Baumbestand

Stadt Offenburg kontert Ralph Fröhlich und sendet Entspannungssignale

Stadtbäume in Offenburg
© Ralph Fröhlich
Zum Jahresende schlug Baumretter Ralph Fröhlich Alarm. Die Einsicht in das Offenburger Baumkataster habe eine Schädigung praktisch aller Stadtbäume ergeben. Diese Aussage musste er nun teilweise korrigieren. Während Fröhlich Widerspruch gegen die hohen Gebühren einlegt, kommen von der Stadt Entspannungssignale: Offenburg lebe von einer lebendigen Demokratie und unterschiedliche Meinungen würden dabei helfen, die besten Entscheidungen zu treffen.

Von Wolfgang Huber

In der Gemeinderatssitzung vom 16. Dezember 2024 wurden die Anträge von Grünen und der Freien Bürger bekanntlich abgelehnt, die überwiegend mit „Allgemeinem Vitalitätsmangel“ eingestuften 726 Bäume zunächst nicht zu fällen. Die Stadtverwaltung kündigte schließlich einen „Bürgerinformationsabend“ an, in dem die Situation eingehend beleuchtet werden soll. Dieser soll nun im Februar stattfinden, wie die Stadt Offenburg auf eine Anfrage des Ortenau Journals mitteilt, ohne jedoch einen genauen Termin zu nennen. Hier sei man noch in der endgültigen Terminabstimmung.

Korrigierte Aussagen

Inzwischen geht der Kampf um die Deutungshoheit in der Frage der Stadtbäume weiter. Baumretter Ralph Fröhlich musste zuletzt Teile seiner Analyse anhand seiner Einsichtnahme in das Offenburger Baumkataster Ende Dezember korrigieren. Zunächst kam heraus, dass sämtliche Bäume in Offenburg geschädigt seien. Rund ein Drittel von ihnen würden sogar unter deutlichen Schäden leiden, der Rest weise zumindest leichte Schäden auf. Nicht alle Bäume der Stadt seien in dem Baumkataster bewertet worden, wie Fröhlich in einer Pressemitteilung schreibt.

So seien „in der Tat nur 43% der über 20.000 Bäume mit einem Zustand erfasst. Davon haben aber nur 122 Bäume den Wert „keine Mängel“. Doch unter den erfassten Bäumen würden 8.768 Bäume (über 95 % der bewerteten Einträge) dokumentierte Mängel aufweisen. Über die restlichen Bäume würden im Baumkataster keine Angaben vorliegen. Hier seien keine Zustände erfasst worden. „Es ist allerdings davon auszugehen, dass es diesen Bäumen auch nicht anders geht, wie dem bekannten Rest“, schreibt Fröhlich in einer Pressemitteilung.

Hoher Gebührenbescheid

Angesichts der hohen Belastungen durch Trockenheit, Abgase und Verdichtung des Bodens sei es realistisch anzunehmen, dass auch viele dieser Bäume in einem schlechten Zustand seien. Das Fehlen dieser Daten bedeute jedoch, dass das Ausmaß der Schäden bisher nicht vollständig erfasst sei. Nicht zuletzt erneuerte der Baumretter seine Forderung, dass die Stadt handeln müsse: „Diese Zahl unterstreicht, dass ein Großteil der begutachteten Bäume Unterstützung durch gezielte Pflege- und Schutzmaßnahmen benötigt.“

Irritiert zeigte sich Fröhlich von der aus seiner Sicht unangemessen hohen Gebühr in Höhe von 576 Euro, die die Stadt ihm für die Einsicht in das Baumkataster in Rechnung stellte. Er beruft sich dabei u. a. auf das Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG), wonach solche essentielle Daten, die im Rahmen von Open-Data-Gesetzen eigentlich kostenlos und proaktiv veröffentlicht werden sollten, nur über kostenpflichtige Anfragen zugänglich seien (wir berichteten). Nicht zum ersten Mal fühlte er sich von der Stadt in seinem Engagement behindert.

Erstes Entgegenkommen

Die Stadt Offenburg gibt dahingehend eine ganz andere Einschätzung ab. Angesprochen auf die hohe Verwaltungsgebühr heißt es aus dem Rathaus: „Es ist nicht Inhalt und Ziel des LIFG, dass Kommunen potenziell interessante Informationen vorsorglich und umfassend öffentlich zugänglich machen. Vielmehr wird auf konkrete Anfragen hin geprüft, ob und in welchem Umfang Informationen bereitgestellt werden können bzw. dürfen.“ Die Erhebung von Verwaltungsgebühren für den damit verbundenen Aufwand sei rechtmäßig. Welche Daten die Stadt Offenburg als informationspflichtige Stelle proaktiv veröffentlicht, liege im Rahmen ihres Ermessens. Doch ein Satz aus der Antwort der Stadt Offenburg an das Ortenau Journal dürfte Fröhlich aufhorchen lassen, kann man es doch als Entgegenkommen der Behörden interpretieren: „Die Stadt Offenburg prüft derzeit die Möglichkeit, die vollständigen Informationen des städtischen Baumkatasters öffentlich zugänglich zu machen.“

Gegen den Gebührenbescheid vom 30. Dezember hat Ralph Fröhlich mittlerweile Widerspruch eingereicht. Er begründet diesen Schritt mit neuen Argumenten: zum einen mit fehlenden persönlichen Daten, die eine Schwärzung unnötig machen und keinen hohen Zeitaufwand rechtfertigen würden. Außerdem werde das Baumkataster im Geodatenportal Osiris 5 verwaltet, wodurch der Datensatz ohne manuellen Mehraufwand hätte erstellt werden können.

Katz- und Maus-Spiel

Des Weiteren bemängelt Fröhlich die mangelnde Verhältnismäßigkeit der Gebühren. „Gemäß § 10 Abs. 2 LIFG dürfen Gebühren nicht so hoch angesetzt werden, dass sie den Zugang zu öffentlichen Informationen faktisch erschweren. Ein Betrag von 567,00 € widerspricht dem Geist des Gesetzes, das den Informationszugang fördern soll“, so der Baumretter. Nicht zuletzt verweist Fröhlich auf das Geodatenzugangsgesetzes (GeoZG), das Open-Data-Gesetzes Baden-Württemberg sowie auf die europäische INSPIRE-Richtlinie (2007/2/EG), wonach Kommunen dazu verpflichtet seien, Geodaten wie das Baumkataster in digitaler Form öffentlich zugänglich zu machen.

Die ganzen Vorgänge, die sich schon seit Langem hinziehen, erinnern schon sehr an ein Katz- und Maus-Spiel. Fröhlich argumentiert ausführlich und öffentlich für sein Anliegen nach einer intakten Bauminfrastruktur in Offenburg aus den bekannten Gründen. Die Stadt reagiert zunächst abwehrend, um dann Ralph Fröhlich wieder ein Stückchen entgegenzukommen. So geschehen bei der Entscheidung, die Bäume in der Moltkestraße weitgehend zu erhalten. Dann Anfang Dezember mit der Ankündigung, die 726 geplanten Baumfällungen bereits vor Weihnachten im Gemeinderat zu thematisieren und auch jetzt wie oben geschildert mit der Ankündigung, die Möglichkeit einer Veröffentlichung des Baumkatasters zu prüfen.

Unbequeme Aktionen

Ob es sich dabei nur um Hinhaltetaktik und Beschwichtigungen oder um zarte Anzeichen einer kooperativeren Haltung seitens der Stadt handelt, bleibt abzuwarten. Auch müsste in einer sachlichen Beurteilung der Gemengelage die hohe Intensität des Engagements von Ralph Fröhlich und seiner Konferenz für Urban Transformation Design (KFUTD) mit einfließen. Immerhin beschäftigt er Teile der Verwaltung regelmäßig mit seinen unbequemen Anfragen und Aktionen.

Einerseits ist eine gesundes Stadtklima ein ernstes Thema, dass viele Offenburger beschäftigt und viel Umsicht erfordert. Andererseits kann man der Stadt nicht unterstellen, sich der Ernsthaftigkeit der Situation um die Stadtbäume nicht bewusst zu sein und nicht alles zu unternehmen, was angesichts knapper Kassen möglich ist und dem Baumerhalt Vorrang zu geben und neue Bäume zu pflanzen. Immerhin räumt die Verwaltung auf Anfrage ein, dass Streit zu einer Demokratie gehört. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich wie so oft in der Mitte und vielleicht haben sich die Stadt und Ralph Fröhlich ja mittlerweile schon etwas schätzen gelernt.

Wichtiger Teil des Zusammenlebens

Nimmt man die jüngste Stellungnahme der Stadt als Maßstab, könnten vielleicht doch noch beide Seiten einen weg finden, die Probleme unaufgeregt, gemeinsam und zielführend anzugehen. Darin heißt es: „Offenburg lebt von einer lebendigen Demokratie und dem konstruktiven Austausch zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Verwaltung und Gemeinderat. Unterschiedliche Meinungen und Perspektiven sind dabei ein wichtiger Teil unseres Zusammenlebens und helfen dabei, die besten Entscheidungen für die Stadt zu treffen.“ 

Siehe auch:

Ralph Fröhlich schlägt Alarm: „Alle Bäume in Offenburg sind geschädigt“

Streit um 726 Baumfällungen im Gemeinderat: Grüne ziehen Antrag zurück

Ralph Fröhlich: „Fällung von 726 Bäumen in Offenburg wäre ein harter Rückschlag“

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