Guido Eckenwalder ist Sales Director Battery Systems & Hydrogen Technologies bei der Fischer Goup. Im Interview spricht er über die Leistungsfähigkeit der geplanten Windräder, die Wasserstoffpläne des Unternehmens sowie den bisherigen Verlauf des Genehmigungsprozesses. Mit der Bürokratie habe man bisher keine Probleme gehabt, sagt Eckenwalder. Auch über die Erwartungen an die Politik zur Fortschreibung der ökologischen Transformation äußert er sich.
Ortenau Journal: Die Fischer Group ist ein energieintensives Unternehmen. Erläutern Sie uns bitte kurz die Produktionsprozesse, die zu dem hohen Energieverbrauch führen.
Guido Eckenwalder: Unser Produktportfolio besteht ja in der Hauptsache aus Edelstahlrohren und Baugruppen, die man daraus fertigen kann. Die Rohre werden in der Regel roll-geformt und mit Lasern geschweißt. Die ganzen nachfolgenden Umformprozesse sind ebenfalls recht energieintensiv. Wir haben viele Maschinen hier stehen, wir haben jede Menge Robotik und elektrifizierte Öfen. Darüber hinaus gibt es noch dem Aluminium-Hotforming Prozess. Das sind alles elektrische Prozesse, die viel Strom brauchen. Es sind ca. 30 GW/h im Jahr. Das ist nicht wenig.
Ortenau Journal: Sie wollen möglichst unabhängig von fossilen Energieträgern werden. Auf ihren Dächern gibt es bereits Photovoltaikanlagen. Nun planen Sie den Bau zweier Windräder sowie die Produktion von grünem Wasserstoff. Welchen Anteil an ihrem Energieverbrauch können Sie damit im Endeffekt decken?
Guido Eckenwalder: Es sind tatsächlich nur 770 Kilowatt-Peak an Photovoltaik. Das ist zu wenig. Es liegt daran, dass unsere Dächer nicht geeignet sind. Wir müssten unsere Dächer erst ertüchtigen, um Photovoltaik in der Größenordnung zuzubauen, dass es sinnvoll wäre. Das bedeutet, dass wir keine große Wahl haben, außer, dass man in Windkraft investiert oder dass wir Fläche dazubekommen, um Photovoltaik auszubauen. Es wäre schön, wenn wir beides hätten, also sowohl Wind als auch PV. Wir sind da in einem kontinuierliche Prozess. Sicher ist, wir wollen ein oder zwei Windräder bauen mit einer Leistung von je 7 MW. Die haben eine Nabenhöhe von 175 Metern. Das sind die größten, die Onshore bisher installiert wurden.
Ortenau Journal: Welche Strommenge wird dann letztendlich mit den 7 MW produziert?
Guido Eckenwalder: Wenn es so läuft, wie wir uns das vorstellen und errechnet haben, dann liegen wir bei ca. 26 GW/h Strom netto im Jahr.
Ortenau Journal: Das ist ja schon der Großteil dessen, was sie im Jahr verbrauchen mit 30 GW/h.
Guido Eckenwalder: Wir können einen Großteil decken. Man muss dabei aber berücksichtigen, dass wenn wir die Windräder da stehen haben, wir auch unseren eigenen Wasserstoff produzieren wollen. Der Herstellungsprozess ist auch energieintensiv. Die Elektrolyse eingerechnet, liegen wir dann schon bei 36 GW/h. Außerdem streben wir weiteres Wachstumsprozess an, wodurch dann noch mehr dazu kommt. Das heißt, die zwei Windräder helfen uns gewaltig und produzieren mit Sicherheit mehr als die Hälfe von dem, was wir an Strom brauchen. Wir werden auch zunehmend elektrifizieren, um unsere CO2-Reduktion zu forcieren. Das ist uns sehr wichtig und notwendig.
Ortenau Journal: Den Rest werden Sie dann weiter aus dem Stromnetz beziehen müssen.
Guido Eckenwalder: Wir werden mit Sicherheit zukaufen müssen. Es gibt ja auch Dunkelflauten. Da haben wir keine Sonne und keinen Wind. Wir haben alles genau simuliert, also die Lastgangkurve des Werkes über die simulierte Stromproduktion der Windräder „gelegt“. Es gibt Zeiten, wo wir mehr Wind haben. Da haben wir Strom übrig. Und es gibt Zeiten mit wenig Wind. Wir werden also Strom brauchen im Werk, dann auch für die Elektrolyse und wir werden ins Netz einspeisen.
Ortenau Journal: Können Sie denn die Planungen mit dem Baubeginn im zweiten Halbjahr 2025 einhalten?
Guido Eckenwalder: Schwierige Frage. Jetzt geht das Ganze erstmal in die Genehmigungsphase. Wir hoffen natürlich, dass es zügig geht und noch dieses Jahr stattfindet. Wir planen tatsächlich, dass wir in der zweiten Jahreshälfte 2026 ans Netz gehen. Die Wind- und Naturschutzgutachten sind gemacht. Es ist klar, was zu tun ist. Aber ob das dann in diesem Zeitplan abläuft, das hängt von Vielem ab.
Ortenau Journal: Die Wasserstoffproduktion ist ja auch technisch aufwändig. Welche Voraussetzungen müssen an der Stelle noch erfüllt werden? Und ist das in dem Genehmigungsverfahren gleich mitgedacht?
Guido Eckenwalder: Die Elektrolyse ist ein ganz anderes Genehmigungsverfahren. Das läuft nicht über das Landratsamt, sondern über das Regierungspräsidium. Da haben wir, außer Sondierungsgespräche, noch nichts unternommen, auch wenn wir in der technischen Planung schon relativ weit sind. Das liegt aber daran, dass wir uns mit dem Thema Wasserstoff schon länger beschäftigen. Nicht nur als Verbraucher, sondern auch mit dem Markt. Ich kümmere mich unter anderem um den Bereich Wasserstoffwirtschaft. Wir bauen zusammen mit einer Schweizer Partner-Firma, an der wir auch beteiligt sind, sogenannte Metallhydridspeicher, die zum großen Teil aus Fischer-Rohren bestehen. Wir haben heute in Achern bereits eine Anlage, die gelieferten grauen Wasserstoff speichert und über eine Brennstoffzelle rückverstromen kann. Was wir jetzt noch brauchen, ist eine Elektrolyse. Da werden wir Anfang nächsten Jahres in die Bestellung gehen.
Ortenau Journal: Mit welchen Gesamtkosten rechnen sie für das Projekt?
Guido Eckenwalder: Das ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht genau kalkulierbar. Die Preise sind sehr volatil.
Ortenau Journal: Die Energiepreise haben sich ja seit der Preisexplosion zu Beginn des Ukraine-Krieges inzwischen wieder auf einem niedrigeren Level eingependelt. Ist das Projekt denn noch wirtschaftlich vertretbar?
Guido Eckenwalder: Für uns ist das ein Langfristprojekt. Das rechnet sich natürlich. Wenn man von den Strompreisen ausgeht, die zu Beginn des Ukraine-Krieges zwischen 270 bis 650 Euro pro MW/h lagen, das ist jetzt zum Glück vorbei. Also wir haben jetzt wesentlich bessere Preise. Diese werden aber langfristig steigen, da mehr Sonnen- und Windenergie produziert wird, auch von Privathaushalten. D. h. die Netzentgelte werden steigen, da sie auf weniger verkauften Strom entfallen. Es wird zwar weniger Strom vom Energieversorger verkauft, aber die Netzinfrastruktur wird nach wie vor gebraucht. Aber unser Projekt ist ja auch eine Standortfrage. Es geht um Resilienz. Wir können uns nicht leisten, dass wir ständig irgendwelche zappelnden Strompreise haben. Wir brauchen eine klare Kalkulationssicherheit. Langfristigkeit heißt auch, wir bekennen uns da zum Standort Deutschland und zum Standort Achern.
Ortenau Journal: Sehen Sie die Fischer Group im Bereich der energieintensiven Industrie mit dem Projekt als Vorreiter oder wird die Eigenproduktion von Strom langsam zum Normalfall?
Guido Eckenwalder: Wir werden immer wieder zu Gesprächen eingeladen. Also nach dem was ich so sehe und höre, sind wir schon Vorreiter, ja. Es gibt Unternehmen, die in diese Richtung gehen. Aber es gibt noch nicht viele, die in diesen Größenordnungen denken wie wir. Es installieren sich zwar viele Photovoltaik aufs Dach, aber das was wir machen, ist ein Leuchtturmprojekt in dieser Größenordnung.
Ortenau Journal: Im kommenden Jahr sind Bundestagswahlen. Was erwarten Sie von der künftigen Bundesregierung, um die ökologische Transformation weiter voranzutreiben?
Guido Eckenwalder: Ich hoffe, dass das Thema CO2-Neutralität weiter vorangetrieben wird. Wenn es ultrarechts wird, wird es extrem schwierig, das wissen wir alle. Wenn es etwas rechts von der jetzigen Regierung wird, kann es durchaus sein, dass das Thema weiter vorangetrieben wird. Das ist aber reine Spekulation. Tatsache ist, dass wir in den vergangenen zwei Jahren einen drastischen Zubau hatten an PV- und Windkraftanlagen. Wenn dieser Weg nicht weiter beschritten wird in Richtung CO2-Neutralität, dann werden die Ziele für 2030 nicht erreicht.
Ortenau Journal: Es wird ja sehr viel über Bürokratie gesprochen. Diese stellt einen Standortnachteil dar. Wie ist das bei Ihnen gelaufen? Wurden ihnen im Zuge der Planungen und Vorbereitungen seitens der Behörden viele Steine in den Weg gelegt oder ging das vergleichsweise zügig?
Guido Eckenwalder: Also ich muss sagen, es ging bisher gut. Wir haben vor zwei Jahren mit dem Thema angefangen und frühzeitig Gespräche geführt mit dem Landratsamt und dem Regierungspräsidium. Die waren von Anfang an sehr kooperativ. Niemand hat versucht, uns auszubremsen. Natürlich lief das alles im Rahmen der Gesetze und Vorschriften. Es muss ja alles sauber ablaufen. Aber wir haben diesbezüglich eigentlich nur gute Erfahrungen gemacht. Das Landratsamt hat uns bei den vielen Behörden, die da eine Rolle spielen, immer unterstützt. Es gab schon früh eine sogenannte Vorantragskonferenz, da waren auch fast alle da, die es betrifft. Da wurde uns schon gesagt, was noch zu tun ist, was wir noch abliefern müssen. Es gab eine gute Zusammenarbeit. Wenn die Genehmigung jetzt noch in diesem Jahr zügig abläuft, was wir hoffen, dann sind wir insgesamt mit dem Prozess sehr zufrieden. Wir haben auch frühzeitig die Gemeinde in Fautenbach eingebunden. Wir haben in einer offenen Gemeinderatssitzung gesprochen und das Projekt vorgestellt. Auch hier im Haus haben wir kommuniziert. Wir haben die Bürger von Fautenbach eingeladen und von Anfang an offen kommuniziert. Das war insgesamt gut.
Ortenau Journal: Die Fischer Group ist ja der größte Arbeitgeber in Achern. Wie war denn die Akzeptanz in Fautenbach und Achern. Gab es da Widerstand gegen die Pläne oder wurde das Projekt überwiegend akzeptiert?
Guido Eckenwalder: Es gab natürlich die ein oder andere kritische Stimme. Die gibt es aber bei der Windkraft immer. Aber es gab niemanden, der gesagt hat: „Ihr dürft das nicht tun. Das werden wir verhindern.“
Ortenau Journal: Wie läuft es mit der ökologischen Transformation in den internationalen Niederlassungen der Fischer Group?
Guido Eckenwalder: Unsere Niederlassungen in der Welt haben alle ihre speziellen energetischen Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. So gibt es in Südafrika regelmäßige „Brown-Outs“. Das bedeutet, dass der Strom gezielt für Stunden abgeschaltet wird. In anderen Ländern wiederum kämpft man mit transienten Überspannungen im Netz. Diese eher alltäglichen Probleme gilt es zu lösen. Alle gemeinsam haben aber die Aufgabe und das Bestreben möglichst Strom selbst zu erzeugen, um unabhängiger zu werden und die energetische Resilienz zu stärken. Sie tun das bisher mit PV-Anlagen. Unsere Niederlassungen in acht Ländern sind diesbezüglich bereits ausgerüstet. Wir sind weltweit sehr stark mit der Automotiven Industrie verbunden. Da ist die Reduktion von CO2 Emissionen ein Muss.
Interview: Wolfgang Huber
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