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Sozialwohnungen: Die Modularbauweise als Geheimwaffe gegen die Wohnungsnot

Firmensitz Goldbeck GmbH
© Visualisierung Goldbeck GmbH
Die Situation verschärft sich laufend: Während der Bedarf steigt, sinkt die Zahl der geförderten Wohnungen weiter. Verbände fordern daher milliardenschwere Investitionen. Eine Lösung sehen Experten in der modularen Bauweise. Ein Gewobag-Bauprojekt in Berlin zeigt, wie es geht. Nämlich doppelt so schnell und halb so teuer als herkömmlicher Wohnungsbau. Der Pionier: Die Goldbeck GmbH. Im Bundestagswahlkreis Offenburg hatten die Linke und Johannes Rothenberger (CDU) das Thema betont.

Von Wolfgang Huber

Hohe Kosten bringen den Sozialwohnungsbau fast zum erliegen. Ein Beispiel, wie günstiges Bauen in Rekordzeit möglich ist, ist das Projekt der Wohnungsbaugesellschaft Gewobag in Berlin-Lichtenberg. Dort entstehen 1.500 Sozialwohnungen in Modulbauweise. Die vorgefertigten Raumeinheiten – inklusive kompletter Bäder mit Waschbecken, Heizkörpern und Handtuchhaltern – werden auf die Baustelle geliefert und zusammengesetzt.

Diese Technik erinnert an ein Lego-System und ermöglicht eine wesentlich schnellere Fertigstellung. „Die Bauzeit ist halb so lang wie beim herkömmlichen Stein-auf-Stein-Bau“, erklärt Dietmar Rekow von der Goldbeck GmbH gegenüber tagesschau.de. Ein komplettes Bad könne so innerhalb von 20 Minuten montiert werden.

Ständig neue Projekte in Planung

Auch in Berlin-Friedrichshain setzt die Gewobag auf diese Bauweise: Dort entstehen dem Bericht zufolge sechsgeschossige Wohnhäuser mit je 30 Wohnungen. Die Kosten liegen laut Goldbeck bei lediglich rund 2.000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche – das sei nicht mal die Hälfte der üblichen Baupreise. Doch die modulare Bauweise stoße auch auf Grenzen. Die Gewerkschaft IG BAU sehe Probleme bei Nachverdichtungen in bestehenden Quartieren. Modulbauten seien vor allem auf freien Flächen effizient umsetzbar.

Unabhängig von der Bauweise bleibt der Mangel an bezahlbarem Wohnraum ein zentrales Problem. Eine Studie des Pestel-Instituts zeigt, dass derzeit 550.000 Sozialwohnungen in Deutschland fehlen. Bis 2035 könnte der Bedarf weiter steigen. Dann gehen Millionen von Babyboomern mit kleinen Renten in den Ruhestand gehen. Es muss also dringend der Bau-Turbo angeschmissen werden.

Reduzierung der Standards

Das Bündnis Soziales Wohnen fordert daher eine jährliche Förderung von 100.000 neuen Sozialwohnungen. Die Ampel hat ihre selbst gesteckten Ziele von insgesamt 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr allerdings meilenweit verfehlt. Ein Grund sind die explodierenden Bauverordnungen, die die Baukosten in die Höhe treiben. Unter diesen Umständen bleibt bezahlbares Wohnen eine Utopie. Unter der Ampel-Regierung wurden gar nur 23.000 Sozialwohnungen pro Jahr realisiert. Um die Kosten zu senken, plädieren Experten für eine Reduzierung baulicher Standards. Michael Hölker vom Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) schlägt laut dem Bericht vor, auf teure Extras wie Dreifachverglasung, Tiefgaragen oder große Balkone zu verzichten.

Im Bundestagswahlkampf hat das Thema Sozialwohnungsbau kaum eine Rolle gespielt. Lediglich die Partei „Die Linke“ hat dieses Thema konsequent in den Mittelpunkt gerückt. Das Ergebnis ist bekannt: Die eigentlich schon abgeschriebene Partei legte im Jahr 2025 einen veritablen Schlussspurt hin und erreichte 8,5 Prozent der Stimmen. Die Erkenntnis: Wer die Probleme glaubhaft und sachlich thematisiert, wird vom Wähler belohnt. Allerdings nur so lange, wie daraus auch ein Handeln resultiert.

Aufgabe für Johannes Rothenberger?

Insofern darf man gespannt sein auf die Performance des frisch gewählten Bundestagsabgeordneten Johannes Rothenberger (CDU) im Wahlkreis Offenburg. Der Jurist besitzt das einzige verbliebene Mandat im Wahlkreis. Rothenberger fiel mit seiner Ankündigung, sich für sozialen Wohnungsbau engagieren zu wollen, etwas aus dem Rahmen im üblichen CDU-Wahlkampftrott mit den Überthemen Migration und Bürgergeld und brachte eine frische Brise in den Wahlkampf.

Vielleicht findet Johannes Rothenberger ein paar Verbündete in Berlin und kann dem Thema bezahlbares Wohnen helfen, auf die Agenda der künftigen Bundesregierung als Priorität zu gelangen. Zuerst wird er sich aber im Haifischbecken Bundestag unter der „Käseglocke“ im Regierungsviertel behaupten und zurechtfinden müssen. Wir fragen in 100 Tagen mal nach, wie sich die Dinge entwickeln.

Offensive im Sozialwohnungsbau nötig

Mit einer breiten Vereinfachung des Baurechts, einer Absenkung der Standards und möglicherweise mit der Modularbauweise als neuen Standard könnte der Bausektor ein langanhaltender Aufschwung bevorstehen. In Schleswig-Holstein wurden laut tagesschau.de bereits Bauvorschriften gelockert, um kostengünstigere Wohnungen zu ermöglichen. Niedrigere Baukosten sind auch Voraussetzung für eine Offensive im Sozialwohnungsbau.

Die Goldbeck GmbH gilt als innovativer Vorzeige-Baukonzern. Themen wie Kostensenkung und Nachhaltigkeit werden in Bielefeld groß geschrieben. Bereits 2013 wurde Goldbeck von der TU München als „Bauunternehmen des Jahres“ ausgezeichnet und drei Jahre später von dem renommierten Wirtschaftsmagazin brand eins zum „Innovator des Jahres 2016“ betitelt. Das Unternehmen mit seinen 130 Werken beschäftigt international 11.300 Mitarbeiter und beziffert seine Gesamtleistung mit 6,75 Milliarden Euro.

Foto: Visualisierung des neuen Unternehmenssitzes in Monheim

Zum Ausgangsartikel: Mit Modulen aus der Krise? (tagesschau.de)

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