Von unserem Kreistagskorrespondenten Christian Huber
„Wir leben in einer Zeit, die uns alle herausfordert“, eröffnete Landrat Thorsten Erny seine Haushaltsrede bei der Einbringung in der heutige Kreistagssitzung im Landratsamt. Er macht den Doppelhaushalt an einem „klaren Dreiklang“ fest und setzt dabei auf „Verlässlichkeit (bei) Entscheidungen, Verantwortung gegenüber den Menschen und Veränderungsbereitschaft angesichts neuer Herausforderungen.“ Er betonte, dass die Kommunale Familie, bestehend aus Kreis und den Städten und Gemeinden an ihre Grenzen stoße.
Fingerzeig in Richtung Bund
Der Presse gegenüber erklärte Erny zuvor, es brauche Reformen in Bund und Land. Er kritisiert, dass die aktuelle Krise eine „von Bund und Land verursachte“ sei und durch Leistungsversprechen einerseits sowie fehlender Finanzzusagen andererseits eine strukturelle Schieflage immer weiter verschärft würde.
Besonders deutlich werde dies im Sozialbereich. Der Nettoressourcenbedarf, also die notwendigen kreiseigenen Mittel für die Bereiche Pflegehilfe, Eingliederungshilfe und Jugendhilfe, beträgt für die Jahre 2025 und 2026 in Summe allein rund 519 Millionen Euro. Die Klinikdefizite schlagen zusätzlich mit rund 86 Millionen Euro im Doppelhaushalt zu Buche (das Ortenau Journal berichtete). „Der Fingerzeig in Richtung Bund ist richtig“, sagte Erny bereits am Morgen im Pressegespräch und ergänzte, dass er erschüttert sei, wie wenig Berlin das Thema Krankenhausfinanzierung im Blick habe. Er erhoffe sich durch die anstehenden Wahlen Bewegung bei den Themen.
Kreditfinanzierte Investitionen
Durch die Strategie in den vergangenen Jahren, konsequent Schulden abzubauen, so Erny, könne man jetzt überhaupt erst wieder daran denken, neue Schulden aufzubauen. Schulden seien für den Kreis bitter, aber unumgänglich. Alle Investitionen für die Jahre 2025 und 2026 müssten über Kredite finanziert werden, erklärt der Landrat gegenüber dem Kreistag in seiner Rede. Zudem sei der Haushalt als „best case-Variante“ geplant, sagte die Finanzdezernentin Ulrike Karl gegenüber der Presse.
Der Doppelhaushalt sei „mit sehr viel Hoffnung gemacht worden“ und baue darauf auf, dass „uns die Konnexität erreicht, wie sie sein soll“, ergänzt sie und betont damit ebenso wie Erny, dass das Prinzip derzeit nicht eingehalten würde und die Verursacher eines Leistungsversprechens (Bund oder Land) nicht voll für die entstehenden Kosten aufkommen würden (Konnexitätsprinzip).
Erhöhung der Kreisumlage trifft Städte und Kommunen
Spannende Diskussionen dürfte die im Doppelhaushalt vorgesehene Erhöhung der Kreisumlage auslösen. Fünf Prozentpunkte und damit eine Erhöhung auf 33,5 Prozent sind geplant. Dies entspricht einer Summe von umgerechnet rund 40 Millionen Euro jährlich, die den Städten und Kommunen in deren Kassen fehlen werden. Erny setzt dabei auf die Hoffnung, dass sich die kommunale Familie nicht auseinanderdividieren lasse und auf ein „faires Miteinander“. Er betonte, dass bereits vor zwei Jahren eine geringere Erhöhung als geplant umgesetzt worden sei (nur auf 28,5 Prozent statt 29,5 Prozent) und rund 2,3 Prozentpunkte der aktuell geplanten Steigerung auf das Ortenauklinikum zurückzuführen seien.
Die Gesundheitsvorsorge sei das wichtigste aller Themen, so Erny. „Die Kreisumlage ermöglicht es dem Kreis, Aufgaben zu übernehmen, die den Kommunen direkt zugutekommen“. Trotz der Erhöhung sei man weiterhin unter dem Landesdurchschnitt und man sei weit weg von den anfänglich geplanten 11 Prozentpunkten, hier habe man sich den Kommunen schon deutlich angenähert.
„Sparauflagen wie schon lange nicht mehr“
Insgesamt 50 Millionen Euro habe die Kreisverwaltung in den vergangenen Wochen „herausgeschwitzt“, erläutert Erny. Man müsse zwar 20 neue Stellen im Sozialbereich schaffen, habe diese Stellen im Haushaltsplan jedoch an anderer Stelle wieder eingespart. Dezernentin Karl habe im Zuge der Sparauflagen in alle Dezernate eingegriffen. Eine globale Minderausgabe in Höhe von fünf Prozent sei im eingebrachten Entwurf ebenso verankert wie Gebührenerhöhungen. Die freiwilligen Aufgaben werde man in einer Klausursitzung mit dem Kreistag angehen, so der Landrat. Er wolle aber nicht an kleinen Mitgliedschaften rütteln, die oft nur wenige Hundert Euro jährlich kosteten.
Heute wurde der Doppelhaushalts in den Kreistag eingebracht. In der nächsten Sitzung am 11. Februar 2025 ist die Aussprache über den Entwurf geplant bevor anschließend die Abstimmung im Kreistag ansteht. Der voraussichtliche Beschluss im Februar wird damit zu einem Zeitpunkt erfolgen, der hinsichtlich der Bundestagswahl und der politischen Ausrichtung auf Bundesebene alle Fragen zur künftigen Finanzierung und Konnexität bei den Pflichtaufgaben unbeantwortet lässt. Durch die Neuwahl rechnet Erny hier erst in Richtung Sommer mit Antworten.
Siehe auch:
Kreistag stimmt für Ablehnung von Karl Lauterbachs Krankenhausgesetz
Landrat Thorsten Erny vereidigt: „Agenda 2030 umsetzen“
Paukenschlag: Oberkirchs OB Bühler will Agenda 2030 auf den Prüfstand stellen
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