Stadtentwicklung

Hukla-Areal: In Gengenbach hat bezahlbares Wohnen offenbar keine Lobby

Hukla-Areal
© Stadt Gengenbach
Auf dem ehemaligen Hukla-Areal in Gengenbach soll ein neuer Stadtteil mit gemischt genutzter Bebauung entstehen. So sollen neben Gewerbebetrieben auch 500 Wohnungen gebaut werden. Ob dabei Auflagen für den Bau von Sozialwohnungen gemacht werden, ist laut der Stadt noch nicht entschieden. Offenbar gibt es dafür bislang noch keine Überlegungen: Die Antwort auf eine Anfrage blieb sehr vage. Dabei ist preisgünstiges Wohnen auch eine Standortfrage.

Für immer mehr Menschen sei es schwierig, eine Wohnung, geschweige denn eine bezahlbare Wohnung zu finden. Die hohen Wohnkosten brächten immer mehr Haushalte in eine prekäre wirtschaftliche Situation, erklärte im Juli Rolf Gaßmann, Landesvorsitzender des Deutschen Mieterbundes Baden-Württemberg auf dem Mietertag im Europa-Park Rust. „Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den Erhalt unserer Demokratie ist es unerlässlich, dass Wohnen bezahlbar ist.“

Wohnungen als Standortfaktor

Und Reinhard Wünsch, Vorsitzender des Mietervereins Offenburg-Lahr, verwies bereits im Mai auf die Verantwortung der Politik und insbesondere der Kommunen, für mehr bezahlbaren Wohnraum zu sorgen. „Die Bürgermeister der Ortenau haben sich zwar um eine starke Wirtschaft bemüht, aber zu wenig um genügend bezahlbaren Wohnraum“, so Wünsch. „Eine starke Wirtschaft zieht Arbeitskräfte an. Wohnungen sind ein Standortfaktor.“ Soll heißen: Ohne ausreichend bezahlbaren Wohnraum werden es die Ortenauer Arbeitgeber nicht schaffen, genügend der dringend benötigten Fach- und Arbeitskräfte in die Region zu locken. Auch viele der einheimischen Ortenauer haben Bedarf.

Doch der Ablauf der Sozialbindung lässt die Zahl der Sozialwohnungen seit Jahren weiter sinken. Unrühmlicher Spitzenreiter sei hier Baden-Württemberg, wo laut dem deutschen Mieterbund alleine 206.000 Sozialwohnungen fehlen. Gleichzeitig steigen die Mieten immer weiter an. Es wird davon ausgegangen, dass die Wohnkosten beim sozialen Wohnungsbau 30 Prozent des Haushaltseinkommens nicht überschreiten sollen. Doch das trifft bei immer mehr Haushalten nicht mehr zu. Nach Zahlen des Statistischen Landesamtes sind die Bestandsmieten im 2. Quartal 2024 um 4,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. Im Durchschnitt lag der Quadratmetermietpreis in 2022 bei 10,18 Euro.

Noch keine Auflagen

Der geplante Bau von 500 Wohnungen auf dem ehemaligen Hukla-Areal wäre eigentlich eine willkommene Gelegenheit für die Stadt Gengenbach, anhand von Auflagen einen bestimmten Anteil von Sozialwohnungen vorzuschreiben. Doch bislang hat das Thema dort niemand so richtig auf dem Schirm. Auf Anfrage des Ortenau Journals teilte Projektleiter Andreas Bruder mit: „In Zusammenarbeit mit dem Planungsbüro Baldauf aus Stuttgart wird das Vermarktungskonzept für das Hukla Areal erarbeitet und ist dann vom Gemeinderat zu beschließen. Hierbei ist die Frage, ob und in welchem Umfang auf dem Areal Auflagen hinsichtlich bezahlbarem Wohnraum bzw. Sozialwohnungen festgesetzt werden noch nicht entschieden.“ Offenbar wird in Gengenbach die Frage nach der Vermarktung höher gewichtet als die Lösung eines drängenden Problems für die Einwohner. Normalerweise sind solchen Themen Gegenstand politischer Entscheidungen.

Mit der Ansiedlung einer Anlage zur Produktion von grünem Wasserstoff durch Infener und dem Neubau des Hauptquartiers der Großbäckerei Dreher hat der künftige Landrat und Noch-Bürgermeister von Gengenbach, Thorsten Erny, zwar wichtige und richtige Projekte zur Standortentwicklung vorangetrieben, beim Thema bezahlbaren Wohnen erweckt das Rathaus bislang dagegen nicht den Eindruck, das Problem als Standortfaktor erkannt zu haben. Wie sonst ist die vage Antwort der Stadt zu erklären. Bleibt abzuwarten, ob das Thema im anstehenden Bürgermeisterwahlkampf zur Sprache kommt. In anderen Kreisstädten wie Lahr, Kehl oder Achern sind Projekte im sozialen Wohnungsbau geplant.

Rekordförderung des Bundes

Die Bundesregierung wird das Ziel, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen, davon 100.000 gefördert als Sozialwohnungen, krachend verfehlen. Trotz der Gründung des Bündnis für bezahlbares Wohnen, in dem Politik, Bauwirtschaft und Mieterverbände an einem Tisch sitzen. Und trotz der Rekordförderung des sozialen Wohnungsbaus von 20 Milliarden Euro bis 2028. Allein in diesem Jahr stellt die Ampel den Ländern etwa 3,15 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung.

Es bleibt also zunächst spannend, ob sich in Gengenbach in der Thematik noch etwas tut. Bisher bekannt ist dagegen der Vorentwurf des Bebauungsplans und der örtlichen Vorschriften zum Hukla-Areal. Die zentrale Lage des Areals in Gengenbach biete eine enorme Entwicklungsmöglichkeit für die Stadt. Die Stadtplanung sehe auf dem Areal sowohl Quartiere für die Wohnbebauung aber auch für Gewerbe- und Mischgebiete vor, hieß es bereits Anfang September. Auf dem städtischen Teil des Hukla-Areals sollen 500 Wohneinheiten entstehen für bis zu 1.200 Einwohner.

Dichtes Stadtquartier geplant

Während im nördlichen Teilgebiet des Hukla-Areals eine vorrangig gewerbliche Nutzung entstehen soll, wollen die Verantwortlichen im südlichen Teilgebiet ein urbanes Gebiet mit gemischt genutzter Bebauung in Form eines neues Stadtteils entstehen lassen. Dieser soll Platz für Einzelhandel, Dienstleistung und soziale Nutzungen bieten.

Vorgesehen sind Wohngebäude, Geschäfts- und Bürogebäude, Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes, Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke. Geplant ist ein „relativ dichtes Stadtquartier.“

Erschließungskosten werden ermittelt

Offen sind auch noch die Kosten für das Mammut-Projekt, mit denen die Stadt in Vorleistung tritt. „Wir müssen alles daransetzen, um am Ende nach der Konversion mit einer „schwarzen Null“ das Baugebiet abschließen zu können. Mit dem Kauf des Areals und der Entwicklung des Baugebiets hat die Stadt erhebliche finanzielle Vorleistungen erbracht. Durch den Abbruch, die Entsorgung und Entsiegelung sowie für die Überplanung und die Erschließung des Neubaugebiets fallen enorme Kosten an, die die Stadt komplett vorfinanzieren muss“, wurde Thorsten Erny zitiert (wir berichteten). Wie die Pressestelle der Stadt auf Anfrage mitteilt, werde derzeit die Ermittlung der Gesamtkosten für die Erschließung des Geländes stattfinden. Die Kostenschätzung werde Basis der weiteren Vorgehensweise sein.

Im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens werde es noch eine weitere öffentliche Veranstaltung geben, in denen sich Bürgerinnen und Bürger informieren und einbringen können. Der weitere Prozess des Bebauungsplanverfahrens und der weiteren Bürgerbeteiligung werde jeweils über die Homepage und das Amtsblatt der Stadt Gengenbach bekannt gegeben werden.

Wolfgang Huber

Siehe auch:

Auf dem Hukla-Areal in Gengenbach sollen 500 Wohnungen entstehen

Mieterbund fordert im Europa-Park Rust die Politik zum Handeln auf

Wohnungsknappheit gefährdet den Wirtschaftsstandort Ortenau

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