Kulturförderung

AfD-Antrag im Kreistag: BAAL Novo-Theaterchef und AfD-Kandidat äußern sich

"Aenne Burda"-Premiere in der Reithalle Offenburg
© Theater Baden Alsace
Ein Richtungsstreit bezüglich der Kulturförderung des Kreises bewegte zuletzt viele Ortenauer. Die AfD-Kreistagsfraktion wollte per Antrag die Förderung des Theaters BAAL Novo beenden und scheiterte. Für Theaterchef Guido Schumacher ist der Antrag „komplett rufschädigend“, das BAAL Novo das einzige professionelle, seit 20 Jahren institutionell vom Land geförderte Theater. Für AfD-Bundestagskandidat im Wahlkreis Offenburg, Taras Maygutiak, wäre das Geld woanders besser aufgehoben.

Von Wolfgang Huber

In den vergangenen Tagen kam etwas Aufregung in den Ortenauer Kulturbetrieb. Die AfD-Fraktion im Kreistag hatte einen Antrag zur Streichung der jährlichen Förderung für das Theater Baden Alsace, BAAL Novo angekündigt. Drei Tage später, am 25. Januar reagierte das Theater mit einer Pressemitteilung, in der die Antrags-Begründung der AfD kritisiert wurde. Schließlich wurde der Antrag im Verwaltungsausschuss des Kreistags klar abgelehnt. Wir haben mit Vertretern beider Seite gesprochen. Doch der Reihe nach.

Konkurrenz zu anderen Kulturangeboten kritisiert

Als Gründe für die Streichung nannte die AfD in der Pressemitteilung Mehrfachfinanzierung der Kultureinrichtung. Diese werde vom Land Baden-Württemberg und dem Eurodistrict finanziert, während der wiederum der Kreis an der Finanzierung des Eurodistrict beteiligt sei. Außerdem sei das Theater in Konkurrenz zu andern Kulturangeboten. Die jährliche Fördersumme des Kreises in Höhe von 200.000 Euro solle sobald wie möglich eingespart werden.

Was den Geschäftsführer von BAAL Novo, Guido Schumacher und den Intendanten Edzard Schoppmann jedoch besonders ärgerte, war die Formulierung, dass es dem Haus in zwanzig Jahren trotz massiver Förderung nicht gelungen sei, Bekanntheit und Akzeptanz zu erlangen. „Die Streichung der Ortenauer Mittel für dieses Theaterprojekt ist längst überfällig. Kulturförderung und auch der Blick über die Grenze sind wichtig, aber das war und ist ein gutes Beispiel dafür, dass gut gemeint oft eben auch nicht gut gemacht bedeutet“, wurde der AfD-Fraktionsvorsitzende Sven Rothmann zitiert.

Präsenz in 40 Städten der Ortenau

In der Stellungnahme als Reaktion auf den AfD-Antrag verweisen Schumacher und Schoppmann auf die 150 Veranstaltungen des Theaters im Jahr 2024 mit insgesamt über 20.000 Zuschauern und die Präsenz in 40 Städten im Ortenaukreis. „Das derzeit in 14. Auflage stattfindende, grenzüberschreitende Kinder- und Jugendtheaterfestival ALLEZ HOP! mit Veranstaltungen in Deutschland und Frankreich hatte bisher 60.000 Besucher, alleine in 2024 mit steigender Tendenz 10.000 Besucher“, heißt es weiter. Das Theater als ein kultureller Botschafter erfreue sich mit seiner 2019 eröffneten Spielstätte im Europäischen Forum am Rhein zunehmender Beliebtheit.

In der Verwaltungsausschusssitzung am vergangenen Dienstag wurde der AfD-Antrag nach kurzer Debatte mit klarer Mehrheit abgelehnt. Zuvor ging Benjamin Rösch (AfD) nochmals auf die Antragsbegründung ein: „Das Theater erhält ja nicht nur von uns Geld. Wenn das Theater ein prägendes Transrheinisches Element wäre, dann könnte man über die Förderung nachdenken. Das ist aber nicht der Fall. Habe selbst noch keine Vorstellung besucht, habe mir aber sagen lassen, dass BAAL Novo es nicht geschafft hat, ein solches Element zu werden.“

Kultur als Standortfaktor

Dem entgegnete Hans-Peter Kopp (SPD), dass das Theater viele volkstümliche und populäre Bereiche abdecke, auch in der Fläche. Die Veranstaltungen seien immer gut besucht: „Wir zerstören kulturelle Infrastruktur, wenn wir streichen, die dann komplett weg ist. Kultur ist ein wichtiger Standortfaktor“, so Kopp, der dann vorschlug, in einer der nächsten Kultur- und Bildungsausschüsse das Programm vorzustellen um zu zeigen, wie groß die Vielfalt und der Nutzen für die Ortenau sei. Diese Idee wurde von Landrat Thorsten Erny übernommen.

Nach dem Vorschlag von Julia Roth-Herrmann, die einen Fonds für sinnvoll hielt, damit andere kulturelle Einrichtungen auch die Förderung erhalten könnten, beendete Thomas Geppert von den Freien Wählern die Debatte mit dem Hinweis, dass der Kultur- und Bildungsausschuss erst im Sommer 2024 die weitere Förderung des Theaters für fünf Jahre beschlossen habe, verbunden mit dem Antrag auf Abstimmung. Diese brachte bei drei Ja-Stimmen von der AfD und sechs Enthaltungen eine klare Ablehnung des AfD-Antrags.

Kein Verständnis für „Neiddebatte“

Guido Schumacher, der die Verwaltungsausschusssitzung vor Ort mitverfolgte, zeigte gegenüber dem Ortenau Journal kein Verständnis für die „Neiddebatte“ der AfD: „Der Sprecher der AfD gab auch noch zu, noch nie eine unserer Veranstaltungen besucht zu haben und bemüßigt sich dann, über unsere Qualität zu urteilen.“ Alleine rund um die Verwaltungsausschusssitzung habe das Theater vor 250 Leuten in Oberkirch gespielt, im Parktheater in Lahr seien es 450 gewesen und kommende Woche würden es in der Reithalle erneut 400 Besucher sein. „Die von der AfD haben von Tuten und Blasen keine Ahnung“, so Schumacher.

Auch die LiLO-Vertreterin Roth-Hermann kritisierte der Geschäftsführer mit dem Hinweis, man sei das einzige professionelle, vom Land seit 20 Jahren institutionell geförderte Theater. Die vorhandenen Amateur-, Laien- und semiprofessionellen Theater seien nur an einem Ort. „Wir machen 365 Tage im Jahr Kultur, und nicht abends, wenn wir von irgendeinem anderen Job nach Hause gekommen sind“, ärgerte sich Schumacher. Die Wirkung des Antrags habe er nicht überschätzt, er sei „komplett rufschädigend“. Es sei der falsche Schritt, angesichts der Haushaltslage den Kulturbegriff in Frage zu stellen. Wenn man Kinder- und Jugendtheater mache, müsse es eine Förderung geben, sonst sei der Eintrittspreis von 6 Euro nicht haltbar.

„Wirklich andere Probleme“

Es gab laut Schuhmacher viele Solidaritätsadressen von andern Theaterhäusern und Leuten aus allen gesellschaftlichen Kreisen. Alle seien hellhörig geworden und wachsam. Auch die Bekanntgabe des Antrags durch die AfD sei nicht zufällig am 22. Januar erfolgt, dem Tag der deutsch-französischen Freundschaft. „Unser Team besteht aus Deutschen, Franzosen, Europäern. Das ist ein Angriff auf Internationalität, auf Toleranz. Wir haben Stücke, in denen es um den deutsch-französischen Konflikt des 20. Jahrhunderts und die große Leistung der Aussöhnung geht“, so Schumacher. Das Theater Baden Alsace spiele zweisprachig auf beiden Seiten des Rheins und an anderen Orten in Europa. „Das ist es, was die AfD stört.“

Der Bundestagskandidat im Wahlkreis Offenburg und Sprecher der AfD Ortenau, Taras Maygutiak, hat sich auf Anfrage ebenfalls zu dem Vorgang rund um die Verwaltungsausschusssitzung geäußert. Man könne nicht sagen, dass die internationale Ausrichtung und deutsch-französische Zusammenarbeit der Grund für den Antrag gewesen sei. Er sei selbst zwar nicht Mitglied des Kreistags, kenne das BAAL Novo aber aus seiner Zeit als Journalist. Er habe den Eindruck, dass das Theater eines dieser Projekte sei, für die ein „Haufen Geld“ ausgegeben werde und man sich nach dem Nutzen fragt. „Da haben wir wirklich andere Probleme, wo man das Geld besser ausgeben könnte“, so Maygutiak.

Das Geld im Blick

Maygutiak berichtete davon, dass er die Diskussion als Mitglied des Kulturausschusses im Gemeinderat Offenburg gut kenne. „Da trifft man viele Kulturschaffende, die können nie genug Geld kriegen. Da kann man tolle Sachen machen, das hab ich denen auch gesagt. Aber da muss man den Haushalt im Blick haben.“ Wenn außerdem da eine Gruppe käme, die ein patriotisches Projekt machen will, würden die kein Geld bekommen. Das sei alles sehr einseitig ausgerichtet. „Ich habe den Antrag nicht genau durchgelesen, aber ich gehe stark davon aus, dass die Fraktion das Geld im Blick hatte.“

Guido Schumacher jedenfalls freut sich bereits auf das neue Stück „Perpetuum Mobile“, eine weitere Großproduktion, die am 23. Mai ihre Uraufführung hat, und mit der man im Rahmen des 20-jährigen Jubiläums dann durch die ganze Ortenau tourt. Das Stück werde 25 mal aufgeführt. Die Premiere finde Open Air an der Reithalle in Offenburg statt. Zu dem „Sommerspektakel“ heißt es auf der Website des BAAL Novo: „Besonders freuen wir uns, dass dieses zirzensische außergewöhnliche Spektakel als klimaneutrale Theaterproduktion im Rahmen von ZERO durch die Kulturstiftung des Bundes und die Baden-Württemberg-Stiftung finanziert wird.“

Siehe auch:

Guide Schumacher: „Aenne Burda war eine Persönlichkeit mit Weltruhm“

Allez Hop! 2025: Das Tagebuch der Anne Frank – Premiere im Theater Baden Alsace

„Elisa und die Schwäne“ von Theater Baden Alsace: Temporeiche Meisterleistung

AfD stellt Taras Maygutiak für den Bundestagswahlkreis Offenburg auf

(In Kürze veröffentlichen wir das komplette Interview mit Taras Maygutiak zur Thema Bundestagswahl 2025)

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