Von Wolfgang Huber
Seit einigen Jahren werden nun schon flexible Arbeitszeitmodelle wie die Vier-Tage-Woche heiß diskutiert. Die meisten Chefs lehnen das ab, ohne sich mit den Vorteilen einmal richtig auseinandergesetzt zu haben. Reflexartig, aber unreflektiert wird gefordert, es müsse mehr und nicht weniger gearbeitet werden. Die kurzsichtigen Führungskräfte verwechseln Anwesenheit mit Leistung. Auch Vorstandsvorsitzende von Großkonzernen sind in ihren Ansichten oft nicht auf der Höhe der Zeit.
Höhere Produktivität
Es ist eine Grundsatzdiskussion. Doch es ist wie mit allem: Wer sich mit den Fakten befasst, muss auch mal seine althergebrachte, aber mitunter überholte Position überdenken oder ändern. Tatsächlich können Berufstätige mit Vier-Tage-Woche ihre Produktivität deutlich verbessern und zudem sind sie bei ihrem Arbeitgeber auch noch deutlich glücklicher. Die Mitarbeiterbindung steigt, die Motivation wird größer und damit sind Unternehmen mit flexiblen Arbeitsmodellen auch erfolgreicher.
Gerade im Pflegebereich hat dies eine enorme Tragweite, da dort die Anforderungen an die Fachkräfte besonders hoch sind. Es gibt eine flächendeckende Unterversorgung und aufgrund der hohen Arbeitsbelastung verlassen viele Pflegerinnen und Pfleger den Beruf. Das Problem verschärft sich dadurch immer weiter. Laut Studien könnten hunderttausende ehemalige Pflegekräfte zurückgewonnen werden, wenn sich die Arbeitsbedingungen verbessern würden.
Neue Wege beschritten
Das haben die Verantwortlichen des Klinikums Osnabrück erkannt. Vor einem Jahr hat das Haus neue Wege beschritten und feiert nun Erfolg um Erfolg. So konnten innerhalb des ersten Jahres mit dem Arbeitszeitmodell „Flexpool“ 123 neue Pflegefachkräfte mit flexiblen Arbeitszeitvereinbarungen gewonnen werden, wodurch sich die Zahl der Neueinstellungen in diesem Bereich nahezu verdoppelt hat, wie das Klinikum auf seiner Website schreibt. Normalerweise rekrutiert das Klinikum jährlich rund 80 bis 100 Pflegefachkräfte.
Pflegedirektorin Angelika Atrat zeigt sich demnach begeistert über die positive Resonanz seitens der Mitarbeitenden und der Stationen. Der Erfolg des Flexpools wurde mit einer kleinen Feierstunde gewürdigt, an der auch die Berater Loran Noteboom und Kevin van Dijk von der Unternehmensberatung „Frei ist frei“ teilnahmen. Sie betonten, dass die Einführung des Modells im Klinikum Osnabrück auf allen Ebenen unterstützt werde, insbesondere durch die Geschäftsleitung, die Personalabteilung, die Pflegedirektion, das Marketing und den Betriebsrat.
Ehemalige Altenpfleger angesprochen
Diese breite Zustimmung sei keineswegs selbstverständlich und habe maßgeblich zum Erfolg beigetragen. Geschäftsführer Frans Blok, Initiator des Flexpools, bezeichnete das Modell laut dem Bericht als eines der erfolgreichsten Projekte des Jahres 2024. Es ermögliche eine flexible Personaleinsatzplanung, insbesondere bei Krankheitsausfällen. Ziel sei es, bis Ende 2026 eine ausreichende Personaldecke zu erreichen, um auch langfristige Ausfälle abzufedern. Der Flexpool spreche Pflegefachkräfte aller Altersgruppen an, darunter auch Berufseinsteiger, ehemalige Altenpfleger sowie bereits verrentete Kräfte.
Das Konzept erlaube den Mitarbeitenden, ihren Anstellungsumfang und ihre Arbeitszeiten selbst zu bestimmen. Minijobs oder reduzierte Stunden seien ebenso möglich wie reguläre unbefristete Anstellungen mit Zulagen. Zudem bestehe die Option, in eine Vollzeitstelle zu wechseln, wovon bereits sechs Flexpool-Kräfte Gebrauch gemacht hätten.
Verbesserte Versorgung
Ergänzend zum Flexpool wurde im Klinikum auch die Vier-Tage-Woche als weiteres innovatives Arbeitszeitmodell eingeführt. Zunächst wurde dieses Modell auf der Stroke Unit, der Spezialstation für Schlaganfallpatienten, getestet und aufgrund positiver Erfahrungen dauerhaft etabliert. Die Umverteilung der Dienstzeiten ermöglichte eine verbesserte pflegerische Versorgung, insbesondere bei körperlich anspruchsvollen Aufgaben wie der Mobilisierung von Patienten, wie es weiter heißt.
Laut Pflegedienstleiter Oliver Geers hätten 72 Prozent der Mitarbeitenden der Stroke Unit das neue Modell als positiv für ihre Arbeit bewertet. Etwa 50 Prozent hätten es ausprobiert, und rund 20 Prozent der Pflegefachkräfte hätten sich entschieden, dauerhaft in diesem Modell zu arbeiten.
Breite Unterstützung
Der Erfolg der Vier-Tage-Woche habe dazu geführt, dass das Klinikum nun prüft, in welchen weiteren Stationen und Abteilungen das Modell umgesetzt werden könne. Insbesondere die gezielte Einteilung von Personalressourcen in Zeiten mit hohem Arbeitsaufkommen habe sich als vorteilhaft erwiesen.
Zusammenfassend zeigt sich, dass sowohl der Flexpool als auch die Vier-Tage-Woche zu einer nachhaltigen Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Versorgungsqualität im Klinikum Osnabrück beitragen. Beide Modelle erhielten breite Unterstützung und könnten künftig auf weitere Bereiche ausgeweitet werden.
Uneinsichtige Unternehmenslenker sollte sich daran ein Beispiel nehmen und ihre verkrusteten Überzeugungen überdenken. Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung ist nicht einfach eine Modeerscheinung von verwöhnten GenZ-Kids. Vielmehr ist es ein notwendige Maßnahme, um die Motivation und die Arbeitsleistung der Mitarbeiter deutlich zu steigern und ist damit eine unabdingbare Voraussetzung für den Unternehmenserfolg. Arbeitgeber, die das nicht beherzigen, werden früher oder später vom Markt verschwinden.
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