Interview: Wolfgang Huber
Durch seinen Beruf als Lokführer sowie als Betriebsrat und Gewerkschafter ist es Dirk Flacke gewöhnt, die Richtung vorzugeben. Nun steuert der SPD-Kandidat einen Sieg im Wahlkreis Offenburg an, um in den Bundestag einzuziehen. Die Chancen dafür, so ist er überzeugt, stehen dafür historisch gut, wie er im Interview mit dem Ortenau Journal erklärt. Das dürfte jedoch ein hartes Stück Arbeit sein. Denn die CDU mit Johannes Rothenberger denkt sicher nicht daran, den Wahlkreis abzugeben und mit Ann-Margret Amui-Vedel (Grüne) hat er ebenfalls starke Konkurrenz. In dem Gespräch beschreibt er auch, wieso er in der traditionellen SPD-Zielgruppe, den Arbeitern, der AfD das Leben schwer machen kann und wo er die wirtschaftspolitischen Prioritäten setzt.
Ortenau Journal: Der Bruch der Ampel hatte sich ja schon länger angekündigt. Zu welchem Zeitpunkt wurden sie nach ihrer Bereitschaft gefragt, die Bundestagskandidatur für den Wahlkreis Offenburg zu übernehmen?
Dirk Flacke: Nach dem Sommer hat mich die SPD gefragt, ob ich mir vorstellen kann, hier zu kandidieren. Ich hab sofort zugesagt. Da musste ich nicht lange überlegen.
Ortenau Journal: Nach dem Ende der Ära Wolfgang Schäuble wird der Wahlkreis Offenburg neu vergeben. Bereits bei der Kreiskonferenz im September hat die SPD Ortenau das Ziel ausgegeben, den Wahlkreis gewinnen zu wollen. Dabei hat die CDU ja immer noch die mit Abstand breiteste Wählerbasis in der Region. Woher nehmen sie die Zuversicht, dennoch vor Johannes Rothenberger landen zu können?
Dirk Flacke: Bei den vergangenen Wahlen hat die CDU kontinuierlich an Stimmen verloren. Und Herr Rothenberger ist ja ebenfalls kein erfahrener Politiker und hat sich in der Vergangenheit auch noch nicht profilieren können. Zum anderen haben wir soziale Themen auf der Agenda, die gerade hier im Wahlkreis sehr wichtig sind. Das sind die Themen, die den Leuten hier unter den Nägeln brennen, sei es das Thema Miete oder bezahlbares Wohnen. Auch der öffentliche Personennahverkehr ist ein solches Thema. Und dann geht es zunehmend wieder um faire und gerechte Löhne. Da ist mir die CDU in den vergangenen Jahren einfach viel zu blass gewesen. Und damit haben wir durchaus eine Chance, beim Wähler zu punkten.
Ortenau Journal: Nur mit Arbeits- und Sozialpolitik werden sie den Wahlkreis kaum gewinnen können. Auch die Wirtschaft in der Ortenau befindet sich in einer tiefen strukturellen Krise. Wie wollen sie die regionalen Unternehmen im Falle ihrer Wahl hier vor Ort unterstützen?
Dirk Flacke: Das Wichtigste in Deutschland ist zurzeit bezahlbare Energie. An dem Thema ist die SPD dran: Wir wollen einen Industriestrompreis von drei Cent, damit die Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft wieder erreicht wird. Und natürlich muss sich die Industrie auch transformieren, das unterstützen wir. Der Umbau der Unternehmen zu grüner Technologie wird nicht anders als mit finanzieller Unterstützung durch den Staat gelingen. Wir sehen das gerade in der Stahlbranche, wir haben ja mit den Badischen Stahlwerken einen Stahlproduzenten direkt im Wahlkreis: Die kämpfen mit den Strompreisen. Grüner Wasserstoff und erneuerbare Energien sind wichtige Bausteine, um die Unternehmen hier in Deutschland halten zu können. Wenn das nicht gelingt, werden wir in ein paar Jahren keine Industrie mehr haben. Viele Menschen hier arbeiten auch in der Automobilindustrie. Gerade die Zulieferer leiden unter den Problemen, die die großen Hersteller verursacht haben. Den Umstieg auf Elektromobilität, Erneuerbare Energien und Wasserstofftechnik haben die komplett verschlafen. Das fällt jetzt allen auf die Füße. Der Staat kann mit steuerlichen Mitteln oder Gesetzen dafür sorgen, dass das schneller geht. Und nicht zuletzt müssen wir Bürokratie abbauen. Das sind seit Jahrzehnten große Hürden aufgebaut worden. Das muss wieder auf ein vernünftiges Maß zurückgeführt werden.
Ortenau Journal: Sie sind ausgebildeter Lokführer, Gewerkschafter und Betriebsrat. Insofern passen sie ja voll und ganz zur Strategie der SPD, auf die Sozial- und Arbeitspolitik zu setzen. Aber inzwischen tendieren ja viele Arbeiter zur AfD. Glauben Sie, mit der Rückbesinnung auf diese Klassiker bei der Arbeiterschaft Boden gut machen zu können und der AfD dort das Feld streitig machen zu können?
Dirk Flacke: Erstmal muss man ganz klar sagen: Die AfD tut nichts für die Arbeiter. Das AfD-Wahlprogramm ist etwas weichgespült worden durch Frau Weidel. Bei der Europawahl standen im AfD-Programm noch ganz andere Sätze drin. Zum Beispiel das Wort Remigration oder dass man die Rente kürzen wollte. Und da gibt es noch viele andere Beispiele. Die Sozialdemokratie ist schon immer die Partei gewesen, die Arbeitnehmer gestärkt und vor allem auch die Gewerkschaften unterstützt hat. Die AfD macht genau das Gegenteil. Sie will die Gewerkschaften schwächen und deren Rechte einschränken. Aber wenn wir am Ende keine Tarifverträge mehr haben, stellt sich die Frage, wo das Geld herkommen soll, um das Land voranzubringen. Lohnsteuern bilden die Basis der Steuereinnahmen und dafür brauchen wir gute Löhne. Die Strategie der AfD, mit einfachen Antworten auf komplexe Fragen zu reagieren, ist für mich nicht zielführend. Doch der Populismus verfängt. Wir wollen die Leute wieder zurückholen.
Ortenau Journal: Als Lokführer sind sie es gewohnt, Verantwortung zu übernehmen und am Steuer zu sitzen. Inwiefern würden ihnen diese Eigenschaften im Haifischbecken Berlin zu Gute kommen?
Dirk Flacke: Ich habe im Schicht- und Wechseldienst gearbeitet, das ist schon sehr herausfordernd. Als Lokführer hat man die Verantwortung für millionenschwere Güter, die auf dem Zug liegen und man weiß: Bei Gefahrgütern kann es zur Katastrophe kommen, wenn man einen Fehler macht. Wir haben genug schwierige Situationen in den letzten Jahrzehnten erlebt. Jeder Kollege und jede Kollegin, die jeden Tag da draußen unterwegs sind, wissen, welche Verantwortung sie haben. Und das kann man natürlich auf die Politik übertragen. Mit den Entscheidungen, die dort getroffen werden, beeinflussen wir das Schicksal von Millionen Menschen. Steuergelder müssen wieder zielgerichtet den Bürgerinnen und Bürgern zugutekommen, egal, in welcher Form. Ob wir damit die Preise oder die Infrastruktur verbessern – die eingestürzte Brücke in Dresden war ein mahnendes Beispiel. Da müssen wir extrem viel tun. Oder der ÖPNV: Das Geld ist dort gut investiert, etwa beim Deutschlandticket. Das wird gefördert mit Steuergeldern, dafür hat sich die SPD vorn herein eingesetzt. Das Deutschlandticket ist ein Erfolgsmodell, das von den Steuerzahlern gewünscht und auch genutzt wird. Wir führen das weiter.
Siehe auch:
CDU-Kandidat Johannes Rothenberger will sich für Sozialwohnungsbau einsetzen
Ann-Margret Amui-Vedel: Neue Kandidatin der Grünen für den Wahlkreis Offenburg
Rothenberger (CDU): „Bei Neuwahlen werden wir unserer Verantwortung gerecht werden“
Saskia Ganter: „Wenn die SPD Ortenau eines kann, dann definitiv Wahlkampf“
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