Im Dauerstreit um den Verkauf des Hotels „Obere Linde“ werden neue Informationen öffentlich. Offenbar sollte das Traditionshaus an die Koehler Group verkauft werden. In einer dem Ortenau Journal vorliegenden E-Mail an den Rechtsanwalt Thomas Oelmayer vom 7. September 2023 schreibt ein Notar: „Mir wurde am Anfang der Woche mitgeteilt, dass nunmehr ein Direktverkauf der Eheleute Dilger an die Firma Koehler erfolgen soll. Den Entwurf würde ich anhand der mir vorliegenden Daten anfertigen (…).“ Er forderte Oelmayer demnach auf, ihm eine Vollmacht der Eigentümerfamilie vorzulegen, dass dieser zu Verkaufsverhandlungen berechtigt sei. Eine solche Vollmacht gibt es jedoch nicht, wie Elisabeth Dilger gegenüber dem Ortenau Journal erklärt.
Dilger spricht von Abzocke
Auch zu der Frage nach dem Kaufpreis äußert sich der Notar: „Vom Gesamtkaufpreis von 3,5 Millionen Euro gehen drei Millionen an die LIGRUFA GmbH und 75.000 Euro an Sie direkt. Der Rest an die Eheleute Dilger.“ Letztere bezeichnet diesen im Raum stehenden Kaufpreis als Abzocke, wie sie in einer Pressemitteilung an das Ortenau Journal schreibt. Der damalige Investor Julian Schleutermann habe ihr außerdem kurz vor seinem Tod 2016 eindringlich geraten, nicht unter sechs Millionen Euro zu verkaufen. Auch sei es ihr schleierhaft, wieso Thomas Oelmayer eine Vermittlungsgebühr in Höhe von 75.000 Euro bekommen sollte, obwohl dieser überhaupt keine Vollmacht besitze.
Laut Elisabeth Dilger habe ihr die Stadt auch trotz Anfrage nie das von der Stadt Oberkirch bezahlte und angeforderte Gutachten gezeigt, weshalb sie den darin genannten Verkehrswert nicht kenne. „Wir gehen aber davon aus, dass dieses Gutachten nicht den tatsächlichen Wert des Hotels Obere Linde wiederspiegelte, sondern zu Gunsten der Stadt zu niedrig ausgefallen ist.“ Mit seinen öffentlich getätigten Äußerungen zur „bröckelnden Fassade“ (wir berichteten) wolle Gregor Bühler zudem den Preis drücken, um „irgendeinen für ihn günstigeren Deal“ zu erreichen. Laut Dilger sei die Bausubstanz „in einem sehr guten Zustand.“
Stellungnahme des Oberbürgermeisters
Und die öffentliche Drohung des Oberbürgermeisters, wonach er für 2025 die Zwangsvollstreckung erwarte, sei schlicht Rufmord. „Es ist eine Frechheit. Ich werde dazu ständig auf der Straße angesprochen: Ja kommt die denn? Habt ihr denn kein Geld mehr?“ Auf unsere Anfrage, ob es ein bereits laufendes Verfahren zur Zwangsversteigerung des Hotels gebe, ging Bühler in seiner Antwort vom 9. August 2024 nicht ein.
Auch zu der Frage, auf welcher Grundlage er öffentlich von einer beschädigten Bausubstanz („bröckelnde Fassade“) spreche, wollte Bühler keine Stellung beziehen. Genauso wenig zu etwaigen Gesprächen über einen Verkauf des Hotels an die Koehler Group oder eines im Raum stehendes Kaufangebots seinerseits an Thomas Oelmayer. „Meiner Aussage vom 31. Juli habe ich nichts hinzuzufügen. Ich kann nur wiederholen, dass sich die Stadt Oberkirch seit einem Jahr bemüht, eine tragfähige Konzeption zu finden, die eine zukunftsfähige und würdige Nachnutzung des stadtbildprägenden Gebäudes sicherstellt und dessen Bedeutung gerecht wird… Wenn wir uns im Klein-Klein verlieren, ist niemandem geholfen. Weitere Aussagen zu möglichen Dritten lehne ich entschieden ab.“
Unterlagen belegen Verkaufsabsicht an Koehler
Auch Thomas Oelmayer selbst ließ eine an ihn gestellte Anfrage unsererseits bezüglich einer etwaigen Verhandlungsvollmacht der Eheleute Dilger, seiner im Raum stehenden Honorarforderung über 75.000 Euro im Falle eines Verkaufs an die Koehler Group sowie die Frage nach einer angeblichen Zwangsversteigerung und Gesprächen mit OB Bühler unbeantwortet.
Dem Ortenau Journal liegt jedoch ein Schreiben von Gregor Bühler an die Kanzlei Oelmayer & Brenner Partnerschaft mbB vom 26. Mai 2023 vor, in dem er diesem anbietet, die „Obere Linde“ zum Preis von drei Millionen Euro zu erwerben. Darin heißt es: „Gerne sind wir bereit, sehr kurzfristig zu einem Vertragsabschluss zu kommen. Voraussetzung ist lediglich, dass die eingetragenen Grundpfandrechte vollständig gelöscht werden.“ Außerdem liegt dem Ortenau Journal ein Brief von Bühler an die Eheleute Dilger vor, in dem er den etwaigen Verkauf des Traditionshauses an die Koehler Group bestätigt: „Gerne biete ich Ihnen auch an, die vorgeschlagene Lösung mit der LIGRUFA und der Koehler Group als ihre Leistung zu verkaufen.“
Koehler dementiert
Elisabeth Dilger betont, dass ihr zu keinem Zeitpunkt ein offizielles Kaufangebot von Koehler vorlag. So ließ die Koehler Group selbst am 8. August 2024 auf unsere Anfrage hin über ihren Konzernsprecher Alexander Stöckle mitteilen, dass es keine Verkaufsverhandlungen von Koehler über das Objekt „Obere Linde“ gegeben habe, weder mit dem Oberbürgermeister noch mit Rechtsanwalt Oelmayer. Dementsprechend gebe es auch weder einen ausgehandelten Kaufpreis noch einen von Notar Sigwarth aufgesetzten Vertragsentwurf. Auch stehe das Unternehmen nicht in direktem Kontakt mit der Eigentümerfamilie.
Auch der ehemalige CDU-Fraktionsvorsitzende im Oberkircher Gemeinderat habe die Eigentümerin seinerzeit gedrängt, in einen Verkauf an Koehler einzuwilligen. „Der Vorschlag, die Obere Linde für 3,5 Millionen Euro abzuwickeln, ist der einzige Weg, dass ihr noch einen bestimmten Betrag bekommen könnt“, schrieb dieser in einer E-Mail an die Dilgers am 8. September 2023, die ebenfalls vorliegt. Ansonsten würde Schleutermann die Zwangsversteigerung beantragen. Insgesamt hätte dies laut Braun für die Dilgers persönlich erhebliche negative Folgen. „Nun meine dringende Bitte: Geht auf den Vorschlag von Dr. Schleutermann ein und nehmt den Notartermin wahr.“
Verwirrung um das Vorkaufsrecht
Elisabeth Dilger habe dies als Drohung verstanden, die sie sehr betroffen gemacht und verängstigt habe. Schließlich habe Schleutermann aufgrund der fehlenden Grundschuldbriefe überhaupt keine Möglichkeit, eine Zwangsversteigerung einzuleiten. „Aufgrund dieser Fakten sei die E-Mail von Michael Braun schon ein starkes Stück.“
Die Löschung der Grundschuldbriefe sei laut Dilger die Voraussetzung dafür, dass sie für das Hotel selbst mit ihrem bereits vorhandenen Interessenten den Verkauf in einem Vertrag fixieren könne. Desweiteren sei die Frage zu klären, ob die Stadt überhaupt noch im Besitz eines Vorkaufsrechts sei. Der Leiter der Stadtplanung, Ronald Keller, habe ihr bei einem Vororttermin am 6. September 2024 mitgeteilt, dass in einer nichtöffentlichen Sitzung des Gemeinderats die Auflösung des Sanierungsgebiets „Südliche Kernstadt“ sowie dessen Löschung im Grundbuch beschlossen worden sei.
Bühler erneuert Gesprächsangebot
Laut dem uns vorliegenden E-Mail-Verkehr bat die Eigentümerin Keller, ihr diesen Beschluss des Gemeinderats schriftliche zu bestätigen. Von dort hieß es am 27. September, der Sachverhalt werde intern überprüft und mit der Rathausspitze abgeklärt. In einem Telefonat am selben Tag habe ihr Keller dann mitgeteilt, dass er nicht mehr zuständig sei. Drei Tage später übermittelte die Pressesprecherin der Stadt, Denise Burkart, ein neuerliches persönliches Gesprächsangebot von OB Bühler an Elisabeth Dilger, „um ihre Fragen zu klären und mögliche Missverständnisse auszuräumen.“ Dafür sehe Dilger jedoch keine Basis, wie sie gegenüber dem Ortenau Journal erklärt. Das Vertrauen sei zerstört. Stattdessen bestehe sie auf eine schriftliche Antwort auf ihre Anfrage.
In einem weiteren Versuch, eine solche Antwort zu erhalten, wandte sich Dilger am 1. Oktober erneut an Ronald Keller. „Als Bürgerin der Stadt Oberkirch und Eigentümerin des Hotels „Obere Linde“, habe ich ein Recht darauf, Beschlüsse des Gemeinderats zeitnah zu erfahren.“ Die Antwort von Keller kam einen Tag später. Darin konstatiert er, dass eine bereits fertige Stellungnahmen von der Rathausspitze nicht freigegeben worden sei. Und weiter: „Das Sanierungsgebiet, in dessen Geltungsbereich sich die „Obere Linde“ mit dem Flurstück 172 und 172/3 befindet, ist zeitlich befristet und endet voraussichtlich 2025.“ Damit wäre dann auch das Vorkaufsrecht hinfällig.
Bedauern vom Rathauschef
Die Gemeindeordnung des Landes Baden-Württemberg scheint Dilger im Bezug auf die Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen Recht zu geben. Dort heißt es in §35, Absatz 2: „Nichtöffentlich darf nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern“ sowie „In nichtöffentlicher Sitzung nach Satz 2 gefasste Beschlüsse sind nach Wiederherstellung der Öffentlichkeit oder, wenn dies ungeeignet ist, in der nächsten öffentlichen Sitzung im Wortlaut bekannt zu geben, soweit nicht das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner entgegenstehen.“
In einer Antwort von vergangenem Montag auf eine neuerliche Anfrage des Ortenau Journal lässt Gregor Bühler durch die Pressestelle mitteilen, dass es einen Beschluss des Gemeinderats in nichtöffentlicher Sitzung nicht gegeben habe. Stattdessen erneuert der OB sein Gesprächsangebot: „Mit dem Ziel im persönlichen Dialog gemeinsam eine Lösung zu finden und Missverständnisse vorzubeugen, erhielt Frau Dilger Ende September ein Gesprächsangebot. Dass dieses Angebot wiederholt nicht angenommen und stattdessen der Weg zur Öffentlichkeit gewählt wurde, bedauern wir sehr, da mit einer öffentlichen Austragung niemandem geholfen ist. Nicht dem Gebäude und nicht den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt. Es ist eine Schande, dass ein solch bedeutendes und stadtbildprägendes Gebäude weiter ungenutzt bleibt. Daher hat das Gesprächsangebot gegenüber Frau Dilger nach wie vor Bestand. Ich bevorzuge miteinander und nicht übereinander zu reden. Aussagen und Stimmungsmache zu möglichen Dritten lehne ich entschieden ab.“
Offene Fragen
Offen bleibt die Frage, wieso Bühler eine schriftliche Stellungnahme von Ronald Keller an Elisabeth Dilger nicht freigibt, wenn es doch keinen Beschluss der Gemeinderats in nichtöffentlicher Sitzung gegeben hat. Auch die Frage, ob der Gläubiger Markus Schleutermann über einen Eintrag im Grundbuch verfügt, aufgrund dessen er auch nach dem Verlust der Grundschuldbriefe und deren erfolgter Kraftloserklärung die Zwangsversteigerung der „Oberen Linde“ verfügen kann, wird sich früher oder später klären. Die Kraftloserklärung der verlorenen Grundschuldbriefe erfolgt am 8. November 2024.
Laut Elisabeth Dilger gebe es einen solchen Grundbucheintrag nicht. In einem Zeitungsbericht der Acher Rench Zeitung vom 31. Juli 2024 wird sie mit der Aussage zitiert, dass es auch keine Kontoauszüge mit Geldzahlungen an sie gebe. Auch der Aufforderung, Nachweise für die Zahlungen zu erbringen, sei Schleutermann nicht nachgekommen. Grundbucheinträge könnten sowieso nur vom Eigentümer vorgenommen werden. Für Schleutermann hingegen sind die Grundbucheinträge maßgebend, die in dieser Hinsicht klar seien, wie er in einem weiteren Zeitungsbericht behauptet. Zudem würden Verträge existieren.
Baldige Lösung in Sicht?
Wenn die schriftliche Aussage von Ronald Keller zutrifft, wonach das Sanierungsgebiet 2025 endet und die Aussage von Elisbeth Dilger ebenfalls zutrifft, wonach die Kraftloserklärung der Grundschuldbriefe durch das Amtsgericht Oberkirch die Voraussetzung für einen Verkauf des traditionsreichen Hotels sei, stünde einem dementsprechenden Vorhaben der Eigentümerfamilie ja bald nichts mehr im Wege. Dann würde sich auch der geäußerte Wunsch des Oberbürgermeisters und eigentlich aller Beteiligten, dass schnellstmöglichst eine Lösung gefunden werde, bald erfüllen können. Eine einvernehmliche Lösung ist vorerst allerdings nicht zu erwarten. Elisabeth Dilger habe das Gesprächsangebot Bühlers deshalb erneut zurückgewiesen, weil dieser sie sonst im persönlichen Gespräch über den Tisch ziehen würde, wie sie dem Ortenau Journal gegenüber auf Nachfrage erläutert. Und dies würde dann wieder nirgends schriftlich festgehalten sein.
Zuletzt hatte die Eigentümerin in einem Brief an Gregor Bühler am 15. Oktober noch darauf hingewiesen, dass ihr als eingetragene GbR im Falle eines Verkaufs des Hotels an die Koehler Group für 3,5 Millionen Euro ein buchhalterischer Gewinn von 1,6 Millionen Euro entstünde, der eine Steuerlast von 800.000 Euro zur Folge hätte. Nach Abzug der 500.000 Euro, die ihr die LIGRUFA erlassen wolle, blieben 300.000 Euro übrig. Dies wiederum hätte eine sofortige Insolvenz zur Folge und sei der Grund, wieso sie auf dieses Angebot ohnehin nicht hätte eingehen können. Dilger: „Wir werden weiterhin mit möglichen Investoren Gespräche führen, um die tatsächlich beste Lösung für uns zu finden und werden die umsichgreifende Geldgier hier in Oberkirch sicherlich nicht unterstützen.“
Wolfgang Huber
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