Frauen sind in Deutschland in kommunalpolitischen Ämtern und Mandaten immer noch deutlich unterrepräsentiert. Laut einer Studie der FernUniversität Hagen von 2022 sind nur gut ein Drittel der Stadträte weiblich. Dies bezieht sich auf Städte ab 100.000 Einwohnern. In ländlichen Gebieten dürfte es aber eher noch schlechter aussehen. Als sich im Sommer der neu gewählte Kreistag für die Ortenau konstituierte, fanden sich unter den 81 Mitgliedern lediglich 15 Frauen. Ein sehr ausbaufähiger Anteil. Der Studie zufolge sinkt der Frauenanteil um so mehr, je wichtiger die Ämter werden.
Kein zweiter Wahlgang
Um so bemerkenswerter, dass es diese Woche mit Diana Kohlmann eine Frau gewagt hat, in die Männerdomäne Kreistag vorzudringen und für den Posten der Landrätin zu kandidieren. Die parteilose Juristin landete jedoch im ersten Wahlgang hinter dem künftigen Landrat Thorsten Erny und Rene Funk nur auf dem dritten Platz. Am zweiten Wahlgang nahm sie nicht mehr teil, aber positiv betrachtet hatte die 42-Jährige ein Viertel der Kreisräte auf ihrer Seite.
Kohlmann ist eine von vielen starken Frauen, die sich in der Ortenauer Kommunalpolitik engagieren und sich für verantwortungsvolle Positionen bewerben. So wurde im Sommer Sonja Schuchter mit 97 Prozent als Bürgermeisterin in Sasbachwalden wiedergewählt. Mit Amalia Lindt-Herrmann tritt eine Powerfrau bei der Bürgermeisterwahl in Ortenberg im Oktober an und die Diplom-Verwaltungswirtin Stephanie Bartsch versucht ihr Glück als Bürgermeisterkandidatin in Renchen.
Niederlage verdaut
Obwohl sie bei der Landratswahl diese Woche letztlich chancenlos war, habe sie die Niederlage bereits einigermaßen verdaut, wie Diana Kohlmann im Gespräch mit dem Ortenau Journal verrät. Sie sei ohne größere Erwartungen in das Rennen um den Chefposten im Landratsamt gegangen. „Ich habe mir gar nichts versprochen. Es gab Tage, da dachte ich, naja, fünf Stimmen werden es schon sein. An anderen Tagen dachte ich, es werden schon ein paar mehr“, sagt Kohlmann. Obwohl sie wusste, dass mit Erny der CDU-Fraktionsvorsitzende sowie mit Funk ein Kandidat von außen antreten würde, hab sie sich darauf eingelassen.
Ob die CDU-Kreisräte nicht ohnehin einen Kandidaten aus ihren Reihen bevorzugt hätten, könne sie nicht beantworten. Die CDU-Fraktion habe sich vor der Wahl genauso wie die anderen Fraktionen nicht positioniert. Auch die Frage, ob Kandidatinnen oder Kandidaten von außen bei solchen Wahlen größere Chance haben, sei schwer zu beantworten, niemand habe sie spüren lassen, niemanden mit Stallgeruch auf dem Posten haben zu wollen. Stattdessen habe sie viel Respekt für ihre bisherige Arbeit als Dezernentin bekommen. Kohlmann: „Tatsache ist, ich bin nicht gewählt worden. Die Gründe dafür weiß ich nicht so recht.“
Kein Fluchtinstinkt
Pläne für die Zukunft hat Kohlmann noch keine. Es gebe keinen Plan B, schließlich habe sie sich auf die Landratswahl konzentriert. Einen Fluchtinstinkt habe sie jedenfalls nicht. „Ich bin Dezernentin und es wird sich zeigen, wie ich mit dem neuen Landrat klarkomme, aber das betrifft uns ja alle.“ Alle Dezernentinnen und Dezernenten seien offen und freuen sich auf den neuen Chef. Gleichwohl denke sie mit Anfang 40 nicht, dass sie noch 25 Jahre Dezernentin für den Ländliche Raum sein werde. „Mal gucken, was die Zukunft bringt.“ Einzig eine mögliche Kandidatur für ein Bürgermeisteramt schließt Diana Kohlmann definitiv aus.
Genau das ist aber das Ziel von Amalia Lindt-Herrmann, nämlich bei der Wahl in der rund 3.400 Einwohner zählenden Gemeinde Ortenberg im Oktober zur Bürgermeisterin gewählt zu werden. Derzeit läuft ihr Wahlkampf auf Hochtouren. Sie besucht Vereine, Unternehmen und Institutionen genauso wie soziale Initiativen oder Stammtische in den Wirtshäusern, um mit den Menschen vor Ort ins Gespräch zu kommen. Denn auch wenn Lindt-Herrmann als Diplom-Betriebswirtin fachlich die besten Voraussetzungen für das Amt hat, sind Bürgermeisterwahlen in erster Linie reine Persönlichkeitswahlen. Das Rennen in Ortenberg dürfte völlig offen sein.
Stimmenkönigin in Willstätt
Amalia Lindt-Herrmann kann jedenfalls auf jede Menge Erfahrung zurückgreifen. Sowohl beruflich als auch in der Kommunalpolitik. Als Geschäftsführerin bei der Kappis Gruppe in Lahr war sie zuständig für die bauliche Weiterentwicklung von Gemeinden, wie auf ihrer Website nachzulesen ist. In Eckartsweier ist sie seit 2019 Ortsvorsteherin und wurde 2024 mit überwältigender Mehrheit im Amt bestätigt. Darüber hinaus hat sie seit 15 Jahren den Fraktionsvorsitz der Fraktion der Freien Wählervereinigung im Willstätter Gemeinderat inne. Dort ist sie inzwischen Stimmenkönigin und nicht zuletzt wurde sie im Juni dieses Jahres in den Kreistag gewählt, wo sie der FDP-Fraktion angehört.
Wie man Wahlen gewinnt, weiß die 49-Jährige also sehr genau. Ob es am 13. Oktober reicht, wird sich zeigen. Ihr Gegenkandidat Steffen Letsche hat als Diplom-Verwaltungswirt in etwa die gleiche berufliche Qualifikation wie Lindt-Herrmann und ist seit dem 3. Lebenjahr in Ortenberg aufgewachsen. Damit hat Letsche einen gewissen Heimvorteil. Ein spannendes Rennen.
Führungserfahrung
Spannend dürfte es auch für Stephanie Bartsch werden, einer weiteren kommunalpolitischen Powerfrau. Sie ist ebenfalls Diplom-Verwaltungswirtin und leitet das Amt für Soziales, Teilhabe und Versorgung im Landkreis Rastatt. Nun tritt sie bei der Bürgermeisterwahl in Renchen (rund 7.500 Einwohner) am 10. November an. Die Liste ihrer beruflichen Stationen, Qualifikationen und Ehrenämter auf ihrer Website ist lang. In ihrer Funktion als Leiterin eines Amtes hat sie Führungserfahrung mit mehr als 200 Mitarbeitern und einem Finanzvolumen von 150 Millionen Euro.
Erfolge zu erzielen ist auch ein Spezialgebiet von Sonja Schuchter. Sie wurde im Mai 2024 mit 97 Prozent im Amt der Bürgermeisterin von Sasbachwalden bestätigt. Laut Medienberichten hat sie bereits in ihrer ersten Amtszeit einiges geleistet und auf den Weg gebracht, was ja auch der Bevölkerung der Gemeinde offensichtlich nicht verborgen blieb.
Nicht zuletzt tritt am heutigen 27. September bei der Nominierungskonferenz für die CDU im Bundestagswahlkreis Offenburg mit Anne Nickert ebenfalls eine hoch qualifizierte Powerfrau gegen drei Männer an. Die Spannung steigt. Das Ortenau Journal wird berichten.
Betrachtet man die Qualität der Arbeit und die Qualifikationen aller in diesem Artikel genannten Frauen, kann man sich nur wünschen, dass diese Beispiele als Vorbilder dienen und künftig mehr Frauen den gleichen Mut aufbringen, um sich für ein kommunalpolitisches Amt zu bewerben und Verantworung zu übernehmen. Das Frauen die bessern Führungsqualitäten haben, ist anhand von Studien längst bewiesen.
Wolfgang Huber
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