Von Peter Cleiß
Seit der Übernahme von Racing Straßburg durch den US-Amerikanischen Investor BlueCo ist die vormalige Harmonie zwischen Club-Führung und Racing-Fans gestört. In einem Brief wandten sich die Fan-Clubs an die Öffentlichkeit um ihre Sicht der Dinge zu erläutern. Die „Ultra-Boys“, traditionsreicher, größter und Ton-angebender Fan-Club von Racing, protestieren seit dem Verkauf des Vereins an BlueCo regelmäßig gegen diesen Besitzerwechsel. Weder wollen die Fans einen US-Amerikanischen Investor als Besitzer von Racing akzeptierten, noch findet die Tatsache, dass BlueCo zugleich auch noch Mehrheitseigner des britischen Clubs Chelsea London ist, ihre Zustimmung.
Gespenstische Stille
„Sans Multipropriété“ (Ohne Mehrfachbesitz) und „BlueCo NON“ (BlueCo Nein) prangt Spiel für Spiel auf großen Bannern von der Fantribüne des Meinau-Stadions herab. Für die Saison 2024-2025 haben sich die Ultras eine weitere Protestform einfallen lassen. Jeweils zu Beginn jeder Partie von Racing streiken sie 15 Minuten lang. Im regelmäßig ausverkauften Meinau-Stadion macht sich dann inmitten von 20.000 Zuschauern eine gespenstische Stille breit und die Mannschaften dürften sich auf einen Dorfplatz ohne Publikum versetzt wähnen. Jeweils ab Minute 15 steigen die Ultras dann mit ihren Gesängen ein und reißen die anderen Tribünen beim lautstarken unterstützen der Heimelf mit sich.
„Die Spieler haben diesen Streik nicht verdient. Sie geben alles und brauchen ihre Fans von der ersten Minute an“ richtete sich Racing-Trainer Liam Rosenior in einem leidenschaftlichen Plädoyer vor zwei Wochen selbst an die Fans. Eine Bitte, die bisher erfolglos verhallte. Auch gegen Montpellier schwiegen die Ultras bis Minute 15. Als sie dann loslegten und mit Trommeln und Gesängen plötzlich „Stimmung“ machen wollten, mussten sie sich ein ohrenbetäubendes Pfeifkonzert der übrigen 15.000 im Stadion anhören.
Bruch unter den Fans
Die Unzufriedenheit mit der von den Ultras gewählten Streikform ist im Stadion inzwischen mit Händen zu greifen. In den sozialen Netzwerken werden die Ultra-Boys heftige kritisiert. Nicht deren Kritik an BlueCo selbst und der Vereinsführung, werden dabei in Frage gestellt. Aber der Sinn, die Mannschaft einerseits 75 Minuten lang anzufeuern und ihren Erfolg zu wollen und innerhalb desselben Spiels 15 Minuten lang zu streiken und zumindest in dieser Zeitspanne nicht den Erfolg der Mannschaft zu wollen, wird von vielen als Widerspruch kritisiert.
Ein Bruch unter den Fans zeichnet sich ab. „Jeder Racing-Fan hat in Erinnerung wie das schon mal war, als Racing von IMG-McCormack gekauft worden war. Zunächst lief alles gut, aber dann verkaufte McCormack den Club weiter und Racing landete schließlich in der 5. Liga“ erinnert sich Markus Bernhard, Racing-Fan aus Willstätt. Bernhard, seit Ende der Neunziger-Jahre Dauerkartenbesitzer bei Racing und seit 2004 Mitglied des Fan-Clubs KCB (Koop Ciel & Blanc), reagiert mit Unverständnis auf die Ultra-Boys. „Mir ist nicht klar wer das so beschlossen hat. Die Mannschaft gibt alles und spielt einen begeisternden Fußball.“
Legendäre Stimmung gefährdet
Die gewählte Streikform löst immer heftigeren Widerspruch aus. „Wenn die Fantribüne ihr „la meinau avec nous“ (Die ganze Meinau mit uns) anstimmt, um alle Zuschauer zum Mitmachen aufzufordern, machen längst nicht mehr alle mit“ erkennt Bernhard. „Ich wünsche mir eine andere Streikform. Das berechtigte Missfallen an BlueCo darf nicht zum Nachteil für die Mannschaft werden.“
„Die Stimmung von heute im Stadion von Morgen“ war das von Racing-Präsident Marc Keller ausgegebene Motto für den laufenden 160-Millionen Euro teuren Stadionumbau. Jetzt droht weniger der Stadionumbau, als vielmehr der Verkauf des Vereins an BlueCo der legendären Stimmung im Meinau-Stadion einen Rückschlag zu verpassen. „Wir Fans haben im Club natürlich nicht viel zu sagen“ weiß Bernhard sehr gut. Trotz aller Gespräche, die es immer wieder gibt. „Aber jeder Fußballinteressierte weiß auch, dass die Fans die Seele eines Clubs sind. Wir waren auch da, als Racing in der Amateur-Liga auf den umliegenden Dörfern spielen musste“ erklärt Bernhard und verweist schmunzelnd auf seine Dauerkarte zur Saison 2010/2011. „Wir sind nicht einfach Zuschauer, wir sind Mitspieler.“
Keine elsässischen Investoren
Unklar bleibt derweilen, welches handfeste Ziel die Ultra-Boys mit ihrem Streik erreichen wollen. In der Mitteilung vom 14. November an alle Mitglieder und die Öffentlichkeit schreiben die drei Fan-Clubs Ultra Boys, KCB und FSRCS, dass Racing 1. eine Führung haben soll, die sportlich von Chelsea unabhängig ist, und dass sie 2. ein Gespräch mit Behdad Eghbali, dem Mehrheitsaktionär von BlueCo, wünschen. Welchem Ziel das Gespräch dienen soll, schreiben die Fan-Clubs nicht.
Dass BlueCo den Club wegen der Fanproteste an elsässische Investoren zurück verkauft, ist jedenfalls unwahrscheinlich, zumal ausreichend potente elsässische Investoren nicht zu sehen sind. „Wir müssen uns damit abfinden, dass BlueCo nun der Besitzer ist“ meint Bernhard. Daran, dass er selbst die Racing-Mannschaft weiter lautstark unterstützen wird, lässt er keine Zweifel, sowenig wie an seinen Befürchtungen, was die längerfristigen Auswirkungen einer Racing-Führung unter amerikanischer Investoren-Dominanz angeht.
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