Von Christian Huber
In einer Haushaltsklausurtagung am 14. Januar 2025 erörterten Vertreter der Kreistagsfraktionen zusammen mit der Kreisverwaltung Möglichkeiten, den am 3. Dezember 2024 von Landrat Thorsten Erny eingebrachten Doppelhaushalt 2025/2026 zu verbessern. Wesentliche Themenfelder waren dabei die freiwilligen Leistungen des Kreises, Investitionen und Sanierungsstau in den Bereichen Hoch- und Straßenbau, der ÖPNV, Personalkosten und die Kreiseinnahmen mit dem Kreisumlagehebesatz als wesentlicher Stellschraube des Kreises.
90 Millionen Euro Zinsen
Mit deutlicher Mehrheit votierten die Teilnehmer der Klausur letztlich dafür, die gesetzlichen Spielräume zu nutzen und während der Bauzeit der Klinikneubauten anfallende Zinsen zu aktivieren. Die Eigenbetriebsverordnung in Verbindung mit §255 Absatz 3 Handelsgesetzbuch sieht diese Möglichkeit explizit vor. Die Zinsen belaufen sich bis einschließlich 2030 nach Angabe der Kreisverwaltung auf knapp 90 Mio. Euro. Die Aktivierung führt zur Verringerung des jährlich laufenden Verlustes des Klinikverbundes. Gleichzeitig müssen jedoch die buchhalterisch umgeschichteten Zinsen ihrerseits Kreditfinanziert werden. Aus der Berechnung der Kreisverwaltung ergibt sich hieraus eine mögliche Entlastung bei der Kreisumlage um bis zu 1,5 Prozentpunkte.
Erforderliche Höhe
Landrat Erny warnte jedoch in einem an die Fraktionsvorsitzenden gerichteten Schreiben schon vor der Klausurtagung davor, „die Kreisumlage zu gering anzusetzen“. Die Kreisverwaltung sei bei der Festlegung des Hebesatzes bereits an die unbedingt erforderliche Höhe gegangen. Es bestünden durch die „sehr optimistischen Annahmen bei Aufstellung des Doppelhaushaltes 2025/2026“ erhebliche Risiken, die „auch unterjährig zu einer Kreisumlagenerhöhung führen könnten“.
Trotz der Warnung einigten sich die Beteiligten während der Klausur auf eine Fortschreibung des Haushaltsentwurfs unter Berücksichtigung der Zinsaktivierung und gleichzeitiger Reduzierung des angesetzten Hebesatzes der Kreisumlage auf nur 32,5 v.H. statt 33,5 v.H. Dies entspricht einer Erhöhung von vier Prozentpunkten statt die im Dezember geplante fünf Prozentpunkte.
Kompromiss liegt bei vier Prozentpunkten
In der Verwaltungsausschusssitzung betonte Erny erneut, dass der Haushalt auf Kante genäht sei. Er habe mit der Kreisverwaltung für die Mitglieder des Kreistages einen vorab „noch nie da gewesenen Detaillierungsgrad und Transparenz“ geboten. Er erinnerte daran, dass im Sommer 2024 zu Beginn der Haushaltsaufstellung „noch elf Prozentpunkte Kreisumlagenerhöhung“ im Gespräch gewesen seien. Nur durch die von der Kreisverwaltung bereits vorab eingesparten rund 50 Millionen Euro sei man überhaupt in die Nähe der heutigen Ergebnisse gekommen.
Er sei sich der Belastung bewusst, die die Kreisumlage für die Städte und Gemeinden bedeute. Die Erhöhung sei jedoch ein Beitrag zur Sicherung der Aufgaben des Kreises. „Ich plädiere darauf, dass wir an den in der Klausur festgehaltenen Zielen festhalten“, schließt der Landrat ab. Für die CDU bot der sich abzeichnende Konsens auf eine Erhöhung um vier Prozentpunkte Grund genug, um den eigenen Antrag, die Kreisumlage um nur 3,8 Prozentpunkte anzuheben, zurückzuziehen auch wenn die Fraktion – so Manuel Tabor – „mit dem Resultat nicht umfänglich zufrieden sind“.
Lob an die Kreisverwaltung
Erik Weide von den Freien Wählern betonte die Wichtigkeit des SPD-Antrags und sagte zu, dass dieser „komplett mitgetragen wird“. Hans-Peter Kopp von der SPD, der Urheber des vorgeschlagenen Kompromisses, betonte, dass es sich bei der Erhöhung um einen „fairen und guten Interessenausgleich“ zwischen Kreis und Kommunen handele und lobte die Kreisverwaltung für den „sehr ausgereiften Vorschlag“ des Haushaltsentwurfs.
Die AfD, vertreten durch Benjamin Rösch, betonte dagegen, dass die von Grünen und SPD geführten Bundesministerien die einzelnen Sachthemen „an die Wand“ gefahren hätten und man gegen die Kreisumlagenerhöhung sei, um den Handlungsdruck durch die entstehende Finanznot hoch zu halten. Der Fraktionsvorsitzende Alfred Baum (Bündnis 90/Die Grünen), attestierte der Kreisverwaltung „eine reale Darstellung der Situation“ auch im schon eingebrachten Haushaltsentwurf. Daher hadere die Fraktion damit, die Kreisumlagenerhöhung von fünf auf vier Prozentpunkte zu reduzieren.
Keine Luft für Einsparungen
Martin Aßmuth von der FDP spricht davon, dass sich der „Kreis nackt und transparent“ gemacht habe und das Thema Kreisumlage für die Kreisverwaltung unumgänglich gewesen sei. Man habe als Fraktion auch im Vorfeld einen bereits gestellten Antrag auf globale Minderausgaben in Höhe von 7,5 Prozent wieder zurückgezogen, als plausibel und transparent dargelegt worden war, dass keine Luft mehr für solche Einsparungen enthalten sei.
Julia Roth-Herrmann (LiLo) wies darauf hin, dass die geplante hohe Verschuldung des Kreises trotz eines heutigen Konsenses dazu führen könne, dass auch künftig unterjährig Kreisumlagenerhöhungen erfolgen können. Ihr war wichtig zu betonen, dass trotz aller möglichen künftigen Rückbelastungen an das Ortenau Klinikum dort auf keinen Fall Personal eingespart werden dürfe.
Verwaltungsausschuss billigt neuen Entwurf
Nach mehr als drei Stunden Sitzungszeit stand letztlich fest: Der Verwaltungsausschuss richtet mit deutlicher Mehrheit die Empfehlung an den Kreistag, den vorliegenden fortgeschriebenen Haushaltsentwurf des Landrats in seiner Sitzung am 11. Februar zu verabschieden. Der Vorschlag der SPD, der bereits durch die Kreisverwaltung für die heutige Ausschusssitzung aufgriffen worden war, wird dem Kreistag zum Beschluss vorgelegt. Er enthält als wesentliche Punkte die Aktivierung der Bauzeitzinsen einerseits sowie die Erhöhung der Kreisumlage um lediglich nur vier statt fünf Prozentpunkte auf dann 32,5 Prozent andererseits.
Nur wenige Fraktionsanträge hatten Aussicht auf Erfolg. Während der Rückgriff auf die gesetzliche Aktivierungsmöglichkeit von Zinsen bereits während der Klausur große Zustimmung bei den Fraktionen fand und daher bereits in der heute vorgestellten Fortschreibung des Haushaltsentwurfs Einzug erhalten hatte, bleiben die anderen Themenfelder bei der Haushaltsfortschreibung bislang unberücksichtigt.
Wenig verwunderlich war daher die große Zahl der Anträge zum fortgeschriebenen Haushaltsentwurf des Landrats. In der heutigen Sitzung des Verwaltungsausschusses wurden die Vorschläge von CDU, Freien Wählern, SPD, AfD und Bündnis 90/Die Grünen diskutiert. Insgesamt 27 Teilanträge wurden durch Landrat Thorsten Erny erst zur Debatte und dann zur Abstimmung aufgerufen. Nur wenige Anträge konnten eine Mehrheit im Verwaltungsausschuss überzeugen.
Siehe auch:
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