Von Wolfgang Huber
Dieser Artikel ist Teil 2 der Serie über Windenergie als Geldanlage und knüpft nahtlos an Teil 1 an. Wer zuerst Teil 1 lesen will, bitte hier lang:
Teil 1: Windpark Hummelsebene: Nachrangdarlehen sind laut Experten keine Bürgerbeteiligung
Teil 2:
Für den Windpark Schnürbuck habe die Ettenheimer Bürgerenergie innerhalb von 38 Minuten knapp eine Million Euro eingesammelt. „Die Genossenschaftsmitglieder haben eine jährliche Rendite von ca. vier bis fünf Prozent. Diese bemisst sich am Gesamtergebnis“, erklärt Bold.
Auch beim Projekt auf der Hummelsebene sind sich die Verantwortlichen sicher, dass die Anlagen wirtschaftlich betrieben werden können, wie oben geschildert und von Sprecherin Denise Burkart bestätigt wurde: „Der durchschnittliche Stromertrag von jährlich 40 Millionen Kilowattstunden resultiert aus der Leistung der Anlagen und ist plausibilisiert durch zwei unabhängige Ertragsgutachten. Es kann im Betrieb Jahre mit etwas mehr oder auch etwas weniger Ertrag geben. Die für die Bürger festgelegten Zinssätze sind garantiert und nicht von den Betriebsergebnissen des Windparks abhängig.“
„Kein wirtschaftlicher Betrieb“
Jährliche Schwankungen beim Ertrag räumt auch Jörg Bold ein. Dies würde jedoch nicht das Gesamtergebnis beeinträchtigen. Auch nicht die aufgrund artenschutzrechtlicher Vorgaben angeordneten Abschaltzeiten, insbesondere bei Nacht. Darauf hatten auch die Anwohner des geplanten Hummelsebene-Windparks hingewiesen. Sie schlossen daraus, das schon deshalb ein wirtschaftlicher Betrieb nicht möglich sei. Zumindest für den Windpark Schnürbuck gilt dies laut Jörg Bold eingeschränkt: „Aufgrund der Nachtabschaltungen und des schallreduzierten Betriebes, welche vom Landratsamt angeordnet wurden, mussten etwa rund 2 Mio. Euro geringere Einnahmen verkraftet werden. Aktuell läuft der Windpark gut und Pacht und Bankdarlehen wurden plangemäß bedient.“
Ganz von der Hand zu weisen sind die Einwände der Windenergiegegner also nicht. Auch wenn die Stadt Oberkirch aufgrund der Auswertungen und Genehmigungsgrundlagen von geringen Abschaltzeiten ausgehe. Burkart: „Ertragsverluste von ca. zwei Prozent sind berücksichtigt. Ein entsprechendes Gutachten hat keine negativen Auswirkungen auf Flugkorridore oder regelmäßig frequentierte Nahrungshabitate für windkraftsensible Tierarten festgestellt.“
Kritik am Windatlas
Auf diese Gutachten bezog sich auch Karlheinz „Charly“ Winkler, der mit in der Nähe der Hummelsebene wohnt und der deren Richtigkeit bezweifelt. Laut Winkler würden diese immer ausgerechnet in den für den Bau geplanten Bereichen vorweisen, dass es dort keine Greifvogelbestände gebe. Winkler: „Die Vögel sind immer irgendwo anders, aber nicht hier auf der Hummelsebene.“
Doch bezogen auf die Wirtschaftlichkeit gibt es neben den ins Feld geführten nächtlichen Abschaltzeiten auch schwere Bedenken bezüglich der korrekten Ausarbeitung des Windatlas. Der Göppinger Verein Mensch Natur habe gemeinsam mit einem Expertengremium den neuen Windatlas 2019 kritisch angesehen und die darin ausgewiesenen Werte mit realen Ergebnissen verglichen, wie der Verein auf seiner Website schreibt. Dabei sei durch Rückrechnungen anhand frei verfügbarer Daten nachgewiesen worden, dass beim Windatlas qualitativ und quantitativ unsauber gearbeitet worden sei und die Berechnungen auf methodischen Fehlern aufbauen würden. „Mit weitreichenden Konsequenzen.“
Falsche Zahlen zur Windhöffigkeit?
Der Verein Mensch Natur will nachgewiesen haben, dass vorhandene transparente Messreihen der Windgeschwindigkeiten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) sehr wohl für eine Ertragsprognose von Windkraftanlagen benutzt werden können. Die gemessenen Parameter für die Windgeschwindigkeitsverteilungen aus 28 vorhandenen Messstationen des Deutschen Wetterdienstes in Baden-Württemberg würden aufzeigen, dass der am häufigsten vorkommende Betriebszustand einer Windkraftanlage in Baden-Württemberg der Stillstand sei.
Die Ausarbeitung der Expertengruppe war zunächst als Download auf der Website von Springer Nature, einer Fachverlagstochter des Springer Verlags verfügbar. Sie sei jedoch nach Anfragen von Windkraftgegnern und des Vereins Mensch Natur an das Umweltministerium wieder zurückgezogen worden. „Da stellt sich die Frage, könnte mit dieser Studie ein empfindlicher Nerv des Umweltministeriums, sowie der am Windatlas beteiligten Windlobby getroffen worden sein?“, schreibt der Verein. Arbeiten also die Betreiber von Windparks auf Basis falscher Zahlen, was von der Politik und der Windenergielobby gedeckt wird? Der politische Wille der Landesregierung zu einem weiteren Ausbau der Windenergienutzung stehe laut dem Verein jedenfalls über dem „öffentlichen Interesse des mündigen Bürgers an einer objektiven Analyse des Windangebots.“ Von Transparenz und Objektivität der Studien könne keine Rede sein.
Milliarden-Subventionen
Ein weiterer Aspekt, der von den Windkraftgegnern angeführt wird, sind die Subventionen. Ohne diese Subventionen, die im Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) festgeschrieben sind, sei laut Gunda Herzog von der Interessengemeinschaft Oberkirch & Durbach der Betrieb von Windparks wirtschaftlich unmöglich. Zudem würden dadurch die Preise für Strom künstlich in die Höhe getrieben. Laut den Zahlen von Dipl. Ing. Jürgen Schöttle würden die EEG-Subventionen 2024 bei 21 Milliarden Euro liegen, prognostiziert im Dezember 2024. Davon rund 2,5 Milliarden für Onshore-Windenergieanlagen. In einem Artikel geht Till Brücker von der ARD-Finanzredaktion im August vergangenen Jahres von insgesamt 23 Milliarden Euro Förderung aus. Der Bericht bezog sich auf Zahlen des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), über die wiederum die „Bild“-Zeitung berichtete.
Dazu bleibt festzuhalten, dass die Energiewende mit dem Ausbau vor allem von Wind- und Solaranlagen politisch gewollt ist. Das Ziel ist die CO2-Einsparung und damit der Klimaschutz. Dahingehend gibt es Verpflichtungen Deutschlands auf EU-Ebene und durch das Pariser Klimaschutzabkommen. Ob jedoch dabei die Möglichkeit, Profite zu generieren, über das eigentliche Ziel Klimaschutz hinausschießen, liegt im Auge des Betrachters. Denn der Bau von Windparks in naturnahen Gebieten wie dem Schwarzwald wird als völlig überzogen kritisiert.
Was ist dran am „Schwachwindfaktor“
Die von der Facebook-Gruppe „Pro Natur Schwarzwald“ in den Ring geworfene „Schwachwindfaktor“, kann wohl bestätigt werden. Den Kritikern zufolge würden Betreiber von Windkraftanlagen einen 50 bis 55-prozentigen Aufschlag auf die Förderung bekommen, „damit sich die Dinger überhaupt rechnen“. Tatsächlich findet sich ein entsprechender Hinweis auf der offiziellen Website des Ministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz finden. Dort heißt es: „Durch spezifische Maßnahmen wird die Erschließung von windschwächeren Standorten beim Ausbau der Windenergie insbesondere im Süden Deutschlands deutlich attraktiver. Das sogenannte Referenzertragsmodell, ein standortbezogenes Berechnungsmodell für die EEG-Vergütung, wird für windschwache Standorte verbessert.“ (BMWK: „Neuer Schwund für erneuerbare Energien“)
Wird hier im finanziellen Interesse von Anlegern, Kommunen und Investoren das Naturwunder Schwarzwald irreversibel beschädigt? Zumindest lassen solche Faktoren Zweifel an der Verhältnismäßigkeit aufkommen. Die Passage in dem Website-Artikel des Ministeriums lassen darauf schließen, dass es zuallererst um die Steigerung der Attraktivität aller möglichen Standorte für Windenergie-Investments geht, ohne Rücksicht auf die örtlichen Besonderheiten wie ein sensibles Ökosystem zu nehmen.
Gute Erträge in Ettenheim
Was jedoch die Wirtschaftlichkeit betrifft, gibt es kein völlig einheitliches Bild. So zeigt sich Jörg Bold von der Ettenheimer Bürgerenergie eG mit der Ertragslage zufrieden. Die Genossenschaft zahlte 2024 Renditen in Höhen von drei Prozent an seine Genossenschaftsmitglieder aus. So ist auf der Website über den Bürgerwindpark Südliche Ortenau, an dem die Genossenschaft über das Stammkapital beteiligt ist, zu lesen: „Eine gute Bilanz kann man für den Bürgerwindpark Südliche Ortenau zum Ende des Jahres 2023 ziehen, als die Stromproduktion von 44,5 Millionen KW fast das Rekordniveau von 2020 erreichte.“
Diese Zahlen sprechen erstmal gegen die von den Windkraftgegnern vorgebrachte These vom windarmen Schwarzwald. Allerdings scheint auch die Rendite von drei Prozent wesentlich realistischer zu sein als die 5,5 Prozent, die die Stadtwerke den Oberkircher und Durbacher Bürgern versprechen. Doch die Pleite von Green City 2022, einem Spezialisten von Wind- und Solarprojekten aus München, zeigt das Risiko bei Anlageformen wie Nachrangdarlehen. „Vor allem über Tochterfirmen hat die Green City AG rund eine Viertel Milliarde Euro eingesammelt, meist von Privatanlegern, die mit ihrem Geld auch etwas Gutes tun wollten“, schreibt der Münchener Merkur in seiner Online-Ausgabe.
Pleiten im Windenergiesektor
Und weiter: „Nun ist unklar, wie viel Geld weg ist. Zumal der Vorwurf im Raum steht, dass 27 Millionen Euro an Investorengeldern nicht ordnungsgemäß verwendet wurden.“ Probleme gab es schon länger. Bereits 2021 sei eine Windkraftanlage des Herstellers Nordex einfach umgekippt, worauf hin alle Projekte dieser Bauart zunächst eingestellt wurden. Green City war zudem auch Projektpartner der Ettenheimer Bürgerenergie eG beim Bürgerwindpark Südliche Ortenau. Zumindest die Probleme von BayWa r.E. (Siehe Teil 1) waren allerdings nicht auf mangelnden Wind oder umfallende Windräder zurückzuführen. Inzwischen sollen auch Zahlungen an die Anleger geleistet worden sein.
Vorsicht bei Nachrangdarlehen scheint jedenfalls geboten. Wie schon 2015 die Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin 2021* warnte: Bei vielen Produkten des Grauen Kapitalmarkts können Ihnen erhebliche finanzielle Verluste entstehen – auch bei seriösen Angeboten. Dieses Risiko müssen Sie einkalkulieren. Wenn Sie jedoch glauben, dass Ihnen ein unseriöses Angebot gemacht wird oder Sie auf einen Betrüger hereingefallen sind, erstatten Sie so schnell wie möglich Anzeige bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft.“
Zukunft der Windenergie ungewiss
Die Rentabilität betreffend steht zudem eine Frage derzeit im Raum: Wie verhält sich die künftige Bundesregierung zum Thema EEG? Es ist ja noch nicht ausgemacht, das die CDU/CSU mit der SPD einig wird. Dann käme wohl wieder die AfD als möglicher Koalitionspartner von Friedrich Merz ins Spiel. Und beide haben sich im Wahlkampf kritisch gegenüber der Energiewende gezeigt. Ebenso die Wirtschaft, die sich zumindest in Teilen kritisch positioniert. Nicht zuletzt wegen der hohen Strompreise und der „verfehlten Energiewende“ lud 2022 der CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Willsch zu einem Treffen der Mittelstandsinitiative Energie-Klartext nach Limburg ein, an dem auch der umstrittene Prof. Fritz Vahrenholt (SPD) anwesend war.
Je nach dem, welche Strömungen sich in den anstehenden Koalitionsverhandlungen durchsetzen, könnte es mit dem EEG und damit mit den Subventionen bald zu Ende gehen. Auch die Äußerungen von Friedrich Merz lassen Interpretationsspielraum zu. So habe Merz laut dem Online-Portal der Tagesschau die Windenergie als Übergangstechnologie bezeichnet. Dort wird er mit den Worten „Wenn wir alles richtig machen, können wir die Windräder irgendwann wieder abbauen – sie sind hässlich und passen nicht in die Landschaft“ zitiert.
Hinweis: *Der zitierte Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert.
Wie geht es weiter? Lies in Kürze Teil 3 der Mini-Serie über Windenergie als Geldanlage.
Siehe auch:
Windpark Hummelsebene: Nachrangdarlehen sind laut Experten keine Bürgerbeteiligung
Windpark Schwend: „OB Bühler wollte Äußerungen ums Geld zum Schweigen bringen“
Hummelsebene: Eingefahrene Argumentationsmuster auf beiden Seiten
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