Von Wolfgang Huber
Als einen wichtigen Meilenstein bezeichnet der als Baumretter bekannte Ralph Fröhlich gegenüber dem Ortenau Journal den Beschluss des Umwelt- und Planungsausschusses des Offenburger Gemeinderats in der letzten Sitzung, fast alle Bäume in der Moltkestraße zu erhalten. Dies würde auf ein Umdenken in Verwaltung und Gemeinderat hinsichtlich des Grünvolumens der Stadt hindeuten. Die Nachricht, die ihn Ende November erreichte, dass die Stadt im Zeitraum 1. November 2024 bis 28. Februar 2025 insgesamt 726 Bäume im Stadtgebiet fällen will, dürfte für Fröhlich ein Schock gewesen sein, oder zumindest ein „harter Rückschlag“, wie er es selbst ausdrückt.
Eilanträge im Gemeinderat
Bei 406 der betroffenen Bäume lautet die Begründung „Allgemeiner Vitalitätsmangel“. Ein Teil der Bäume dürfte schon entfernt worden sein, ohne dass die breite Öffentlichkeit davon erfuhr. Die Fraktionen von Bündnis90/Die Grünen und der Freien Bürger stellten daraufhin Eilanträge an den Offenburger Gemeinderat. Die Freien Bürger mit ihrem Fraktionsvorsitzenden Fritz Düker fordern in ihrem Antrag eine sofortige Aussetzung der geplanten Baumfällungen, die mit „Allgemeiner Vitalitätsmangel“ begründet werden, bis die neue Baumschutzsatzung 2025 in Kraft trete. Außerdem wird eine Umschichtung der freiwerdenden Ressourcen aus der Planung und Durchführung dieser Fällungen gefordert, um die Anzahl der Baumnachpflanzungen im Jahr 2024 erheblich zu steigern. Die Stadtverwaltung wird beauftragt, bis Ende März 2024 eine umfassende Analyse vorzulegen, wie der Vitalitätszustand von Bäumen durch Pflege- und Schutzmaßnahmen verbessert werden könne, um Fällungen zu vermeiden.
In der Begründung verweist die Fraktion Freie Bürger auf die unklare Formulierung „Allgemeiner Vitalitätsmangel“, durch die der dringende Verdacht bestehe, dass „hierbei Bäume gefällt werden, die durch gezielte Pflege erhalten werden könnten.“ Auch das Defizit in der Baumbilanz und die Bedeutung der Bäume für den Klimaschutz werden angeführt. Die Stadt Offenburg müsse ihrer Verantwortung gerecht werden, den Baumbestand zu schützen und auszubauen, heißt es im Antrag.
Beurteilung durch Gutachter gefordert
Die Offenburger Grünen fordern gleichzeitig von der Stadtverwaltung, dass die für den Herbst und Winter 2024/2025 geplanten Baumfällungen auf ein für die unmittelbare Verkehrssicherheit notwendiges Maß beschränkt werden sollen. Insbesondere die Bäume mit der Beurteilung „Allgemeiner Vitalitätsmangel“ sollen erhalten und deren Zustand durch einen unabhängigen Gutachter erneut beurteilt werden. Die Fraktion verweist in der Begründung auf die Rolle von Bestandsbäumen für das Stadtklima und die Wichtigkeit für ein stabiles Ökosystem. Nicht zuletzt sei deren Pflege wirtschaftlicher als Neupflanzungen.
Allerdings sieht die Gemeindeordnung solche Eilanträge laut der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Maren Seifert und Ralph Fröhlich gar nicht vor. „Unser Antrag ist von der Stadt laut den Regelungen der Gemeindeordnung jedoch spätestens auf die Tagesordnung der nächsten Gemeinderatssitzung im Dezember zu setzen“, erklärt Seifert auf Anfrage des Ortenau Journals. Auf der Website von Fröhlichs Gruppe „Konferenz für Urban Transformation Design“ (KfUTD) dokumentiert dieser jedoch die Antwort der Stadtverwaltung auf den Eilantrag der Freien Bürger, wonach es nicht nur kein „Eilantragsrecht“ gebe, sondern auch: „Für ein „unverzügliches“ Einberufen des Gemeinderates i.S.d. § 34 I GemO reicht der Fraktionsstatus alleine nicht aus. Wir werden die Teile Ihres Antrags, für die der Gemeinderat zuständig ist, dem Gemeinderat in seiner Sitzung am 03.02.2025 zur Beratung vorlegen. Dies betrifft Ziffer 3 Ihres Antrags.“
Kommt jetzt die Wende?
Während des Schreibens dieses Artikels teilt Fritz Düker, der Fraktionsvorsitzende der Freien Bürger, dem Ortenau Journal noch rechtzeitig mit, dass OB Marco Steffens auf seine Fragen in der Fragestunde kurz zuvor geantwortet und öffentlich zugesagt habe, dass der genannte Eilantrag am 16. Dezember mit auf die Tagesordnung der nächsten öffentlichen Gemeinderatssitzung komme und bis dahin im Stadtgebiet keine weiteren Bäume gefällt werden würden.
In der Antwort der Stadtverwaltung auf die Anfrage der Freien Bürger hieß es noch, für eine Entscheidung über die Aussetzung der Baumfällungen und eine Steigerung der Zahl der Neupflanzungen sei der Gemeinderat wohl gar nicht zuständig. Das hätte im Ergebnis bedeutet, dass die Stadtverwaltung ungehindert ihre Planungen zur Fällung von 726 Bäumen hätte vorantreiben können. „Aus meiner Erfahrung testet unser OB seine Grenzen aus und lenkt ein, wenn zu viel Widerstand aus der Bevölkerung kommt, siehe Moltkestraße“, erklärt Düker.
Spannende Auseinandersetzung
Und weiter: „Wir Bürger dürfen unsere Bäume selbst schützen und die Baumschutzverordnung halte ich für eine sehr gute Lösung, die Interessen der Offenburger Bürger zu unterstützen.“ Die Auseinandersetzung sei für ihn neu und spannend. Es würden andere Regeln gelten, die für ihn nicht immer einfach zu durchschauen und noch schwerer zu kontern seien.
Angesichts der Pläne der Stadt schien Ralph Fröhlich zunächst etwas ratlos zu sein, wie es weitergehen soll. Eine Eilverfügung vor dem Verwaltungsgericht sei angesichts des Streitwerts für 400 Bäume wohl nicht finanzierbar, heißt es auf der Website der KfUTD. Sich an die Bäume anzuketten, sei auch nicht möglich, da die Stadt ihn ja nicht informieren werde, welche Bäume wann gefällt werden sollen. Bliebe noch die Möglichkeit für die Bürger, den Gemeinderat per E-Mail-Protest aufzufordern, die Stadtverwaltung zu stoppen. Nun, mit der Zusage von OB Steffens, den Eilantrag am 16. Dezember zu behandeln, gewinnen die Baumretter nun zumindest Zeit.
Petition für 20.000 Baumpflanzungen
Ungeachtet dessen läuft eine aktuelle Petition. Darin fordert Fröhlich´s KfUTD die Pflanzung von 20.000 Bäumen, um „den Hitzetod der Stadt“ zu verhindern. Insbesondere die ausgewachsenen Bäume hätten eine große Bedeutung für das Ökosystem und die Klimaregulierung der Stadt. Sollte nicht gehandelt werden, drohen vermehrte Hitze in der Stadt, höhere CO2-Emissionen und ein Verschlechterung der Luftqualität. Bei der Neupflanzung könne sich Fröhlich ein großes Engagement der Bürger vorstellen, „denn die wissen am besten, wo Bäume fehlen und Platz dafür wäre.“
Bereits im Mai 2023 sammelte der „Baumretter“ 25.000 Unterschriften, als in der Weingartenstraße und Moltkestraße noch 165 Bäume gefällt werden sollten. Fröhlich: „Eigentlich nichts im Verhältnis zu den Verlusten jeden Winter in den letzten 5 Jahren.“ Zugleich blickt er geradezu nostalgisch auf vergangene Jahrzehnte zurück, als auch Offenburg andere Ansätze verfolgt habe: „Ich erinnere mich an Zeiten, da wurde mit allen Mitteln, auch technischen wie Baumringe, Kronensicherungen oder Rückschnitt, um jeden Baum gekämpft. Die sind leider lange vorbei.“
Grundsätzliche Frage
Zudem sorge ein Rechtsstreit zwischen ihm, Ralph Fröhlich, einem Bürger aus Offenburg, und der Stadtverwaltung für Aufmerksamkeit, in dem es um die Transparenz der Stadt bei der Dokumentation von Baumfällungen geht sowie die Höhe der Gebühren, die für eine Informationsanfrage nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG) erhoben worden seien. Ralph Fröhlich sieht in diesem Fall keine persönliche Angelegenheit, sondern ein wichtiges Beispiel für den Umgang mit Bürgerrechten und Transparenz. „Es geht darum, ob eine Verwaltung Bürgeranfragen als Last empfindet oder als Chance, Vertrauen und Dialog zu stärken“, lässt sich Fröhlich in einer Pressemitteilung zitieren.
Ungeachtet des Ausgangs dieses Rechtsstreits darf die Öffentlichkeit gespannt sein, wie die grundsätzliche Frage nach einer Begrünung der Stadt, um die Folgen zunehmender, klimawandelbedingter Hitzeperioden abzumildern, beantwortet wird. Vielleicht gehen alle Beteiligten weiter aufeinander zu und es wird eine einvernehmliche Lösung gefunden. Das wäre der Umwelt, dem Stadtfrieden und einem besinnlichen Weihnachtsfest sicher zuträglich.
Ödsbacher Straße 6
77704 Oberkirch
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