, Haut- oder Harnwegsinfektionen, Durchfall oder Lungenentzündungen schwer behandelbar. In Deutschland sterben laut Schätzungen der Universität Oxford etwa 9.600 Menschen jährlich an resistenten Erregern, während 46.000 Todesfälle mit anderen Krankheiten in Verbindung stehen, die durch resistente Keime verschlimmert wurden.

Das Problem sei seit Jahrzehnten bekannt, aber bisherige Maßnahmen hätten es nicht eindämmen können. Eine Studie im Fachjournal „Lancet“ prognostiziert dem Bericht zufolge, dass die Zahl der Todesfälle durch resistente Keime bis 2050 auf 1,9 Millionen jährlich ansteigen könnte, sollten keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Tedros Adhanom Ghebreyesus, der Leiter der Weltgesundheitsorganisation, warnte, dass der medizinische Fortschritt der letzten hundert Jahre auf dem Spiel stehe.

Fehlende Labore in Afrika

In Entwicklungsländern sei das Problem besonders schwerwiegend, da es oft an Diagnostik und Zugang zu wirksamen Antibiotika mangele. Oft wüssten Ärzte dort nicht, welcher Keim vorliegt, und können somit nicht das richtige Antibiotikum einsetzen. Fehlende Labore erschweren die Diagnose, was die Wahrscheinlichkeit erhöhe, dass falsche Antibiotika eingesetzt werden, die Resistenzen weiter verstärken.

In Deutschland und Europa hingegen seien alle modernen Antibiotika verfügbar, doch auch hier gebe es zunehmend Fälle, in denen selbst diese nicht mehr wirken. Jan Rybniker, Professor für Klinische Infektiologie an der Uniklinik Köln, erklärt, dass Deutschland durch den bedachten Einsatz von Antibiotika bisher viele Erreger in Schach halten konnte. Antibiotika seien hier nur auf Rezept erhältlich, und spezialisierte Teams in Krankenhäusern sorgen dafür, dass Reserveantibiotika nur sehr restriktiv verwendet werden.

Hohe Kosten in den Kliniken

Dennoch gebe es auch in Deutschland Fälle, in denen selbst modernste Antibiotika versagen, und die Zahl solcher Fälle nehme zu. In Kliniken werden Patienten mit resistenten Keimen oft isoliert, was hohe Kosten verursache. Laut der OECD belaufen sich die jährlichen Kosten für Deutschland auf fast 2,6 Milliarden Euro.

Um die Situation weltweit zu verbessern, hätten die UN eine neue Deklaration verabschiedet, die sowohl Entwicklungsländer als auch Industriestaaten adressiere. Die Deklaration sei nicht rechtlich bindend, bietet aber einen Kompass für die Bekämpfung von Resistenzen. Ein wichtiges Ziel sei die Reduzierung der Todesfälle durch Resistenzen um zehn Prozent bis 2030. Dafür stehen 100 Millionen Dollar bereit, um Ländern bei der Entwicklung nationaler Pläne zu helfen.

UN beschließen Deklaration

Die Deklaration betone auch den Zusammenhang zwischen der Gesundheit von Menschen, Tieren und Ökosystemen. Verschmutzungen durch Abwässer aus der Landwirtschaft und Industrie würden zur Verbreitung resistenter Mikroorganismen beitragen. In der Massentierhaltung würden durch den übermäßigen Einsatz von Antibiotika ebenfalls resistente Keime entstehen. Ein besserer Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen sowie Impfungen könnten viele Infektionen verhindern. Impfungen gegen Pneumokokken oder Meningokokken sowie gegen Viren wie Influenza und SARS-CoV-2 könnten die Zahl von Infektionen durch resistente Bakterien verringern, da diese häufig als Sekundärinfektionen auftreten.

Ein weiterer kritischer Punkt sei die Entwicklung neuer Antibiotika. Die UN kritisieren, dass mangelnde Investitionen und fehlende berufliche Anreize dazu führen, dass immer weniger Forschende an diesem Thema arbeiten würden. Ein Bericht der Access to Medicine Foundation zeige, dass die Entwicklung neuer Wirkstoffe ins Stocken geraten sei. Zwischen 2017 und 2021 kamen demnach nur 12 neue Antibiotika auf den Markt. Dennoch gebe es Hoffnung, da einige vielversprechende Wirkstoffe in der Entwicklung seien, die jährlich bis zu 160.000 Menschenleben retten könnten – vorausgesetzt, der Zugang zu diesen Medikamenten werde weltweit gewährleistet.

Zum Originalartikel:

„Wie die Welt resistente Keime zurückdrängen will“

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