Von Wolfgang Huber
Seit der Bundestagswahl 2021 vertritt Martin Gassner-Herz den Wahlkreis Offenburg für die Ortenauer FDP. Nach dem unrühmlichen Ende der Ampel-Regierung geben jedoch viele Wähler der FDP um Christian Lindner die Schuld für das Scheitern. Bei dem nun im Februar 2025 anstehenden Urnengang könnte das Ergebnis der Freien Demokraten bundesweit deutlich schlechter ausfallen, sofern sie überhaupt den Sprung über die Fünfprozenthürde schaffen. Damit steht auch die Wiederwahl von Gassner-Herz in den Bundestag auf wackligen Beinen.
„Anständiger streiten“
„Ich bin dafür, dass wir die Probleme gelöst bekommen. Das ist die Aufgabe der Bundesregierung. Und wenn das gelingt, dann besteht die Ampel fort“, sagte der Schutterwälder noch wenige Tage vor dem Ende der Koalition im Interview mit dem Ortenau Journal. Schon zum damaligen Zeitpunkt ahnte der Familienpolitiker, dass der Umgangston in der Regierung ein Problem darstellen könnte: „Es geht halt auch um was. Wir erleben schwierige Zeiten, sowohl weltpolitisch, als auch wirtschaftspolitisch. Unsere Demokratie steht unter Druck. Da muss man hart in der Sache miteinander ringen. Allerdings würde ich mir manchmal wünschen, dass man anständiger miteinander streitet.“
Doch genau die Art und Weise des von der FDP-Führung um Christian Lindner provozierten Ampel-Aus’ könnte sich immer mehr als Fehler erweisen. Nicht zuletzt durch das Bekanntwerden des Strategiepapiers mit dem Arbeitstitel „D-Day“, in dem Medienberichten zufolge minutiös das Drehbuch für den Rauswurf der FDP-Minister aus der Regierung durch Kanzler Olaf Scholz vorbereitet wurde, schafften die Liberalen bislang nicht die erhoffte Trendwende beim Wähler. Zumindest lassen Umfragen diesen Schluss zu. Denn da dümpelt die FDP bis Ende Dezember durchgehend bei drei bis vier Prozent und würde demnach komplett aus dem Bundestag fliegen.
Frage der politischen Kultur
Das Vertrauen in wichtige Eigenschaften wie Glaubwürdigkeit und Kompromissfähigkeit sah beispielsweise auch die Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele bei Lindner und den Liberalen als beschädigt an, wie sie gegenüber zdfheute (Online-Ausgabe des ZDF) anmerkte. „Die Situation für die FDP insgesamt ist deshalb gefährlich“, wird sie in dem Bericht zitiert. Dass die Partei mit Begriffen wie „D-Day“, „Torpedo“ und „Feldschlacht“ gearbeitet habe, habe den Liberalen weiteren Schaden zugefügt. Es sei laut Römmele auch eine Frage der politischen Kultur und des Miteinanders.
Doch wie wirkt sich das nun auf die Wahlchancen von Martin Gassner-Herz aus? Bei der Landesvertreterversammlung der FDP-Baden-Württemberg Ende November wurde der 39-Jährige von den insgesamt 400 Delegierten auf Platz 10 der Landesliste gewählt. Bei der Bundestagswahl 2021 reichte ihm bei 10,8 Prozent für die FDP im Wahlkreis Offenburg der 16. Listenplatz für Abgeordnetenmandat. Damit lag er jedoch bereits unter dem Gesamtergebnis der Partei von 11,5 Prozent. Legt man nun die aktuellen Umfrageergebnisse der FDP zugrunde, dürfte es für Gassner-Herz schwierig werden mit der Wiederwahl.
Gegenpol zu Dirk Flacke
Inhaltlich setzt der FDP-Mann im Wahlkampf vor allem auf eine Reform der Sozialsysteme sowie die strikte Beibehaltung der Schuldenbremse. „Ein Riesenschwerpunkt wird sein, dass wir Reformen brauchen bei allen sozialen Sicherungssystemen. Der Reformdruck ist enorm und seit der Agenda 2010 wurde da nichts mehr angefasst. Wir geben im Bereich Soziales unglaublich viel Geld aus und sind trotzdem in vielen Bereichen nicht so leistungsfähig, wie wir es sein sollten. Es wird viel Mühe und Anstrengung kosten, dass wir mit weniger Geld einen besseren, zielgenaueren Sozialstaat hinbekommen. Die Probleme der Leute müssen unkomplizierter gelöst werden.“ Beide Punkte dürften dann wohl auf Mittelkürzungen im Sozialbereich hinauslaufen.
Damit bildet Gassner-Herz einen Gegenpol zum Wahlkreis-Konkurrenten Dirk Flacke. Der SPD-Kandidat setzt als Gewerkschafter und Betriebsrat voll auf die Stärkung des Sozialstaats und die Arbeitnehmerrechte. Auch beim Thema Schuldenbremse wird es bei der Wahl am 23. Februar 2025 eine Richtungsentscheidung geben. „Die Einhaltung der Schuldenbremse ist ja kein Privatanliegen der FDP. Wir wollen uns ans Grundgesetz halten. Und in diesem Rahmen geben wir Rekordsummen für Investitionen aus. Die These, dass wir das Land kaputt sparen, teile ich nicht“, sagte er Anfang November ebenfalls gegenüber dem Ortenau Journal. Als Familienpolitiker verhandelte Martin Gassner-Herz in der Ampel-Zeit zudem insbesondere die Kindergrundsicherung für die Liberalen.
Offener Wahlausgang
Auch Eileen Lerche, die sich als Kandidatin für den Wahlkreis 283 Emmendingen-Lahr bewirbt, konnte mit dem fünften Platz im Sammelwahlgang ab Platz 20 auf der Landesliste ein hervorragendes Ergebnis verbuchen, wie die FDP Ortenau auf ihrer Website schreibt. Marc Hohensee für den Wahlkreis Schwarzwald-Baar steht auf Platz 18.
Die Entscheidung, welche der Kandidaten und Kandidatinnen der verschiedenen Parteien die Ortenau in der kommenden Legislaturperiode im Deutschen Bundestag vertreten werden, ist noch völlig offen und verspricht Spannung bis zum Wahlabend. Das meiste hängt ohnehin vom Bundestrend ab. Und bis zum 23. Februar kann es noch einige Entwicklungen und Wendungen geben, wie man schon 2021 sehen konnte, als die SPD einen großen Rückstand auf die CDU aufholte.
Foto: Martin Gassner-Herz am Rednerpult bei der Landesvertreterversammlung der FDP Baden-Württemberg Ende November.
Siehe auch:
CDU-Kandidat Johannes Rothenberger will sich für Sozialwohnungsbau einsetzen
Dirk Flacke (SPD): „Steuergelder müssen wieder den Bürgern zugute kommen“
Ann-Margret Amui-Vedel: „Wertschätzung für das Ehrenamt ist mir sehr wichtig“
AfD stellt Taras Maygutiak für den Bundestagswahlkreis Offenburg auf
Ödsbacher Straße 6
77704 Oberkirch
Telefon: +49 7802 916 99 43
E-Mail: info@brandmediaberlin.de
Ödsbacher Straße 6
77704 Oberkirch
Telefon: +49 7802 916 99 43
E-Mail: info@brandmediaberlin.de
2024 | Ortenau Journal – Das Nachrichtenportal für die Ortenau