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Jahresabschluss

Ortenau Klinikum: Bilanzverlust von 33,1 Millionen Euro

Notaufnahme Klinikum Offenburg
© Ortenau Klinikum
Der Vorstandsvorsitzende des Ortenau Klinikums, Christian Keller, hat kürzlich dem Kreistag den Jahresabschluss des Klinikverbunds vorgelegt. Der Bilanzverlust stieg demnach von 8,3 Millionen Euro in 2022 auf nunmehr 33,1 Millionen Euro. Die Gründe liegen Keller zufolge beispielsweise in höheren Lohnkosten, einem Rückgang der Ausgleichszahlungen durch Bund und Land sowie gestiegenen Energiekosten.

Im Klinikverbund seien 2023 insgesamt 61.163 Patienten stationär behandelt worden. Das sind 1.006 stationäre Patienten mehr als im Jahr 2022. Das Ortenau Klinikum könne laut einer Pressemitteilung damit erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie in 2020 den Trend umkehren und wieder Patienten hinzugewinnen. Auch bei den ambulanten Behandlungen verzeichne der Klinikverbund mit 180.551 Fällen einen Zuwachs von insgesamt 2,08 Prozent gegenüber 2022 (+ 3.676 Fälle). Besonders stark sei in diesem Bereich die Zunahme an ambulanten Operationen mit 14,84 Prozent. Der Trend zur Ambulantisierung halte an.

Dennoch verzeichne das Ortenau Klinikum bei einer in 2023 auf rund 520 Mio. Euro gestiegenen Bilanzsumme (455 Mio. Euro in 2022) einen Bilanzverlust von rund 33,1 Mio. Euro. Dieser lag in 2022 bei 8,3 Mio. Euro. Zu der Entwicklung beigetragen habe u. a. die Differenz der realisierten zu den geplanten Ausgleichszahlungen. Insgesamt erhielt das Ortenau Klinikum von Bund und Land lediglich 14 Mio. Euro Corona-bedingte Ausgleichszahlungen und damit 13 Mio. Euro weniger als im Wirtschaftsplan veranschlagt.

Höhere Lohnkosten

Hinzu kämen hohe Tarifabschlüsse und gestiegene Inflation mit in Folge zweistellig erhöhten Bezugspreisen, gestiegene Kosten für Leiharbeitskräfte, gestiegene Energiebezugskosten sowie höhere Abschreibungen durch die Aktivierung von Interimsbaumaßnahmen (z.B. OP-Neubau Ebertplatz).

Während die Kosten für Lohnzahlungen und Sachgüter um rund sieben Prozent gestiegen seien, habe der Budget-Anstieg für 2023 lediglich bei 4,42 Prozent gelegen. Damit setze sich die seit Jahren bestehende Erlös-Kosten-Schere fort, so Keller. All dies führe zu einer Erhöhung des Jahresfehlbetrags in 2023 um 24,6 Mio. Euro gegenüber dem Ergebnis des Wirtschaftsjahres 2022. Die wirtschaftliche Situation der Kliniken in Deutschland habe sich seit Corona und der Inflationsentwicklung in 2023 massiv verschärft. Das System der Krankenhausfinanzierung sei noch nie so unterfinanziert gewesen wie momentan.

„Neustrukturierung war notwendig“

Das Spannungsfeld zwischen einer nicht auskömmlichen Krankenhausfinanzierung in Deutschland, einem sich verschärfenden Fachkräftemangel und starken Kostensteigerungen, lasse auch für die kommenden Jahre deutliche Verluste erwarten. Ein grundsätzlich richtiger Ansatz einer Krankenhausreform, zu der nach wie vor viele Details der Finanzierung ungeklärt sei, werde im Idealfall erst in einigen Jahren wirklich greifen. Vor diesem Hintergrund sei es richtig gewesen, schon ab 2016 die Neustrukturierung der Kliniklandschaft im Ortenaukreis anzugehen. Laut der aktuellen Krankenhausstudie „Ohne Fusionen keine Zukunft“ von Roland Berger stünden vielen Kliniken Strukturanpassungen in der sich verschärfenden wirtschaftlichen Lage erst noch bevor.

Im vergangenen Jahr sei das Ortenau Klinikum auch als Arbeitgeber weiterhin sehr attraktiv geweseb: Über 6.000 Menschen, zunehmend mehr in Teilzeit, arbeiteten Ende des Jahres für den Klinikverbund. Das Ortenau Klinikum habe bei insgesamt 3.654 Vollstellen 51 neue Vollstellen im patientennahen Bereich einrichten können.

Hohe Planungs- und Baukosten

Bei den Investitionen des Ortenau Klinikums belaufen sich 2023 die Bruttozugänge im Sachanlagevermögen auf rund 50 Mio. Euro. Davon hätten die Investitionen für Einrichtungen und Ausstattungen sowie für immaterielle Wirtschaftsgüter rund 5 Mio. Euro und die Investitionen im Baubereich rund 45 Mio. Euro betragen. Die Hauptinvestitionen seien hier Planungs- und Baukosten für die Neubauten in Achern, Lahr und Offenburg in Höhe von rund 11,2 Mio. Euro gewesen. Sowie für die Zentren für Gesundheit in Ettenheim, Gengenbach und Oberkirch in Höhe von 14,2 Mio. Euro. Ebenso für den Umbau im Pflege- und Betreuungsheim Ortenau (PBO) in Höhe von 2,2 Mio. Euro.

Experten rechnen damit, dass sich die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser in Deutschland erst ab 2030 ins Positive drehen werde. Erreicht werden könne dies im Rahmen von Zentralisierungen durch die Zusammenlegung von Standorten sowie von Schwerpunktbildungen durch die Bündelung von Leistungsgruppen.

Es sei gut, dass man die Weichen für neue Strukturen mit der Agenda „Ortenau 2030 – Zukunft Gesundheit“ frühzeitig gestellt habe. Dies sei insbesondere der „weitsichtigen und mutigen Politik“ von Landrat Frank Scherer und der Gremien des Ortenaukreises zu verdanken. Die Auswirkungen von Corona und Inflation auf das Ortenau Klinikum seien deshalb weniger gravierend wie andernorts. Mit den gemeinsam eingeleiteten Maßnahmen ab 2018 habe das kumulative Defizit bis 2030 um 173 Mio. Euro reduziert werden können.

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