Von Wolfgang Huber
Koehler Renewable Energy hat einen wichtigen Schritt unternommen, um bis 2030 bilanziell mehr Energie aus erneuerbaren Quellen mit eigenen Anlagen zu erzeugen, als die Koehler-Gruppe für ihre Papierproduktion benötigt, teil das Unternehmen mit. Die Nutzung des Gebiets zur Errichtung von zwei Windkraftanlagen durch Koehler Renewable Energy wurde laut einer Koehler-Pressemitteilung „kürzlich in der öffentlichen Gemeinderatssitzung der Stadt Oberkirch beschlossen.“
Leser berichtet zuerst über den Beschluss
Gemeint ist die Sitzung des Gemeinderats am Montag, 27. Januar. Die Stadt hatte eine Beschlussvorlage präsentiert, um die Zustimmung des Gremiums zur Nutzung des Geländes für den Windpark Schwend durch Koehler einzuholen. „Der Gemeinderat hat dem Verwaltungsvorschlag mit der Ergänzung, dass der Pachtvertrag dem Gemeinderat nochmals vorgelegt wird, mit 19 Dafür-Stimmen, 5 Gegenstimmen und 1 Enthaltung beschlossen“, teilt die Sprecherin der Stadt Oberkirch, Denise Burkart auf Anfrage mit. Markus Hartmann hatte in einem Leserbrief bereits am Montagabend von der Sitzung berichtet (siehe Leserbrief).
Der Beschluss im Wortlaut: „Die Stadt Oberkirch begrüßt die Projektabsicht der Koehler Renewable Energy GmbH zum Bau von zwei Windenergieanlagen auf der Schwend ausdrücklich. Der Gemeinderat beschließt, die im Lageplan ausgewiesenen Flächen auf der Schwend zur Realisierung von zwei Windenergieanlagen an die Firma Koehler Renewable Energy GmbH zu verpachten. Hinsichtlich der zu vereinbarenden Pachtkonditionen wird die Verwaltung beauftragt und ermächtigt, ein neutrales Wertgutachten erstellen zu lassen und die darin ermittelte Pachthöhe dem Pachtverhältnis (zum vollen Wert) zu Grunde zu legen. Der überarbeitete Vertrag wird dem Gemeinderat zum Beschluss nochmals vorgelegt.“
Ablehnung aus Kappelrodeck
Nach eingehender Analyse sei das Gebiet auf dem Bergrücken der Schwend, zwischen Oberkirch und Kappelrodeck gelegen, als idealer Standort für Windenergieanlagen zur Direktversorgung des Werkes Oberkirch identifiziert worden. Die Fläche auf dem Bergrücken in der Nähe des Werkes in Oberkirch sei auch im Entwurf der Regionalplanung als Windenergievorranggebiet ausgewiesen.
Zudem werden laut Koehler-Konzernsprecher Alexander Stöckle bereits erste Gespräche mit der Gemeinde Kappelrodeck geführt, um mindestens eine weitere Windenergieanlage auf deren angrenzender Gemarkung zu errichten, die die Papierfabrik Lenk mit grünem Strom versorgen könnte. Erst vor zwei Tagen hatten sich jedoch die Gemeinden Kappelrodeck und Ottenhöfen einem Bericht von Baden Online zufolge mit einem offenen Brief an die Oberkircher Gemeinderäte gewandt und um Ablehnung der Beschlussvorlage gebeten.
„Diametraler Gegensatz“
Auch auf die Ablehnung des Standorts W-9 durch den Gemeindeverwaltungsverband Achertal verweisen die Autoren. Dies sei im Hinblick auf das Landschaftsschutzgebiet Oberes Achertal und ein angrenzendes Vorranggebiet für Naturschutz und Landschaftspflege erfolgt. Ein Pachtvertrag, wie ihn Stadt und der Betreiber forcieren, würde in diametralem Gegensatz zu den Interessen der Bürgerschaften der Nachbargemeinden stehen.
Im Jahr 2017 wurde schon einmal um die Schwend als Windkraftstandort gerungen. Auch damals lehnte Kappelrodeck dies ab. „Die Stadt Oberkirch sei Grundstückseigentümer, »die Stadtwerke Oberkirch wollen dort Profit aus den bei den Nachbarn errichteten Anlagen abschöpfen«, hieß es Medienberichten zufolge damals von Seiten des Bürgermeisters Stefan Hattenbach. Oberkirch solle auf die Ausweisung der Schwend »als äußerst konfliktbehafteten Windkraftstandort zu verzichten.
Das Arbeitsplatzargument
Insbesondere auch die artenschutzrechtlichen Bedenken hatten damals zur Aufgabe der Windenergiepläne der Gemeinden Oberkirch, Renchen und Lautenbach geführt. Vor allem auf der Schwend seien diese massiver gewesen seien als zuvor angenommen. Denn die Population dort vorkommender geschützter Vogelarten wie Uhu, Wanderfalke und Wespenbussard habe sich als größer herausgestellt als anfangs vermutet.
Neu ist an der Debatte, dass ein Windkraft-Investor wie die Koehler-Gruppe ganz direkt die Frage nach dem Wirtschaftsstandort in Zusammenhang mit einem geplanten Projekt stellt und die hohen Energiekosten betont. Auch wenn diese unbestritten für den Attraktivitätsverlust des Wirtschaftsstandorts Deutschland mitverantwortlich sind, wird erstmals indirekt ein mögliche Abwanderung aus dem Renchtal in den Raum gestellt, sollte der Gemeinderat die Windräder bzw. den Pachtvertrag ablehnen.
Auf Einnahmen angewiesen
„Der geplante Windpark Schwend trägt entscheidend zur langfristigen Standortsicherung und zum Erhalt von Arbeitsplätzen am Standort Oberkirch bei“, teilt das Unternehmen mit. Am Standort Oberkirch seien rund 1.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Das Interesse an der langfristigen Sicherung des Standortes und der Arbeitsplätze in der Region gehe daher über das reine Projekt hinaus. Oberbürgermeister Gregor Bühler schlägt in die gleiche Kerbe: „Indem die lokale Wirtschaft gestärkt wird, bleibt Oberkirch auch in Zukunft ein attraktiver Standort für Unternehmen und Fachkräfte.“
Bühler befürwortet erwartungsgemäß die Investition, wie auch schon im Fall der Hummelsebene, um Einnahmen zu erzielen. Regionale Wertschöpfung lautet das Stichwort. Und der OB hatte ja auch zu Beginn seiner Amtszeit angekündigt, die Stadt wie ein Unternehmen führen zu wollen. Und angesichts knapper Kassen und einer wohl bald steigenden Kreisumlage sind auch Kommunen auf neue Einnahmemöglichkeiten angewiesen, um ihre Aufgaben vollumfänglich erfüllen zu können.
„Zukunftssicherung der Wirtschaft“
„Eigengrünstromversorgung ist ein wesentlicher Beitrag zur Zukunftssicherung der Wirtschaft in unserer Region. Der geplante Windpark zeigt, wie Klimaschutz und wirtschaftlicher Erfolg Hand in Hand gehen können“, wird Bühler in der Koehler-Pressemitteilung zitiert. Projekte wie diese seien für die Stadt von zentraler Bedeutung, um Oberkirch als innovativen und zukunftsfähigen Wirtschafts- und Lebensstandort zu positionieren.
Während die Koehler Renewable Energy mit Erneuerbaren Energien als Geschäftsmodell und zweitem Standbein des Konzerns die Eigenversorgung der Fabrik in Oberkirch mit günstigem, grünem Strom sicherstellen will, würde sich das Projekt Schwend laut der Beschlussvorlage auch für die Stadt rechnen: „Da sich die Flächen im Eigentum der Stadt Oberkirch befinden, werden Pachteinnahmen in Höhe von rund. 200.000 bis 250.000 € jährlich generiert. Darüber hinaus fällt aus der Energieerzeugung Gewerbesteuer und eine Beteiligung an der EEG-Umlage an.“
Fertigstellung für 2028 geplant
Dem Zeitplan des Projektbetreibers zufolge sollen nun die Gutachten und Genehmigungsunterlagen erstellt werden. Im September wird mit der Entscheidung über Vorranggebiete in der Regionalplanung gerechnet. Der Anfang 2026 einzureichende Genehmigungsantrag soll Ende 2026 positiv entschieden werden. Ende 2027 rechnet Koehler mit dem Baubeginn und ein Jahr später mit der Fertigstellung und Inbetriebnahme der beiden Windräder.
Foto: In der Gemeinderatssitzung der Stadt Oberkirch präsentierten Dr. Stefan Karrer, Vorstand Technik der Koehler-Gruppe, und Nicolas Christoph, Bereichsleiter Windkraft, Solar, Hydro & Business Development bei Koehler Renewable Energy, am 27. Januar 2025 die Pläne zum Windenergieprojekt auf dem Bergrücken der Schwend.
Siehe auch:
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