Exklusivinterview

Künstlerin, Abiturientin und Feministin: Lilli Hetzel und die Gedanken der GenZ

Werk von Lilli Hetzel
© Lilli Hetzel
Lilli Hetzel, eine junge, ambitionierte Künstlerin und Abiturientin aus Oberkirch, beschäftigt sich schon seit ihrer Kindheit mit verschiedensten Formen der Kunst und plant auch, nach ihrem Schulabschluss einen kreativen Weg einzuschlagen. Mit ihren starken feministischen, nicht selten gesellschaftskritischen Projekten bringt sie eine Perspektive in die Ortenau, die der Region noch gefehlt hat: Junge Kunst, moderne Politik und neue Ideen prägen den Appell von Lilli Hetzel, auch mal über den Tellerrand hinauszuschauen.

Unsere gegenwärtigen regionalen Kunstausstellungen bilden eine ansehnliche Basis für Kunstfanatiker, haben aber oft noch Potential für Vielfalt übrig. Vor allem junge Künstlerinnen und Künstler wie Lilli, bringen frischen Wind in die Kunstszene und nicht selten regen ihre Werke zum Nachdenken an.

Was auf den ersten Blick ungewöhnlich oder eigenartig wirkt, enthüllt bald seine tiefere Bedeutung und inspiriert nicht selten den Betrachter zum eigenen Schaffen. Die Ortenau birgt viele junge Kunstschaffende, die bereits in den Startlöchern stehen und für die die Unterstützung von erfahrenen Kunstkennern neue Möglichkeiten öffnen könnte. Im Exklusivinterview berichtet Lilli von ihren Erfahrungen als junge Künstlerin, sowie den Einfluss, den Kunst wie ihre auf unsere Gesellschaft und die Ortenau hat.

Interview von Pauline Schwarzwälder

Ortenau Journal: Was hat dich dazu inspiriert, Künstlerin zu werden?

Lilli Hetzel: Eigentlich war es immer die Freude am künstlerischen Schaffen, die mich zur Kunst motiviert hat. Ich bin schon sehr früh an die Kunst herangeführt worden, da meine Eltern mit mir viele Museumsbesuche gemacht haben. Damit verbinde ich auch viele schöne Momente, die ich in meiner Kindheit mit Kunst aller Art verbracht habe. Letztendlich hat mich aber vor allem die Vielfalt und Freiheit der Kunst fasziniert. Auch ihre Rolle in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unserer Gesellschaft ist etwas, mit dem es sich zu beschäftigen lohnt.

Ortenau Journal: Welche Themen sind dir in deiner Kunst besonders wichtig?

Lilli: Mein häufigstes Thema in der Kunst ist wahrscheinlich der Feminismus. Zumindest ist es das, was ich anstrebe. Ich nehme meine eigenen feministischen Gedanken und verwandle sie in eine Bildsprache, wobei es mir egal ist, ob ich sie in etwas Traumhaftes oder Albtraumhaftes verwandle, Hauptsache, man erkennt einen tieferen Sinn darin.

Ortenau Journal: Mit welchen Medien arbeitest du am liebsten und warum?

Lilli: Am liebsten verwende ich alle Materialien, die auf meinem Schreibtisch herumliegen. Wenn ich die Hoffnung verliere und kurz davor bin, eine begonnene Arbeit aufzugeben, dann schaue ich mich auf meinem Schreibtisch um und verwende das, was mir als Erstes in die Hände fällt, um noch einmal alles zu geben. Oft entsteht daraus ein Werk, das man so nicht hätte planen können. Und Tada, fertig ist das Kunstwerk!

Ortenau Journal: Gibt es bestimmte Künstler oder Künstlerinnen, die dich beeinflussen?

Lilli: Es gibt unzählige Künstler/innen, die mich auf die verschiedensten Weisen inspirieren. Seien es Künstlerinnen, die besonderen Fokus auf feministischen Aktivismus in ihrer Kunst legen, wie zum Beispiel Frida Kahlo oder Guerrilla Girls, oder Künstler/innen, die mich mit anderen Ideen und Beweggründen überzeugen.

Ortenau Journal: Wie beschreibst du deinen künstlerischen Stil?

Lilli: Meinen Stil würde ich als spontan beschreiben, alleine schon, weil ich zu Beginn eines Werkes nicht weiß, was ich schaffen möchte. Auch ist mir, wie ich gerne öfters anmerke, eine Botschaft sehr wichtig. Kunst hat für mich immer eine gewisse Bedeutung, einen Sinn und diesen möchte ich auch über meine Kunst zum Ausdruck bringen.

Ortenau Journal: Wie wichtig ist dir die Repräsentation junger Künstlerinnen und Künstler in der Kunstszene, vor allem in der Ortenau?

Lilli: Ich finde, es ist von großer Bedeutung, die Kunst der jungen Künstler/innen darzustellen. Genau wie in anderen Altersgruppen, hat die Kunst junger Menschen eine besondere Wichtigkeit. Meiner Meinung nach ist diese Ausdruck der Gedanken der Generation der Zukunft.

Ortenau Journal: Was denkst du über die Wahrnehmung junger Künstler in der Ortenau?

Lilli: Ich persönlich bekomme leider wenig von anderen jungen Künstler/innen in der Ortenau mit, was ich mir damit erkläre, dass es wenig Schauplätze beziehungsweise Ausstellungsorte gibt, in denen junge Menschen ihre Werke ausstellen können. Da hoffe ich auf jeden Fall noch auf eine Veränderung.

Ortenau Journal: Hast du das Gefühl, dass junge Künstler die gleichen Chancen wie erfahrene Künstler haben?

Lilli: Überhaupt nicht. Ich verstehe, dass junge Künstler/innen, die noch keinen Lebenslauf oder künstlerische Erfahrung aufweisen können, weniger wahrgenommen werden, jedoch muss es nicht der perfekte Lebenslauf sein, der einem zu künstlerischem Talent verhilft. Man muss keinen bekannten Namen haben, um seine Kunstwerke ausstellen zu dürfen. Wer Talent hat, sollte das auch zeigen dürfen, egal welches Alter er oder sie hat.

Ortenau Journal: Welche Herausforderungen siehst du für junge Künstler in der Region?

Lilli: Ich finde hier ist auch ein besonders wichtiger Punkt, dass verschiedenste Künstler und Künstlerinnen natürlich auch verschiedenste Zielgruppen haben. Und so haben eben auch junge Künstler und Künstlerinnen eine eher junge Zielgruppe. Häufig stimmt das nicht mit den Interessen und Emotionen älterer Menschen überein. Themen wie Erwachsenwerden, Weltschmerz und Überforderung können hauptsächlich mit jungen Personen in Verbindung gebracht werden. Auch wird die Sexualität, die eigene Identität und Gesellschaftskritik thematisiert, was besonders in konservativeren Gegenden wie der Ortenau wenig Aufmerksamkeit erlangt.

Ortenau Journal: Inwiefern unterstützen dich deine Lehrer und Mitschüler im Kunst Leistungskurs?

Lilli: In meinem Kunst-Leistungskurs wird unser Interesse an gegenwärtiger und vergangener Kunst sehr gefördert. Alleine im Jahr 2024 sind wir auf den unterschiedlichsten Exkursionen gewesen. Paris, München, kein Weg war zu weit. Auch sonst ermöglicht uns das Hans-Furler-Gymnasium die Teilnahme an internationalen Wettbewerben, wie dem Europäischen Wettbewerb, in dem junge Künstler/innen von verschiedensten Schulen miteinander wetteifern können.

Ortenau Journal: Welche Rolle spielt Social Media für dich als Künstlerin?

Lilli: Noch spielt Social Media für mich keine große Rolle, obwohl ich auf jeden Fall plane, meinen öffentlichen Instagram-Account (@pastoserschmaus) auf Vordermann zu bringen. Ich denke, ein Social Media Account kann auf jeden Fall helfen, mehr Reichweite zu generieren, um eine möglichst hohe Zahl an Menschen zu erreichen. Neben der Reichweite können die sozialen Medien einem aber auch neue Kunst und Inspirationen bieten.

Ortenau Journal: Was sind deine zukünftigen Ziele oder Träume als Künstlerin?

Lilli: Ich wünsche mir für meine Zukunft, dass ich andere Menschen mit meiner Kunst und dadurch auch Kunst im Allgemeinen inspirieren kann. Ich erhoffe mir auch einen großen und vielfältigen. Austausch mit anderen Künstlern und Künstlerinnen.

Ortenau Journal: Inwiefern kannst du die Kunst in deinen Zukunftsplänen nach dem Abitur integrieren?

Lilli: Nach meinem Abitur möchte ich gerne eine Ausbildung zur Goldschmiedin machen, hierbei geht es allerdings weniger ums Malen selbst, sondern mehr ums handwerkliche Schaffen. Ich bin gespannt und freue mich darauf, eine neue Art der Kunst kennenzulernen und auch hier meine eigene Handschrift zu entwickeln.

Ortenau Journal: Wie wichtig ist dir der Austausch mit anderen Künstlern?

Lilli: Ich denke, es ist für jede kunstschaffende Person eine Bereicherung, mit anderen Kunstrichtungen, Themen und Arbeitsweisen in Kontakt zu kommen. Meiner Meinung nach ist der Austausch mit anderen Künstler/innen essenziell, um sich weiterzuentwickeln.

Ortenau Journal: Welche Botschaft möchtest du mit deiner Kunst vermitteln?

Lilli: Ich richte meine Kunst an die Menschen, die sie wertschätzen und sich mit ihrer Bedeutung auseinandersetzen möchten. Ich möchte auch Menschen zur Kunst motivieren, die sich selbst vielleicht weniger als künstlerisch begabt sehen, denn neben der meditativen Wirkung kann das künstlerische Schaffen helfen, Ängste, Hoffnungen und Ziele auszudrücken.

Ortenau Journal: Denkst du, Kunst kann gesellschaftlich etwas am Mindset der Menschen verändern?

Lilli: Auf jeden Fall, denn Kunst bringt uns dazu, über den Tellerrand hinauszublicken und neue Sichtweisen zu entdecken, die uns zu mehr kritischem Denken und offenen Dialogen anregen. Zudem inspiriert sie zur emotionalen und reflektierten Auseinandersetzung mit bestehenden Normen.

Ortenau Journal: Soll Kunst provozieren? Provozierst du absichtlich mit deiner Kunst?

Lilli: Ich persönlich provoziere sehr gerne in meiner Kunst. Kunst ist dazu da, uns selbst als Individuum, aber auch als Gesellschaft zu hinterfragen, um uns im besten Fall weiterzuentwickeln. Das eigene Hinterfragen trägt zu einem tieferen Verständnis der kulturellen und gesellschaftlichen Dynamik bei.

Ortenau Journal: Gibt es besondere Projekte oder Werke, auf die du besonders stolz bist?

Lilli: Was mich besonders stolz macht, ist, wenn ich einige meiner früheren Werke anschaue und sie mit aktuelleren vergleiche. Ich freue mich, zu sehen, wie sich mein individueller Stil weiter herausgearbeitet hat.

Ortenau Journal: Was würdest du anderen jungen Künstlern raten, die in der Kunstszene Fuß fassen möchten?

Lilli: Ich kann jungen Künstlern nur ans Herz legen, sich mit vollem Mut auf neue Techniken und Stile einzulassen. Das ist die einzige Möglichkeit, die eigene kreative Stimme zu finden. Und noch etwas ist mir ganz besonders wichtig: Baut euch ein starkes Netzwerk auf, lernt von anderen und unterstützt euch gegenseitig!

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