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Theaterkritik

Bildgewaltig und spielfreudig: Burgbühne inszeniert Shakespeare

© Burgbühne
Mit einer beeindruckenden Shakespeare-Darbietung hat die Burgbühne Oberkirch ihren 40. Geburtstag gebührend gefeiert. Das Stück um Liebe und Verrat weist Parallelen zur Gegenwart auf. Ideenreich, prall, bunt, komisch, aber auch durchaus leise holte Regisseur Rob Doornbos die Komödie bildgewaltig und spielfreudig ins Heute. Noch sechs Termine im Juli.

Die Burgbühne machte sich selbst und dem Publikum ein Geschenk zum 40. Geburtstag: Eine hinreißende Komödie von Altmeister Shakespeare in moderner Fassung und das mit einem tollen Ensemble in wunderbaren Rollen.

Ideenreich, prall, bunt, komisch, aber auch durchaus leise holte Regisseur Rob Doornbos die Komödie bildgewaltig und spielfreudig ins Heute – uneingeschränktes Lob für die schauspielerische Leistung des 20-köpfigen Ensembles, den Regisseur, die Komponisten und das Team hinter den Kulissen. Konsequent durchdacht war das Regiekonzept mit der modernen Textfassung von Carsten Golbeck – die Sprache bildete eine Brücke zwischen dem 400 Jahre alten Stoff und der Gegenwart. Das Stück erzählt mit Leichtigkeit und melancholischem Tiefgang von Irrungen und Wirrungen, Täuschung und Verstellung, vom Spiel mit Geschlechterrollen und Identität, von den Spielarten der Liebe.

Freiheit statt Exil

Shakespeares Komödie beginnt todernst und aktuell. Herzog Frederick wütet in seinem Reich, Chaos auf der Bühne. Dem älteren Bruder hat er unrechtmäßig die Macht entrissen und ihn mit seinen Gefolgsleuten verbannt. Jetzt soll auch dessen Tochter Rosalind folgen, die er bisher als Freundin seiner Tochter Celia geduldet hat. Als Zuschauerin eines Kampfes mit „Knochenbrecher“ Charles (Patrick Preiß) auf Leben und Tod verliebt sich Rosalind in den Herausforderer Orlando – und er in sie. Und da der eigene Bruder ihm nach dem Leben trachtet, muss auch er fliehen. „Die Freiheit suchen wir, nicht das Exil“, ist der Schlachtruf für Rosalind und Celia.

Fluchtpunkt der Exilanten ist ein Wald, Shakespeares Ort für Utopien, ein Ort des Seelenfriedens, in dem das Böse der Welt im Märchen aufgehoben wird. Hier treffen auch die als Mann verkleidete Rosalind und Orlando aufeinander. Er erkennt seine Angebetete – verkleidet als Ganymed – nicht, was Rosalind dazu nutzt, ihrem Liebsten eine Lektion in Sachen Liebe zu erteilen.

Das Stück bietet wunderbare Möglichkeiten, sich schauspielerisch auszuleben – auch in Doppelrollen wie Ulrike Kliewer-Mayer als machtbewusster Herzog und exaltierte Exilantin. Schneidend satirisch ist die Rolle des Narren Prüfstein (Touchstone): Ingo Lachmann hält mit österreichischem Schmäh, sprachlich virtuos und zungenbrecherisch den kritischen Spiegel der Wahrheit vor.

Welt ist eine Bühne

Eine ähnliche Rolle hat „Chefmelancholiker“ Jaques (Jannis Just), dessen grimmige philosophische Kommentare den Wald von Arden nicht zur Idylle werden lassen: „Die ganze Welt ist eine Bühne, und Männer und Frauen sind nichts als Spieler.“ Höchst variabel und sehr intensiv tritt Burgbühne-Vorsitzender Thomas Wiegert als rachsüchtiger Bruder Oliver auf, den die Liebe zu Celia (Emily Kohler/Maria Frassica) schließlich zähmt und als Herzog George, einen sympathischen Sonderling, der den Wald dem Hofe vorzieht.

Das Besondere am Stück ist die Gleichzeitigkeit von Komik und Melancholie, was dem Werk eine eigene Tiefe gibt. Shakespeare fragt, was Liebe mit uns macht, welche Identität wir mit ihr erreichen, Formen, wie Liebe möglich ist: ein sinnlicher Klassiker mit erotischen Funken. Da ist die temperamentvolle Phöbe (Anuradha Veer), die vom schlichten Schäfer Silvius (wunderbar mit bayrischem Akzent: Lennard Boschert) ganz selbstlos geliebt wird – und der gerade wegen seiner unterwürfigen Art zunächst keine Chancen hat.

Kindergruppe eingebunden

Zentrale Figuren sind natürlich Orlando (Johannes Frammelsberger) und Rosalind (Vanessa Söllner-Kohler) – beide absolut kongenial in ihren Rollen. Er maskulin, selbstsicher, in Starpose, „schwimmt in Seligkeit“ bei ihrem Anblick, dann zu Tode betrübt, auch sie hingegossen. Und doch treibt sie ein ständiges Spiel mit der eigenen Identität und testet die Gefühlslage des liebestrunkenen Orlando. Wie ein Regisseur ordnet sie erfolgreich auch die weiteren Paarfindungen.

Ein toller Regieeinfall ist die Kindergruppe (Nachwuchs der Burgbühne-Aktiven), die als Schafe mit der Schäferin (Saskia Spengler mit ausdrucksstarker Mimik), als Wachpersonal und vieles mehr das Spiel bereichert. Homogen hat Komponist Magnus Reichel in Zusammenarbeit mit dem Regisseur die Musik und die Songs auf die Inszenierung abgestimmt. Dazu ein geniales Bühnenbild (Arthur Hilberer, André Kohler und Raphael Reimold), tolle Kostüme (Sigrid Schweiker, Tamara Busam), perfekter Sound und atmosphärische Beleuchtung (Ltg. Michael Müller).

Begeisterte Zuschauer

Alles löst sich auf in Shakespeares zauberhaftem Komödienwald: eindimensionale Liebeskonzepte, starre Geschlechterrollen und sicher geglaubte Identitäten. Und es endet alles „wie es euch gefällt“. Langer Applaus und stehende Ovationen mit passendem Feuerwerk im Hintergrund!

(Text: Burgbühne Oberkirch)

Weitere Termine: 5., 6., 13. Juli, jeweils 20 Uhr, 7., 10., 14. Juli, jeweils 19 Uhr. Bei schlechtem Wetter wird im Saal gespielt (Block B).

Kartenvorverkauf: www.ortenaukultur.de und Bürgerbüro der Stadt Oberkirch, (Telefon: 07802/82700). Infos unter www.burgbuehne.com

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