Sportstandort Ortenau

Michael Schneider (ASV Urloffen): „Man sagt, gute Ringer können so ziemlich alles“

Ringen beim ASV Urloffen
© ASV Urloffen
Bereits zum achten Mal in Folge ist der ASV Urloffen in der ersten Ringer-Bundesliga anzutreffen – und das mit den wohl meisten bundesligatauglichen Eigengewächsen in ganz Deutschland. Das bedeutet viel Schweiß, Disziplin, Training und Unterstützung seitens von Sponsoren, Familien und Betreuern. Unsere neue Autorin Nicole Zscherneck hat mit Cheftrainer Michael Schneider gesprochen. Er gibt einige interessante Einblicke in die Welt seines ASV.

Interview von Nicole Zscherneck

Ringen kennen viele nur noch von den Olympischen Spielen. Dabei war die Sportart bereits in der 80er-Jahren in der Ortenau sehr populär. Die Älteren erinnern sich noch an die die goldene Ära von Martin Knosp vom ASV Urloffen, auch ein echter Meerettichdörfler. Knosp dominierte zehn Jahre lang die deutschen Ringer-Szene, wurde 10 mal Deutscher Meister und stand bei Olympischen Spielen sowie Welt- und Europameisterschaften ebenfalls 10 mal auf dem Podest. Der WM-Titel 1981 in Skopje war der größte Triumph des „Sprinters auf der Ringermatte“. Auch sein jüngerer Bruder Erwin Knosp war mehrfach Deutscher Meister im Leichtgewicht und nahm an zahlreichen Olympischen Spielen teil. Martin ist heute Präsident des Südbadischen Ringer Verbands und arbeitet beim Landratsamt, Erwin ist Polizeibeamter. Beide sind Urloffen treu geblieben.

Auch wenn die goldene Ära schon länger zurückliegt, ist auch heute ein Besuch in der Athletenhalle in Urloffen auf jeden Fall für alle Sportinteressierten sehr zu empfehlen. Dort gibt es noch ehrlichen, authentischen Leistungssport zu sehen und die Identifikation mit der Heimat ist groß. Hier nun das Interview mit ASV-Cheftrainer Michael Schneider.

Interview:

Ortenau Journal: Vielleicht kurz ein paar Infos zu Ihrer Person: Wie lange sind Sie schon beim ASV Urloffen als Cheftrainer tätig? Wie kamen Sie zum Ringen?

Michael Schneider: Ich bin in den Verein hineingeboren worden und hatte familiär bedingt quasi keine andere Wahl. Seit nunmehr 25 Jahren bin ich aktiv und direkt mit der ersten Mannschaft des ASV Urloffen verbunden. Als Sportler habe ich 17 Jahre lang den Aufstieg von der Oberliga bis in die Bundesliga mitgemacht. Als Trainer bin ich fast genauso lange aktiv. Ich habe bereits mit 16 Jahren das Bambini-Training geleitet, meine Trainer C-Lizenz und später die A-Lizenz gemacht und zwischendrin noch ein Sportstudium (und BWL) an der Universität Stuttgart absolviert. Seit nunmehr acht Jahren bin ich der Cheftrainer des ASV Urloffen. Durchweg in der ersten Ringer-Bundesliga.

Ortenau Journal: Was gefällt Ihnen besonders an der Sportart?

Michael Schneider: Ringen ist ein sehr kompletter Sport. Man sagt gute Ringer können so ziemlich alles. Das liegt vor allem daran, dass man neben Kraft und Technik auch in Koordination, Ausdauer und Beweglichkeit geschult wird. Man muss in allen Bereichen gut sein, sonst hat man keine Chance. Zudem sind wir die einzige Kampfsportart, bei der auch im Training wettkampfnahgekämpft wird. Da gibt es kein lockeres Sparring. Da geht es immer – fair – zur Sache.

Ortenau Journal: Der Kampf an diesem Wochenende in Burghausen war der letzte der Saison, richtig?

Michael Schneider: Nicht ganz. Wir gehen davon aus, dass noch ein Platzierungskampf um den 10. Platz ansteht. Diesen wollen wir siegreich gestalten und damit unter die Top 10 der Bundesliga einziehen.

Ortenau Journal: Der Klassenerhalt ist bereits geschafft, welche Ziele haben Sie für die nächste Saison?

Michael Schneider: Wir haben das achte Jahr in Folge die Klasse in der ersten Liga gehalten. Ob wir aber auch im kommenden Jahr in dieser Liga starten werden, ist zu bezweifeln. Der Deutsche Ringerbund hat den Vereinen die Möglichkeit eröffnet sich für die erste oder zweite Liga zu entscheiden. Und wenn wir ganz ehrlich sind, waren wir als ASV Urloffen noch nie ein wirklicher Erstligist. Wir haben ständig um den Klassenerhalt gekämpft. So langsam sind dann alle besiegbaren Mannschaften weg und auch wir haben uns entschieden, lieber wieder in der zweiten Bundesliga zu siegen.

Ortenau Journal: Was sagen Sie zu Ihrer vergangenen Saison? Wie ist es gelaufen?

Michael Schneider: So wie erwartet. Mit etwas mehr Glück und ohne Verletzungssorgen wäre eventuell auch der Einzug in die Playoffs möglich gewesen. Aber dafür hätte wirklich alles passen müssen. Mit dem Klassenerhalt sind wir aber hochzufrieden. Und auch mit der Leistung unserer Eigengewächse. Mit Andrej Schwarzkopf hat ein weiterer Sportler den Sprung zum Bundesliga-Ringer geschafft. Mit David Kiefer, Justin Federer, Joshua Knosp, Daniel Fischer und Andrej Schwarzkopf stellen wir sicherlich mit die meisten bundesligatauglichen Eigengewächse in ganz Deutschland. Das macht uns stolz.

Ortenau Journal: Wo sehen Sie Verbesserungspotential?

Michael Schneider: Wir können uns einfach keine Breite im Kader leisten. Wenn bei uns ein Sportler ausfällt, dann haben wir ein Problem. Von daher müssen wir schauen, dass die Sportler aus der zweiten Mannschaft in der Oberliga langsam an das Niveau herangeführt werden. Einen breiteren Kader mit externen Kämpfern können wir nicht stemmen. Wir sind auf die eigene Ausbildung angewiesen.

Ortenau Journal: Kann der ASV angesichts eines kleinen Budgets in der Bundesliga mithalten?

Michael Schneider: Erstaunlicherweise ja. Dies liegt aber meist weniger an uns, sondern oftmals auch daran, dass sich immer mindestens ein Verein aus der Liga übernimmt und die Segel streicht. Wie eingangs schon erwähnt, sehen wir uns mittlerweile selbst eher in der zweiten Liga.

Ortenau Journal: Bleiben die Sponsoren treu bzw. kommen eventuell sogar neue hinzu?

Michael Schneider: Die Sponsorensuche gestaltet sich bei uns schwierig. Wir haben langjährige treue Sponsoren. Aber große Sprünge können wir dadurch nicht machen. Mal kommt einer, mal geht einer. Das hält sich leider die Waage.

Ortenau Journal: Wie viele Zuschauer kommen durchschnittlich in die Athletenhalle?

Michael Schneider: Grundsätzlich sind wir immer gut besucht. An die 300 zahlende Zuschauer dürften wir im Schnitt haben. Auch hier: mal mehr, mal weniger.

Ortenau Journal: Wie ist die Lage generell im Ringen – gibt es Nachwuchsprobleme? Wie könnte man Kinder/Jugendliche von dieser Sportart überzeugen?

Michael Schneider: Ich denke die Probleme decken sich mit denen der meisten Sportarten. Immer weniger Jugendliche entscheiden sich für Leistungssport. Und das ist Ringen eben. Aktuell sieht es bei uns noch besser aus als anderswo. Aber auch wir merken immer mehr den Rückgang des Nachwuchses. Kinder kämpfen von Natur aus. Im Ringen wird gelernt, wie man diesen natürlichen Drang fair ausleben kann. Dazu lernen Ringer Disziplin und ihren eigenen Körper kennen. Alles Eigenschaften, welche für Eltern und Jugendliche erstrebenswert sein sollten.

Ortenau Journal: Wie viele Stunden wird in der Woche trainiert?

Michael Schneider: Das kommt auf den Alters- und Leistungsbereich an. Die Sportler mit Perspektive Bundesliga und Nationalmannschaft trainieren 10 bis 14 Stunden in der Woche. Dazu gehören Ausdauer-, Kraft – und natürlich Matteneinheiten. In jüngeren Jahren und im Oberligabereich sind das natürlich weniger und das Training beschränkt sich hauptsächlich auf die Matteneinheiten.

Ortenau Journal: Was wünschen Sie sich für die Zukunft des ASV?

Michael Schneider: Ich hoffe, dass der ASV Urloffen noch lange seiner Philosophie, mit eigenem Nachwuchs anzutreten, treu bleiben kann. Und natürlich wünsche ich meinem Verein etwas mehr Spielraum bei den Finanzen. Wenn man nicht jeden Cent umdrehen muss, wird das Vereinsleben leichter.

Weitere Beiträge