Von Jürgen Stark
Netsurfer kennen das. Irgendwie nebenher zappst du nach Hier und Da, landest auf YouTube, und wegen deiner registrierten Vorlieben bekommst du neben Neuheiten auch alte Songperlen serviert. Je später der Abend, je besser die Offerte, desto kürzer die Nacht. So für mich oftmals und wieder und wieder. Denn hier hat mich YouTube gewissermaßen am Haken. Vor allem mit folgendem Tipp. Die Rede ist von einem Kulturereignis der Popkultur, welches an diesem 30. Januar Jubiläum feiert.
Melodramatischer Auflösungsprozess
Also heute vor 56 Jahren fand etwas herrlich Durchgeknalltes statt. Auf ein Dach in der Londoner City stiegen vier Götter, einen Olymp gibt es in „Rule Britannia“ bekanntlich nicht. Diese vier Fast-Außerirdischen hießen The Beatles und bestanden aus vier unglaublich leidenschaftlichen Musikern. John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr. Die später so genannten „Fab(ulous) Four“ waren an jenem Tag leider, leider bereits in einem melodramatischen Auflösungsprozess.
Was sie dort nun veranstalteten lässt sich formal und schon gar nicht kaufmännisch (= Business-mäßig), nicht rational erklären. Sensibleren Künstlerseelen aber erschließt sich dieser letzte Akt, diese Shakespearsche Bühnenmelancholie, dieser ‚“final Curtain“ mit einem inkludierten „I did it my Way“. Ja, es war großes Drama, es ging um höchste Höhen und tiefste Tiefen. Um Welterfolg von Rotlichtbühnen in Hamburg-St. Pauli (im legendären Star Club) aus in die ewige Ruhmeshalle der Popgeschichte.
Der Einfluss von Frauen
Es ging um Mannsbild-Rivalitäten – und um den Einfluss von Frauen hinter Kerlen. In diesem Fall um die raumgreifende Yoko Ono, welche den Frontmann John Lennon packte und ihn in ihre Projektwelt zog. Es ging um nicht weniger als um das Ende der Beatles, welche die Blüte der internationalen Musikindustrie befeuert und das Urheberrecht revolutioniert hatten. War der erste Superstar des „Golden Age of Rock’n’Roll‘, der nicht minder grandiose Elvis Presley, lediglich noch Interpret (!) der von anderen komponierte Songs darbot, interpretierten die Beatles souverän ihre ganz eigenen (!) Lieder.
Auf damaligen Vinyl-Singles oder LPs las man neben den Songtiteln daher auch meistens: „Lennon/McCartney“. Ein Novum. Millionenfach verkauften sich ihre Alben, Fans hatten sie in der ganzen Welt. Dann das. Ein so genanntes „Rooftop Concert“ (englisch für „Dach-Konzert“) war der letzte fulminante Liveauftritt der Beatles. Dieses Ereignis fand am 30. Januar 1969 in London statt. Auf dem Dach der legendären Abbey Road Studios in London.
Traurige Hilflosigkeit
Es war weder beworben worden noch wurden Eintrittskarten dafür verkauft, nur diejenigen, die sich zufällig in der Nähe aufhielten bzw. zur richtigen Zeit am richtigen Ort vorbei schlenderten, konnten dieses Freiluftkonzert miterleben. Unglaublich: Erst im Januar 2022 wurde eine Aufnahme des Konzerts als „Get Back:The Rooftop Performance“ veröffentlicht.
Kein Zufall war die Wahl eines dieser letzten Stücke: „Get Back“ sowie der beziehungsreiche Text desselben. Geh zurück zu dem Ort, wo du einst hingehörtest. Mehr traurige Hilflosigkeit kann man kaum zu Wort bringen. Zumal „Get Back“ alle Basic Roots der Beatles mehr als deutlich hervorhob.
Unkommerzielles Abschiedskonzert
Sie kamen aus den britischen Ursprüngen von Skiffle und Rock’n’Roll und bei diesem Song lässt sich gut nachhören, wie die kreativen Vier die ‚“Blue Notes“ für Popsong-Spielereien öffneten. Insofern gingen sie an diesem Tag in erdrückender Melancholie noch einmal gemeinsam an ihre Ursprünge zurück, gaben sich sentimental ihr eigenes, unkommerzielles Abschiedskonzert – über den Dächern. Entrückt. Weit weg vom Leben. Wo Liebe, Tod und Trennung die Produzenten sind.
The last Concert. Wer das sieht und hört, der möchte am liebsten sofort hoch aufs Dach und mitsingen und spielen. Weg vom Boden des Alltags. Dem Himmel und den Sternen nahe. Mit den Beatles und mehreren genialen Roof-Hits Abschied nehmen ist „bitter sweet‘. Wie ein Traum, den man immer und immer wieder träumen möchte um dabei den vier Helden lautstark zuzurufen: „Lasst doch den Scheiß, trennt euch nicht, doch nicht wegen einer Frau oder was auch immer….“.
Zum Mitsingen auf dem Dach:
Jojo was a man who thought he was a loner
But he knew it couldn’t last
Jojo left his home in Tucson, Arizona
For some California grass
Get back, get back
Get back to where you once belonged
Get back, get back
Get back to where you once belonged
Get back Jojo
(copyright The Beatles)
Internet:
YouTube-Video: The Beatles – „Get Back“ Take 3 – Rooftop Performance
YouTube-Video: The Beatles – Don´t let me down
YouTube-Video: The Beatles – Rooftop Concert (completo)
Siehe auch:
Jürgen Stark´s Kulturkolumne #1: Brücken über´m wilden Wasser
Jürgen Stark´s Kulturkolumne #2: Neuer Aufbruch im Party-Universum
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