Von Wolfgang Huber
Viel wurde in den vergangenen Jahren über die Rückständigkeit Deutschlands bei der Digitalisierung diskutiert. Insbesondere die Schulen müssten auf einen international wettbewerbsfähigen Stand gebracht werden, um den Nachwuchs auf die Herausforderungen einer digitalen und nun auch zunehmend von Künstlicher Intelligenz (KI) vorzubereiten und bei der Bildung nicht den Anschluss an die Weltspitze in Fernost gänzlich aus den Augen zu verlieren. Nicht zuletzt die deutsche Wirtschaft braucht dringend neue Talente, um ihrerseits international anschlussfähig zu bleiben.
Hohe Motivation bei Schülern
An der Motivation der Schülerschaft mangelt es in dem Zusammenhang nicht. Laut der Studie „ICILS 2023“ der Universität Paderborn, die im November 2024 veröffentlicht wurde, sind 90 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Deutschland hochmotiviert, mit digitalen Medien zu lernen. Für Deutschland würden laut den Studienmachern die nun vorgelegten Ergebnisse zeigen, dass sich die technologische Ausstattung in den Schulen in Deutschland deutlich weiterentwickelt hat, wenngleich nun Maßnahmen zur Modernisierung eingefordert werden. Weiterhin zeige die Studie, dass für 70 Prozent der Lehrkräfte das Unterrichten mit digitalen Medien selbstverständlich geworden sei.
Doch Ausruhen wollen sich Bund und Länder auf den Fortschritten nicht. Nötig sind neue Geräte, bessere Lernangebote und digitale Kompetenzen. So haben sich Bund und Länder haben am 13. Dezember 2024 auf den Digitalpakt 2.0 geeinigt. Dieser gilt sechs Jahre und soll die digitale Bildung und die Digitalisierung weiter entscheidend vorantreiben. Vorgesehen sind Investitionen von 5 Milliarden Euro, die je zur Hälfte von Land und Bund getragen werden. Mit dem Digitalpakt 2.0 soll an den DigitalPakt angeknüpft werden, der von 2019 bis 2024 galt.
Landesprogramm „Digitale Schule“
Fast eine Milliarde investierten Bund und Land bis 2024 in Ausstattung und digitale Infrastruktur der Schulen. Das Land Baden-Württemberg hat zusätzlich 2023 das Innovationsprogramm „Digitale Schule“ beschlossen, wodurch das Land bis 2026 pro Jahr vier Millionen Euro investieren will, also insgesamt 16 Millionen Euro. Als Handlungsfelder wurden die Infrastruktur und Ausstattung der Schulen, Aus-, Fort- und Weiterbildung, Lernen und Lehren sowie Prozesse und Organisation ausgemacht.
Doch wie stellt sich die Situation in der Ortenau dar? Erst Ende 2024 hatte der Ortenaukreis den Anschluss von insgesamt 13 Schulen in Lahr, darunter sieben städtische und sechs Kreisschulen an das leistungsstarke Glasfasernetz verkündet. Diese würden nun über Downloadgeschwindigkeiten von bis zu 4000 Megabit pro Sekunde verfügen. Elf Lahrer Schulen verfügten demnach über einen direkten Glasfaseranschluss, während zwei weitere Schulen über die Infrastruktur der Brüder-Grimm-Schule mitversorgt werden.
„Mit KI-Lösungen arbeiten“
Lehrer des Scheffel-Gymnasiums gaben damals einen praktischen Einblick in die neuen Möglichkeiten, die sich durch den Anschluss an das Turbo-Internet ergeben. „Alle Schülerinnen und Schüler ab der 10. Klasse werden bei uns mit einem schuleigenen Tablet ausgestattet. Unsere Schülerinnen und Schüler arbeiten auch mit KI-Lösungen oder betreiben Recherchen übers Internet. Da entsteht ein Volumen an Netzwerk-Traffic, das mit der bisherigen Internetverbindung kaum noch zu bewältigen war. Nun funktioniert all das reibungslos“, wurde Philipp Freykowski, stellvertretender Schulleiter des Scheffel-Gymnasiums, zitiert.
„Schnelles und zuverlässiges Internet ist heute eine unverzichtbare Grundlage für modernes Lernen. Es eröffnet Schulen zahlreiche digitale Möglichkeiten – sei es für innovativen Unterricht, reibungslose Kommunikation oder effiziente Schulverwaltung“, betonte Landrat Thorsten Erny bei einer Pressekonferenz im Scheffel-Gymnasium Lahr. Gleichwohl wurde das Erreichte nur als Etappenziel verstanden.
Millioneninvestitionen in Offenburg
Auch in Offenburg hat sich mittlerweile einiges getan. So wurden in den vergangenen fünf Jahren rund sechs Millionen Euro in die digitale Ausstattung der 20 Schulen in der Stadt investiert, wie das Portal Baden Online berichtete. Das Land sei mit drei Millionen Euro an den Investitionen beteiligt. Für jeweils zwei Schüler stehe ein digitales Endgerät zur Verfügung, beispielsweise ein Tablet. Bis 2030 sollen laut dem Bericht weitere 5,2 Millionen Euro in die Digitalisierung fließen. Aufgrund des neuen Digitalpakts hoffe die Stadt auf weitere 2,7 Millionen Euro in den kommenden fünf Jahren.
Bereits 19 von 20 Schulen unter städtischer Trägerschaft würden laut Stadt aktuell über eine sehr gute Datenversorgungsrate verfügen. Es sei geplant bis 2026 in Kooperation mit der Telekom sowie der Deutschen Glasfaser sämtliche Schulen einen Glasfaseranschluss zu bieten. In den vergangenen Monaten seien dem Bericht zufolge sämtliche Unterrichtsräume mit digitaler Präsentationstechnik ausgestattet worden. Auch das W-Lan-Netz sei an den Schulen flächendeckend ausgebaut worden. Zudem stünden den Schulen aktuell 3000 mobile Endgeräte zur Verfügung. 1200 Tablets für Schüler sollen in den nächsten Monaten laut Gemeinderatsbeschluss neu beschafft werden.
Kehl investiert 2025 weitere neun Millionen Euro
Auch das Thema Sicherheit und Datenschutz habe die Stadt Offenburg nicht vergessen, die Technik und Software der Verwaltung sowie der Schulleitung werde in diesem Zusammenhang zentralisiert. Angestrebt werde dabei die Nutzung der Schulplattform-Lösung mit I-Serv, welches auch sichere Kommunikation mit Schülern, Eltern und Lehrkräften sowie sichere Videokonferenzen ermögliche. Verstärkt werden soll die Auseinandersetzung mit dem Thema KI.
Die Stadt Kehl zeigte bereits in den vergangenen Jahren, wie man den Lehrern und Schülern Respekt und Wertschätzung entgegenbringt, in dem eine optimale Lernumgebung geschaffen wurde und wird. 2018 hatte der Gemeinderat einstimmig ein millionenschweres Schulsanierungs- und Digitalisierungsprogramm beschlossen (wir berichteten). Das Ziel: Alle 13 Kehler Schulen aller Schularten zu modernisieren und auf den neuesten Stand zu bringen. Die Arbeiten haben 2019 begonnen und nach fünf Jahren waren 9 der 13 Schulen fertig, bei den restlichen sollen bis spätestens Ende 2025 alle Arbeiten abgeschlossen sein. Bis September 2024 hatte das Mammutprojekt 22 Millionen Euro gekostet, von denen 30 Prozent das Land Baden-Württemberg übernommen hatte. Für die noch ausstehenden Maßnahmen sind Investitionen in Höhe von weiteren neun Millionen Euro erforderlich, die die Stadt Kehl komplett selbst tragen muss.
„Wir stehen schon gut da“
„In allen Schulen wurden oder werden digitale Tafeln installiert, alle Schulen flächendeckend W-LAN. Außerdem werden alle Serveranlagen überholt. Alles ist auf dem neuesten Stand“, sagt Michael Heitzmann, Leiter des städtischen Gebäudemanagements in Kehl auf Anfrage des „Ortenau Journal“ im September 2024. Doch das ist nicht alles: Im Zuge des Digitalpaktes Schule erhalten alle Häuser zahlreiche Medienwagen mit je 28 Notebooks oder iPads. Heitzmann ist der maßgebliche Verantwortliche für das erfolgreiche Großprojekt seitens der Stadt. „Ich würde nicht behaupten, dass wir ein Vorreiter in Sachen Schulsanierung und Digitalisierung sind“, sagt Heitzmann auf Nachfrage. „Aber wir stehen schon gut da.“
Auch in Oberkirch wird die Digitalisierung vorangetrieben. So erhielt das Hans-Furler-Gymnasium als eine von 58 Schulen aus Baden-Württemberg den Titel “Digitale Schule”. Das HFG trage außerdem seit 2014 den Titel „MINT-freundliche Schule“. Unter anderem habe die schulische Konzeption der Einbindung von Informatik in den Unterricht überzeugen können, wie es auf der Website der Schule heißt. Nicht nur das Profilfach IMP sei mittlerweile am HFG etabliert, auch Informatik werde in der Kursstufe auf Basis- und Leistungsfachniveau unterrichtet und nicht zuletzt erreicht auch die Robotik-AGs immer wieder internationale Erfolge im Bereich der Lego-Robotik-Wettbewerbe.
Bedeutung der MINT-Fächer
Dabei kann die Bedeutung der Digitalisierungsoffensive für die Zukunft des Standorts Deutschland nicht hoch genug gehandelt werden. „Die große Mint-Fachkräftelücke wird zunehmend zum Standortrisiko und zur Wachstumsbremse. Vor allem wird ohne MINT-Know-how die digitale und klimaneutrale Transformation nicht gelingen. Wir müssen also alle Potenziale nutzen und jedes Talent fördern, damit wir diese Lücke im Wettlauf mit der demografischen Entwicklung verkleinern können“, erklärte Stefan Küpper vom Arbeitgeberverbands Südwestmetall bei der Verleihung des Titels „MINT-freundliche Schule“ in Stuttgart. Staatssekretärin Sandra Boser versprach: „Wir stellen die Weichen im Bildungssystem neu.“ Auch die Kompetenzen im Bereich Informatik/Künstliche Intelligenz und Medienbildung würden in einem eigenen Schulfach für alle Schüler verankert.
Das Hans-Furler-Gymnasium in Oberkirch steht in Sachen Digitalisierung offenbar sehr gut da, hieß es bereits vor drei Jahren. So standen lauf Raphael Blessing, Mitglied der Schulleitung und Abteilungsleiter Medien und Naturwissenschaften am HFG, seit Sommer 2021 flächendeckendes WLAN in allen Klassenräumen sowie ein nagelneuer Server für 10.000 Euro zur Verfügung. Eine 1GB-Glasfaserleitung der Telekom habe es schon vorher gegeben.
Eigenes IT-Profil
Die Schüler konnte damals zudem auf 5 iPad-Wagen mit jeweils 30 Geräten zurückgreifen. Auch nahezu alle Lehrkräfte waren schon mit insgesamt 60 iPads für den Unterricht ausgestattet. „Aus dem Digitalpakt wurden 30 Schüler-Notebooks sowie 35 Lehrer-Notebooks angeschafft“, sagte Blessing damals. Außerdem gebe es in allen Klassenzimmern Apple-TV als digitale Tafeln sowie insgesamt 40 Desktop-PCs. Als Software stehe MS 365 mit MS Teams zur Verfügung.
Das Hans-Furler-Gymnasium verfügt über ein eigenes IT-Profil. So können die Schüler ab der 5. Klasse zentrale IT-Kompetenzen erwerben. Ab der 7. Klasse gibt es den Aufbaukurs Informatik mit Inhalten wie Programmierung und Kryptografie (Verschlüsselung) und in den Klassen 8 bis 10 kann das Verbundfach Informatik-Mathematik-Physik (IMP) als Kern- und Profilfach gewählt werden. Danach kann Informatik als Leistungsfach gewählt werden. Außerdem gibt es eine Technik AG, eine Informatik AG und eine Robotik AG.
Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit
Auch was die Schulsanierung betrifft, ging Oberkirch voran. So wurde im November 2024 nach drei Jahren Umbauzeit und einer Investition der Stadt von 31,8 Millionen Euro das „neue“ Hans-Furler-Gymnasium eingeweiht. 3,5 Millionen Euro Zuschuss kamen vom Bund, weitere 5,5 Millionen Euro vom Land.
In Lahr hob der OB Markus Ibert im Zusammenhang mit dem Anschluss der 13 Lahrer Schulen die besondere Bedeutung dieses Projekts für die Stadt hervor: „Es geht dabei nicht nur um schnelleres Internet, sondern auch um die Möglichkeit, digitale Lernangebote nachhaltig in den Schulalltag zu integrieren. Das schafft moderne Rahmenbedingungen für die Lehrkräfte und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit unserer Schülerinnen und Schüler.“
Internationaler Zug noch nicht abgefahren
Auch Oberkirchs OB Gregor Bühler hatte den entscheidenden Punkt erkannt: „Jeder Euro wurde gut investiert. Entstanden ist eine Schule, in der Lernen einfach Spaß machen muss“, sagte er bei der Einweihung. Was im Berufsleben gilt, gilt auch bereits im Schulalter. Wenn sich Schüler von ihrem Staat, dem Land, der Stadt und den Lehrkräften wertgeschätzt fühlen, können sie hervorragende Leistungen zeigen.
Wertschätzung drückt sich unter anderem in ordentlichen, modernen und zukunftsfähigen Räumlichkeiten inklusive sauberer Toiletten bis hin zu einer zeitgemäßen digitalen Ausstattung ihrer Lernumgebung aus. Immerhin verbringt der Nachwuchs viel Zeit in den Schulen und Lehranstalten. In dieser Hinsicht hat sich in den großen Kreisstädten in der jüngsten Vergangenheit einiges getan. Vielleicht bekommt Deutschland ja gerade noch rechtzeitig die Kurve, bevor der Zug in Richtung Digitalisierung, KI, Robotik & Co, kurz: in die Zukunft, international abgefahren ist.
Foto: Moderne Lernumgebung: Das neue pädagogische Zentrum des Hans-Furler-Gymnasiums erstrahlt lichtdurchflutet und in hellen, frischen Tönen.
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