Von Wolfgang Huber
Nach den ersten Rennen des MYVELO Pro Cycling Team in der Saison 2025 greift bereits Optimismus um sich. Eine erfolgreiche Saison deutete sich bereits im zweiten Saisonrennen an. Nach einer Reihe guter Auftritte des jungen Teams – auch bei den höherklassigen 1.1. Rennen – konnte beim UCI 1.1. Ein-Tages-Rennen im französischen Jura Tillmann Sarnowski den zweiten Platz in der Gesamtsprintwertung erkämpfen.
Dieses Signal nahm Allrounder Jan Sommer einen Tage später auf – am Ostersonntag – gewann die Sprint-Sonderwertung bei der Tour du Doubs und somit das erste Trikot in der MYVELO Teamgeschichte. Am gestrigen Donnerstag machte das junge deutsch-schweizer MYVELO Team um Road Captain Timon Loderer auch bei der 1. Etappe der schwierigen und kletterintensiven UCI 2.1. Rundfahrt Vuelta a Asturias in Nordspanien im Kreise der Weltelite von sich reden. Jan Sommer knüpfte nahtlos an seine Klasseleistung vom Ostersonntag an, wo er sich die Sprinter Sonderwertung holen konnte. Er wurde zweimal Zweiter bei Zwischensprints und belegt aktuell auch den 2. Platz in der Gesamtsprintwertung.
Gegen starke Konkurrenz behauptet
Der Schweizer Kletterspezialist Andrin Züger ist nach starkem Rennen derzeit Sechster in der Bergwertung und höchstklassierter MYVELO Fahrer auf Rang 39 des Gesamtklassements. Angesichts der sehr starken Konkurrenz mit World Tour Teams wie UAE oder Total Energies, letztere sogar mit dem kompletten Tour de France-Kader, ein erfolgreicher und vielversprechender Auftakt für das MYVELO Team.
Doch damit nicht genug. Die brandaktuelle Nachricht zum Start ins Wochenende lässt erneut aufhorchen. Bei der 2. Etappe der Vuelta a Asturias übernahm nun Jan Sommer die Führung in der Gesamtsprintwertung und sicherte MYVELO das zweite Trikot der Saison. Teamkollege Jakob Schmidt fuhr auf Rang 3. Der Trend geht also nach wie vor in Richtung Aufstieg?
Interview mit Armin Machmer
Wir fragten proaktiv beim 2. Sportlichen Leiter und Sprecher des Teams, Armin Machmer nach. Der frühere Pressesprecher des damaligen EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz gab uns im Exklusiv-Interview seine Einschätzung zum bisherigen Saisonverlauf, der Weiterentwicklung des Teams im Mentalbereich und gibt Einblicke in die harte Arbeit während der Rennen im Begleitfahrzeug.
Ortenau Journal: In den ersten acht, neun Rennen ist es an sich ganz gut gelaufen. Oder was würdest du für ein Zwischenfazit ziehen?
Armin Machmer: Das Positive überwiegt, auch wenn wir einen kleinen Rückschlag hatten. Nach dem 2. und 4. Platz beim GP Ticino 2025 in der Schweiz sind wir in Frankreich beim ersten 1.1. Rennen etwas zu euphorisch gestartet. Das ist so ziemlich die höchste Katergorie. Frankreich, Belgien und Holland sind so die klassischen Radsportländer. Da herrscht natürlich ein ganz anderer Konkurrenzdruck, es geht viel härter zu. Die Straßen sind auch schlechter. Da gibt es Kopfsteinpflaster, Dreck oder Löcher in den Straßen, anders als im Schwarzwald, in der Schweiz oder Luxemburg. Das sind lauter solche Details. Auch die Windverhältnisse sind anders und es geht viel robuster zu. Es ist aber gut für unsere Jungs, das mal zu erfahren. Die Erfolge fahren sie dann in anderen Rennen ein.
Ortenau Journal: Bei der Tour du Jura in Frankreich am Karsamstag, einem 1.1. UCI-Rennen, hatte Sprintspezialist Tillmann Sarnowski einen Reifenschaden, konnte aber dennoch den zweiten Platz in der Gesamtsprintwertung erkämpfen. Bei Reifenschäden sind ja dann die Betreuer in den Begleitfahrzeugen gefragt. Was gibt es in solch einer Situation zu tun?
Armin Machmer: Wir haben ja Ersatzräder auf dem Dach und Laufräder im Auto selbst. Beim ersten Reifenschaden bekommt der Fahrer gleich ein Ersatzfahrrad. Der Tillmann ist 1,90 Meter groß, der kann nicht auf einem 48er Rahmen fahren. Der braucht ein Rad, dass genau auf ihn abgestimmt ist. Beim zweiten Reifenschaden muss man dann das Laufrad wechseln, was mehr Zeit in Anspruch nimmt. Das ist dann der Job von den Begleitfahrzeugen, dort sitzt der Mechaniker drin. Der springt dann sofort raus aus dem Auto mit dem Dreizack und wechselt das Laufrad oder holt ein Rad vom Dach. Das geht unheimlich schnell.
Ortenau Journal: Ich schätze, vielleicht eine Minute.
Armin Machmer: Nicht einmal eine Minute. Für den normalen Menschen ist es ja zum Beispiel unbegreiflich, wie bei der Formel 1 innerhalb von fünf Sekunden alle vier Reifen gewechselt werden können. Wenn du oder ich jetzt an so einem Rad rum fummeln, brauchen wir eine Minute, um einen Reifen zu wechseln. Manchmal vielleicht sogar noch mehr, weil man dann noch etwas kaputt macht. Aber so ein geübter Profimechaniker macht das innerhalb von Sekunden. Dann hofft man natürlich, dass die Fahrer wieder ins Feld zurückkommen. Das hängt natürlich vom Rennverlauf und davon ab, in welchem Stadium des Rennens man sich befindet. Am Anfang eines Rennens ist es noch einfacher, zurückzukommen. Aber wenn das Rennen in die entscheidende Phase geht und du hast einen Reifenschaden, dann ist es auch mit dem schnellsten Mechaniker nicht einfach, wieder Anschluss zu finden. Tillmann hatte das Pech, dass er gerade mit leichten Zeitfahrreifen unterwegs war. Der Straßenbelag war da etwas ruppig und dreckig, so dass er sich gleich einen Platten reingefahren hat.
Ortenau Journal: Jan Sommer konnte bei der Tour du Doubs am Ostersonntag die Sprint-Sonderwertung gewinnen und somit das erste Trikot in der MYVELO-Teamgeschichte einfahren. Wie wichtig war dieser Erfolg für das Selbstverständnis des gesamten Teams?
Armin Machmer: Für die Psyche und die Motivation war das eine Riesensache. So ein Trikot hat einen gewissen Symbolwert. Bei der Tour de France will jeder gerne mal das Gelbe Trikot haben oder das Rosa Trikot beim Giro d´Italia. Wenn man so will, ist es ein Trophäe. Das ist sehr wichtig für das Selbstverständnis des Teams. Einen Schlusssprint macht man zwar alleine, aber der wird ja vorher angesetzt im Team. Und da haben die Jungs einfach super zusammengearbeitet. Die fahren ja erst seit ein paar Monaten zusammen. Wir haben ein Trainingslager auf Teneriffa und später in Italien gemacht. Da waren die Jungs eng zusammen. Dafür hatten wir ein Haus gemietet. Die mussten dann nach dem Training auch Abends miteinander auskommen. Das hat sie richtig gut zusammengeschweißt. Das ist das eine, dass man sich gut versteht. Zum anderen muss man das dann im Rennen auch miteinander umsetzen. Das sie miteinander und füreinander fahren. Radfahren ist zwar irgendwie auch ein Einzelsport, aber hauptsächlich ist es ein Teamsport. Die Fahrer müssen im Peloton miteinander kommunizieren, sonst kann das nichts werden. Jan hatte dann das Trikot, aber für das Team war das fantastisch.
Ortenau Journal: Im Großen und Ganzen kann MYVELO mit den Spitzenteams ganz gut mithalten. Was sagt dein Gefühl, wann könnte der erste Sieg bei einem Einzelrennen eingefahren werden.
Armin Machmer: Also bei den 1.1-Rennen muss man realistisch sein. Da ist ein Sieg noch in weiter Ferne. Wir sind ein KT-Team, das ist praktisch zweite Liga. Man muss unten anfangen und sich dann hocharbeiten. Wir fahren jetzt schon bei den nationalen Rennen um die Podiumsplätze mit. Bei den 1.2-Rennen erwarte ich – und das ist auch realistisch – dass wir da um die Podiumsplätze mitfahren. Bei den 1.1-Etappenrennen kann man vielleicht mal eine Zwischenwertung, also eine Bergwertung oder Sprintwertung holen. Auszuschließen ist nichts. Man muss irgendwann einmal anfangen und dann organisch wachsen. Das ist sowieso unser Motto. Wir sind dieses Jahr schon ganz anders dabei als letztes Jahr. Das war für uns ein Versuchsjahr.
Ortenau Journal: Da habt ihr Lehrgeld bezahlt.
Armin Machmer: Auf jeden Fall, im wörtlichen wie auch im übertragenen Sinne.
Ortenau Journal: Aber ihr habt euch ja hervorragend verstärkt mit den Schweizer Fahrern. Da seid ihr jetzt schon eine Stufe weiter.
Armin Machmer: Wir sind jetzt nicht nur eine Leistungsstufe weiter, sondern auch was die Harmonie und die Komplettierung des Teams anbelangt. Ich habe als Betreuer drei Wochen auf Teneriffa jeden Tag mit den Fahrern verbracht. Abends war ich dann auch mal woanders. Da wollte ich auch mal meine Ruhe haben vor den Jungs. Die sind ja jünger als meine eigenen Söhne. Ich bin Vater von zwei Sportfreaks. Ich weiß ungefähr, was die brauchen. Die sind, abgesehen von Road Captain und Routinier Timon Loderer (35) alle zwischen 20 und 24 und unheimlich fokussiert. Aber sie brauchen auch Tipps. Da hab ich schon gemerkt, dass das Team sozial und intellektuell sehr gut zusammenpasst. Die studieren alle nebenbei oder haben bereits studiert. Das ist ein Quantensprung gegenüber letztem Jahr.
Ortenau Journal: Habt ihr euer Ziel, den Aufstieg zu schaffen, nun noch fester im Blick oder dürfte das eher schwierig werden dieses Jahr?
Armin Machmer: Nein, das haben wir schon fest im Blick.
Ortenau Journal: In der nächsthöheren Kategorie werden dann auch schon die Wild Cards für die Tour de France vergeben.
Armin Machmer: Im Moment arbeiten wir noch viel mit persönlichem Einsatz, auch finanziell. Nach einem Aufstieg kann man das nicht mehr stemmen ohne größere Sponsoren. Aber das eine bedingt das andere. Wenn man Erfolg hat, werden die Leute auf einen aufmerksam.
Ortenau Journal: Du bist ja hautnah im Begleitfahrzeug bei den Rennen dabei. Was ist das für ein Gefühl und wie ist die Atmosphäre, wenn man so dicht am Geschehen dran ist?
Armin Machmer: Das ist ehrlich gesagt totaler Stress. Ich sitze ja meistens auf dem Beifahrersitz, manchmal fahre ich auch selbst. Man fährt zwischen den anderen Autos, da muss man ständig aufpassen. Es gibt bestimmte Regeln für die Begleitfahrzeuge. Das kann auch nicht jeder machen. Man braucht eine Lizenz zum sportlichen Leiter. Und selbst dann muss man es lernen. Du musst oben, unten, hinten und vorne Augen haben. Man fährt auch zwischen den Radfahrern. Das ist immer Stress. Wenn mal ein Sturz passiert oder eine Panne eintritt, muss es immer Ruck Zuck gehen. Auch in Sachen Kommunikation. Normalerweise hat man einen Tour-Funk. Man bekommt dann mitgeteilt, wenn beispielsweise vorne ein Fahrer einen Platten hat oder versorgt werden will. Dann muss man schauen, dass man dahin kommt. Man darf dann auch vorfahren. Es gibt eine bestimmte Reihenfolge, die vorher ausgelost wird. Manchmal hat man Pech und ist Nummer 20 und fährt hinterher. Wenn man Glück hat und vorne dabei ist, ist man schneller bei den Fahrern. Wenn sich dann das Feld auseinanderzieht oder sich eine Fluchtgruppe bildet, muss man vielleicht auch mal vor das Feld fahren. Das ist alles ziemlich streng geregelt.
Ortenau Journal: Man muss ja eigentlich immer hinter dem Feld fahren, denn rückwärts geht es ja nicht, wenn hinten was passiert.
Armin Machmer: Wenn man in der Fluchtgruppe einen Spitzenfahrer hat, und dem passiert was, dann geben einem die Rennkommissare grünes Licht. Dann darf man auch vor dem Feld fahren. Und auch vor den anderen Autos. Denn wenn man wartet, hat der vorne ja das Rennen verloren. Man fiebert ja auch mit mit seinen Buben. Also die Atmosphäre im Auto ist manchmal genau so hitzig, als wenn man sich körperlich anstrengt. Das ist ein psychischer Stress. Es ist faszinierend und macht auf jeden Fall Spaß. Es ist schon was Besonderes.
Ortenau Journal: Du bist momentan noch im Kurzurlaub. Die Zeit hattest du deiner Familie versprochen. Wann geht es dann für dich weiter?
Armin Machmer: Für mich geht es am 2. Mai weiter. Am 1. Mai ist noch ein Eintagesrennen in Vorarlberg in Oberösterreich. Da werde ich nochmal vertreten. Dann haben wir erst mal eine Woche Rennpause. Das ist auch wichtig für die Regeneration. Die Jungs haben jetzt die drei 1.1-Rennen gefahren, dann die Asturien-Rundfahrt mit vier Etappen. Das Rennen am 1. Mai ist noch ein Eintagesrennen. Aber dann brauchen die Fahrer auch mal ein Wochenende mit einer Rennpause.
Ortenau Journal: Auch um mal den Kopf frei zu bekommen.
Armin Machmer: Einmal das und um in den Trainingsrhythmus zu kommen. Die Jungs bekommen von ihren Trainern immer genau Trainingspläne. Da bringen natürlich solche Rundfahrten oder Intensiv-Einsätze direkt hintereinander auch mal den Trainingsplan durcheinander. Aber das weiß man ja: Ohne Regeneration kannst du keine Leistung bringen.
Siehe auch hier:
MYVELO Pro Cycling 2025: Mit Teamgeist und starken Ergebnissen Richtung Aufstieg
Myvelo Pro Cycling-Teampräsentation: „Ab Kategorie 1.1 kreiselt der Helikopter“
Das Radsport-Unternehmen MYVELO sprintet als GCN-Brandpartner vorneweg
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