Für die kommenden zwei Jahre stehen stehen dem Integrationsmanagement jeweils mindestens 58 Millionen Euro zur Verfügung. Durch eine Änderung der Berechnungsgrundlage ab 2025 zugunsten von Kommunen, in denen im Vergleich zu anderen Stadt- und Landkreisen mehr Geflüchtete aufgenommen werden, hat dann der Caritasverband im vorderen Kinzigtal weniger Mittel zur Verfügung. Es gelte der Grundsatz „Geld folgt Geflüchteten“. Das Integrationsmanagement ist laut dem Sozial- und Integrationsminister des Landes, Manne Lucha, landesweit das größte und erfolgreichste Förderprogramm im Integrationsbereich und setze bundesweit neue Standards.
Kürzere Beratungszeiten
„Wir als Mitarbeiter der Caritas leisten das Integrationsmanagement für die Kommunen Ortenberg, Ohlsbach, Gengenbach und Berghaupten“, wird der Integrationsmanager Sven Hoffmann in einer Pressemitteilung zitiert. Eine neue Verteilung der Gelder des Landes führe jedoch dazu, dass es ab Januar in Berghaupten keine Sprechstunde mehr geben werde und dass die Beratungszeiten in Gengenbach, Ortenberg und Ohlsbach kürzer werden. Der Caritasverband müsse sein Engagement auf diesem Gebiet von zwei auf eine Vollzeitstelle zurückfahren.
Eine neue Verwaltungsvorschrift des Landes sehe vor, dass in den Kommunen nur noch die vom Kreis zugewiesenen Flüchtlinge in der Anschlussunterbringung beraten werden. „Viele dürfen ab Januar nicht mehr zu uns kommen, was wir sehr bedauern“, sagt Sven Hoffmann. Das betreffe auch viele Ukrainer, die privat Wohnraum gefunden haben. Ihnen bleiben nur noch wenige Tage Zeit zu klären, wie es ab 2025 weitergehen könne.
Hindernisse klären
Ende November hätten viele Zugewanderte im vorderen Kinzigtal einen Abschiedsbrief von ihrem Integrationsmanager bekommen. „Wir haben ihnen erklärt, was sich ändert und warum. Wir können sie nicht mehr beraten, weil wir nicht mehr dürfen“, so Hoffmann. Das löse bei den Menschen Stress und Unsicherheit aus, denn sie verlieren eine Konstante. In den Sprechstunden fanden sie jeweils ein bekanntes Gesicht, einen Helfer, mit dem sie Hindernisse bei der Integration klären konnten.
„Sie müssen sich künftig direkt an die Regeldienste wie Familienkasse, Jobcenter und Migrationsamt wenden“, weiß das bisher dreiköpfige Caritas-Team. Es weiß auch, dass es bei den Regeldiensten kaum Möglichkeiten zu persönlichen Terminen und schon gar nicht zu ausführlichen Gesprächen gebe. Hoffmann: „Bei uns konnten sich die Menschen öffnen, unsere Empathie und unsere interkulturelle Kompetenz waren gefragt.“
Wechsel zum Jahresende
„Viele unserer Klienten haben einen schwierigen Background“, erklärt seine Kollegin Montserrat Riera: „Sie kommen aus einem Krieg oder haben Gewalt erlebt. Es ist nicht einfach für sie. Wir hören ihnen zu und oft finden sie dabei selbst eine Lösung für ein Problem. Das ist das, was die Institutionen nicht machen können.“ Sie war seit Dezember 2023 in Ortenberg Ansprechpartnerin für die Geflüchteten und werde zum Jahresende in einen anderen Bereich beim Caritasverband wechseln, heißt es weiter.
Karim Mohamed leistete demnach ab 2021 das Integrationsmanagement in Ohlsbach und Berghaupten. 500 bis 600 Beratungen pro Jahr waren normal: „Manchmal war es nur eine Kleinigkeit und manchmal ein Riesenfass“, sagt er. Einige Geflüchtete hätten immer wieder Fragen und Nöte, während andere alleine oder mit der Hilfe von Landsleuten zurecht kommen würden.
Teil der Gesellschaft
Die Erfolge des Integrationsmanagements, das in den meisten Kommunen das Landratsamt mit eigenen Mitarbeitern leistet, können sich sehen lassen, wie der Caritasverband schreibt. Viele geflüchtete Personen würden schon lange arbeiten, wollen für ihre Kinder eine gute Zukunft und Teil der Gesellschaft werden. Viele aus Syrien geflüchtete Kinder hätten inzwischen eine Ausbildungsstelle. Zugewanderte Frauen wollen einen Beruf erlernen und arbeiten gehen. Dafür brauchen sie Deutschkenntnisse und eine verlässliche Kinderbetreuung.
Sven Hoffmann hatte in Gengenbach 2024 bis Ende November 550 Beratungen. 57 Personen mit 110 Angehörigen seien zu ihm ins Familien- und Seniorenbüro im Kloster gekommen oder schicken ihm Post aufs Diensthandy. „Die Arbeit lohnt sich auf jeden Fall“, sagt er. Viele syrische Familien berate er inzwischen auf Deutsch. Einige seien bereits eingebürgert. Das Baby eines Afghanen sei aufgrund der vorbildlichen Integrationsleistung seines Vaters von Geburt an deutsch.
Mehr zeitlicher Aufwand
Zu all diesen Menschen habe ein Vertrauensverhältnis bestanden. Doch durch die Umverteilung der Gelder des Landes könnten viele sich nun nicht mehr an ihn wenden. Diese Familien werden nach Hoffmanns Einschätzung ihren Weg auch ohne Beratung vor Ort weiter gehen, allerdings mit mehr zeitlichem Aufwand, auch für die Behörden. Das bedauert auch Robert Sauer, Vorstand des Caritasverbandes Vordere Ortenau. „Wenn eine Gesellschaft Zuwanderung hat wie unsere, dann muss sie dafür sorgen, dass die Integration gelingen kann“, sagt er. Nach seiner Erfahrung und Überzeugung gehe das nicht ohne Profis.
Insgesamt beträgt das Finanzvolumen des Integrationsmanagements circa 58 Millionen Euro pro Jahr. Für den Ortenaukreis sind davon 2.260.632 Euro vorgesehen. In Baden-Württemberg gibt es ca. 1.200 Integrationsmanagerinnen und -manager in 192 Kommunen (ab 2025 44 Stadt- und Landkreise). Seit 2017 hat es laut der Landesregierung 3,25 Millionen Beratungsgespräche für rund zwei Millionen Flüchtlinge gegeben.
Foto: Anstatt drei Integrationsmanagern hat der Caritasverband Vordere Ortenau ab Januar nur noch zwei. Sven Hoffmann (links) reduziert seine Beratungstage in Gengenbach und übernimmt die Sprechstunden in Ohlsbach. Karim Mohamed (Mitte) berät nicht mehr in Berghaupten und auch Montserrat Riera (rechts) verändert sich beruflich. Ihre bisherige Aufgabe als Integrationsmanagerin wird eine neue Mitarbeiterin übernehmen.
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