Ein wichtiger Grund für den Rückgang unbezahlter Überstunden ist die zunehmende Verbreitung transitorischer Überstunden, die auf Arbeitszeitkonten gebucht und später durch Freizeit ausgeglichen werden können, wie der Fachblog Personalwirtschaft berichtet. Ihr Anteil habe in den letzten drei Jahrzehnten deutlich zugenommen, während klassische bezahlte und unbezahlte Überstunden an Bedeutung verloren hätten.

Mehr Nebentätigkeiten

Diese Entwicklung werde durch die Einführung moderner Zeiterfassungssysteme unterstützt, die einst unbezahlte Überstunden dokumentieren und vergüten oder als Freizeit ausgleichen. Parallel dazu wachse der Anteil der Beschäftigten mit Nebentätigkeiten. Im dritten Quartal 2024 hatten demnach 4,6 Millionen Beschäftigte einen Nebenjob – ein Anstieg um 1,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Viele Arbeitnehmer würden sich unbezahlte Überstunden schlicht nicht mehr leisten können, was diese Entwicklung ebenfalls erklärt.

Im europäischen Vergleich machen deutsche Beschäftigte dem Bericht zufolge häufiger Überstunden: 50 Prozent geben an, regelmäßig Mehrarbeit zu leisten, während der EU-Durchschnitt bei 40 Prozent liege. Dennoch sei Effizienz wichtiger als reine Arbeitszeit, wie TUI-Personalvorständin Sybille Reiß zitiert wird. Effektive Arbeitszeitgestaltung könne auch ohne extreme Arbeitszeiten beruflichen Erfolg ermöglichen.

Gesundheitliche Risiken

Lange Arbeitszeiten würden zudem gesundheitliche Risiken bergen. Wie Dr. Nils Backhaus von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin der Personalwirtschaft gegenüber äußerte, steige bei über 55 Arbeitsstunden pro Woche das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die WHO habe ähnliche Erkenntnisse publiziert, wonach exzessive Arbeitszeiten zu Herzinfarkten und Schlaganfällen führen können.

Somit seien aus Sicht des Arbeitsschutzes kürzere und effizient genutzte Arbeitszeiten nicht nur produktiver, sondern auch gesünder. Zusammenfassend lasse sich feststellen, dass der Trend zu weniger Überstunden mit strukturellen Veränderungen im Arbeitsmarkt einhergehe, die sowohl auf Effizienzsteigerungen als auch auf gesundheitliche Aspekte abzielen würden.

Zum Originalartikel:

Machen die Deutschen wirklich so wenig Überstunden wie nie?