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Bildungsstandort

Zweite Chance zum Schul- und Berufsabschluss motiviert die Schüler

Ausbildung
© Ben_Frieden/pixabay
In Sachsen-Anhalt ist die Zahl der Schulabbrüche besonders hoch. Gründe dafür sind unter anderem Desinteresse, Mobbing und Schwierigkeiten im Lernstoff. Doch das duale Bildungsangebot „Produktives Lernen“ (PL) bietet eine Alternative zum klassischen Schulsystem und ermöglicht rund 80 Prozent der teilnehmenden Schülerinnen und Schülern, ihren Hauptschulabschluss zu machen. Das Modell könnte als Vorbild für andere Bundesländer dienen.

Ein Beispiel für die Wirksamkeit dieses Ansatzes ist Ian, ein 15-jähriger Schüler, der nach Schwierigkeiten an seiner alten Schule nun am „Produktiven Lernen“ teilnimmt. Das News-Portal tagesschau hat mit ihm gesprochen. Ian wurde in seiner alten Schule gehänselt und hatte oft den Anschluss verpasst, was zu Abwesenheit und schlechteren Leistungen führte. Am „Produktiven Lernen“ schätzt er besonders die Arbeit in kleineren Gruppen und die individuelle Betreuung. Ein Lehrer betreut nur zwölf Schüler, und statt Noten gibt es Punkte.

Sechswöchige Orientierungsphase

Zwei Tage pro Woche besuchen die Schüler die Schule, die restliche Zeit verbringen sie in einem Betrieb, wo sie praktische Erfahrungen sammeln. Ian ist noch in der sechswöchigen Orientierungsphase und unsicher, welchen Beruf er später ergreifen möchte. Durch verschiedene Praktika wird er dies in den kommenden zwei Jahren herausfinden können.

Auch Tom Moschadin, ein ehemaliger PL-Absolvent, konnte durch das Programm seine Perspektive verbessern. Nach Schwierigkeiten im Regelschulsystem absolvierte er das „Produktive Lernen“ und arbeitet nun im zweiten Lehrjahr im Straßenbau. Für ihn war diese Bildungsform ein Wendepunkt, der ihm die Möglichkeit gab, einen Schulabschluss zu erlangen und einen Beruf zu erlernen.

Hohe Erfolgsquote

Das „Produktive Lernen“ gibt es seit über 20 Jahren an 24 Schulen in Sachsen-Anhalt. Eine Studie der Universität Magdeburg aus dem Jahr 2022 belegt den Erfolg des Programms. Von den befragten Schülern, die ohne Abschluss das Regelschulsystem verlassen hätten, schafften rund 80 Prozent einen ersten anerkannten Schulabschluss. Außerdem zeigten die Teilnehmer deutlich bessere Leistungen und engagierten sich aktiver bei der Suche nach Ausbildungsplätzen im Vergleich zu Schülern des Regelschulsystems.

Bis 2023 wurde das „Produktive Lernen“ durch den Europäischen Sozialfonds gefördert. Jetzt ist es Teil des neuen Schulgesetzes, was die Arbeit für die Lehrer erleichtert und die bürokratischen Hürden reduziert. Lehrer wie René Scheer, der das Programm an der Gemeinschaftsschule Leibniz in Magdeburg betreut, sehen darin eine Anerkennung ihrer Arbeit.

Bundesweites Vorbild

Das „Produktive Lernen“ bietet nicht nur eine zweite Chance für Jugendliche, die im klassischen Schulsystem gescheitert sind, sondern bereitet sie auch besser auf das Berufsleben vor. Absolventen des Programms brechen seltener ihre Ausbildung ab, da sie durch die langen Praktika bereits wissen, was sie in der Arbeitswelt erwartet. Ian steht noch am Anfang dieses Weges, doch das Programm bietet ihm die Unterstützung und die Orientierung, die er benötigt.

Zum Originalartikel:

Schulabschluss nachholen: Duales Bildungsangebot als zweite Chance

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