Eröffnungsfeier

„Die Zukunft gestalten“: Das Kulturforum Achern ist eröffnet

© Regina de Rossi
Es war ein historischer Ereignis. Am ersten Oktoberwochenende wurde nicht nur das Kulturforum der Stadt Achern offiziell eröffnet. Die Revitalisierung der Illenau fand damit auch einen würdevollen Abschluss. Über 250 Gäste folgten der Einladung zur Eröffnung, die eine bedeutende Entwicklung für die Stadt darstellt. Das Kulturzentrum bietet Tagungsräume und Kunst. Es sind Wohnungen entstanden und auch die Musikschule profitiert.

Eröffnet wurde der Abend durch die Stadtkapelle und das Saxophonquartett der Musik- und Kunstschule Achern-Oberkirch mit Pauline Kollmannsberger, Niklas Spinner, Axel Straub und Horst Schuster musikalisch eröffnete. Man hatte sich im restaurierten Festsaal eingefunden, der ehemaligen Kirche der Illenau. Just die kunstvollen Kirchenfenster erinnerten noch an den einst spirituellen Raum, der allerdings während der Besatzungszeit der Franzosen bereits als Kinosaal seine Bestimmung fand. Die Illenau in Achern birgt eine bedeutende Geschichte in sich. Dass heute hier ein kulturelles Zentrum entstanden ist, das Rathaus eingezogen und ein Trauzimmer eingerichtet wurde, dass hier Wohnungen entstanden sind und nun sogar die Musikschule ihre Räume beziehen darf, das ist mehr als bemerkenswert und für die Stadt Achern eine bedeutende Entwicklung.

Initiative durch Reinhard Köstlin

Nun ist also auch das Kulturforum mit einem Festsaal im Erdgeschoss, das Seminaren, Tagungen und Ausstellungen zur Verfügung stehen soll, fertig gestellt. Im Illenausaal im Obergeschoss soll ab sofort der Kunst, vornehmlich aus der GONG-Kulturreihe der Stadt Achern gefrönt werden. Allein acht Unterrichtsräume stehen der Musikschule zur Verfügung. Alles ist barrierefrei angelegt und aufwendig modernisiert.

Zu verdanken ist diese neue Bestimmung der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Herrn Oberbürgermeister a.D. Reinhard Köstlin. Er setze damals den Kaufentscheid gegen den damaligen Gemeinderat durch. Beim Festempfang der Stadt Achern war er anwesend: „Es ist für mich die Erfüllung eines großen Traumes“, so Köstlin sichtbar berührt. Mit dieser Kaufentscheidung wurden Acherns Bürger aktiv. Zahlreich engagierten sich Freiwillige. Das Forum Illenau und die Achern Aktiv Gruppe wurde gegründet. Allein Pfarrer Gerhard Lötsch ist eine umfassende Aufarbeitung der Geschichte der Illenau zu verdanken. Was allerdings in unzähligen Stunden an aktiver Arbeit Ehrenamtlicher geleistet wurde, um die gesamte Illenau zu diesem besonderen Vorzeigemodell Acherns zu machen ist, ist sehr besonders.

Würdevoller Abschied

Oberbürgermeister Tabor gelang indessen eine interessante Zeitreise: „Die Vergangenheit kann uns nicht ändern, aber sie kann uns dabei helfen, die Zukunft zu gestalten – mit diesem Zitat von Albert Einstein begrüße ich Sie heute an historischer Stelle zur feierlichen Eröffnung unseres neuen Kulturforums. Im Namen der Stadt Achern, aber auch ganz persönlich heiße ich Sie sehr herzlich willkommen an diesem besonderen Abend“, so Oberbürgermeister Manuel Tabor in seiner umfassenden Begrüßungsrede.

Bürgermeister Andreas Kollefrath, der neue Leiter des Fachgebietes Kultur, Jakob Vinje und der Leiter der Musik- und Kunstschule Achern-Oberkirch, Nico Zipp sollten ebenfalls auf die Bühne kommen. Nicole Reuther, die bislang das Kulturamt der Stadt Achern geleitet hatte, bekam einen würdevollen Abschied, ihr Nachfolger Jakob Vinje übernimmt ab sofort in den neuen Räumen ihr Amt. Der Leiter der Musik- und Kunstschule Achern-Oberkirch, Nico Zipp freut sich indessen, die neuen Lehrräume fortan ebenfalls im historischen Gebäude der Illenau, im Kulturforum zu wissen.

Revolutionärer Ansatz

„Die Grundsteinlegung der Anlage erfolgte bereits im Jahr 1839. Der Großherzog selbst gab ihr im Anklang an den vorbeifließenden Illenbach den Namen „Illenau“. Am 11. Dezember 1842, fand dann hier, direkt unter uns der erste evangelische Gottesdienst statt“, so der Oberbürgermeister. Und Christian Roller konnte mit seiner Arbeit beginnen. Sein Therapieansatz zur Heilung psychisch Kranker Menschen war der einer humanen und religiös unterstützten Therapie und Pflege. Ein damals neuer, revolutionärer Ansatz, der allerdings viele Nachahmer gefunden hatte.

In den Jahren 1882 bis 1929 seien immer wieder bauliche Ergänzungen und Modernisierungen erfolgt“, so der Oberbürgermeister. Mit dem Ersten Weltkrieg habe die Bautätigkeit dann aufgehört, weil alle Mittel benötigt wurden, um die Illenau in der Inflationszeit überhaupt weiterzuführen. „Nicht vergessen dürfen wir aber auch die unrühmlichen Zeiten – als Heil- und Pflegeanstalt bestand die Illenau bis zum Jahr 1940 – die Euthanasiemaßnahmen der Nationalsozialisten machten aber auch hier nicht Halt. Ein Teil der Patienten wurde in die Pflegeanstalt nach Emmendingen verbracht, andere wurden mit den „dunklen Bussen“ nach Grafeneck gefahren und fanden dort den Tod!“ Ein in der Illenau errichtetes Museum wird diesen Menschen gerecht und zeugt von der schlimmen Vergangenheit.

Kulturelle Nutzung

1945 marschierten die französischen Truppen in Achern ein und besetzten die Illenau. Erst im Jahr 1994 zogen die Franzosen ab. Im August 1994 wurde nach der offiziellen Freigabe durch die französischen Streitkräfte der Bund Eigentümer des Areals. Bereits ab 1992 entstand aus den Reihen ehrenamtlich engagierter Bürger, die sich für den Erhalt der Illenau einsetzten die Idee, das Zentralgebäude mit dem Festsaal im Erdgeschoss und dem Kirchenraum im Obergeschoss einer Nutzung für kulturelle Zwecke zuzuführen und diesen Gebäudeteil so möglichst einer öffentlichen Nutzung zu widmen. Ein steiniger, kräftezehrender Weg begann.

Das Resultat darf sich nun sehen lassen und damit allen Beteiligten das wiederzugeben, was tatkräftiges Engagement, Mut und Zielstrebigkeit vereint, Kunst als verbindendes Element erleben zu lassen.

Regina de Rossi

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