Die Bürgermeisterwahlen in Ortenberg und Renchen haben es gezeigt: Frauen, die sich in der Kommunalpolitik engagieren und politische Ämter und Mandate anstreben, haben gute Chancen, gewählt zu werden. Während Amalia Lindt-Herrmann im Oktober in Ortenberg die Wahl deutlich mit knapp 60 Prozent gegen einen männlichen Konkurrenten für sich entschied, gewann am gestrigen Sonntag die Verwaltungswirtin Stephanie Bartsch den Urnengang in der Grimmelshausenstadt noch souveräner gegen drei männliche Mitbewerber.
Geprägte Rollenbilder
Beide konnten die Wähler mit ihrer Persönlichkeit, ihrem Engagement, neuen Ideen sowie nicht zuletzt wegen ihrer herausragenden Qualifikationen überzeugen. Das daraus resultierende Selbstbewusstsein bringen jedoch nicht alle Frauen mit. Viele unterschätzen sich und ihre Fähigkeiten und kandidieren erst gar nicht, wie die Gleichstellungsbeauftragte des Ortenaukreises, Carina Klemm gegenüber dem Ortenau Journal erklärt. „Dies hat teilweise etwas mit geprägten Rollenbildern und Erwartungen zu tun. In den meisten Familien übernehmen die Frauen die Care-Arbeit. Pflege von Angehörigen, Haushalt und Kindererziehung lassen sich schwer mit langen Sitzungen spät abends kombinieren.“
Bei der Kommunalwahl 2024 standen laut Klemm weniger Frauen auf den Listen als fünf Jahre zuvor. Dabei wäre es eine logische Konsequenz, wenn der Frauenanteil in den Gremien der Städte und Gemeinden sowie im Kreis höher wäre. Klemm: „Mehr Frauen am Ratstisch heißt eine realistischere Abbildung der Bevölkerung, was für die Gemeinde enorm wichtig ist. Der weibliche und männliche Bevölkerungsanteil ist etwas ausgeglichen. Es wäre für kommunalpolitische Entscheidungen daher immer von Vorteil, wenn das Gremium dies widerspiegeln würde. Frauen haben andere Sichtweisen und Erfahrungen.“
Plattform für Weiterentwicklung
Dafür will Carina Klemm nun im Verbund mit den Landkreisen Emmendingen und Breisgau-Hochschwarzwald verstärkt werben und arbeiten. Doch welche Maßnahmen könnten ein höheres Engagement von Frauen bewirken? Strukturell werde immer wieder darüber gesprochen, z. B. einen Zuschuss für Kinderbetreuung zu etablieren, Sitzungen hybrid zu veranstalten und Kommunalpolitikerinnen besser vor Anfeindungen zu schützen. „Auch dies sind Punkte, die eine Frau bei der Frage nach der Kandidatur beachtet.“
Mit der Veranstaltungsreihe „FRAUEN MACHT POLITIK!“ wollen die Gleichstellungsbeauftragten der genannten Landkreise außerdem kommunalpolitisch aktiven Frauen eine Plattform zum Erfahrungsaustausch und Weiterentwicklung bieten. „Wir wollen daher einerseits neue Kommunalpolitikerinnen gewinnen, andererseits auch die bereits aktiven Mandatsträgerinnen unterstützen und ermutigen, am Ratstisch zu bleiben und sich aktiv einzubringen“, so Klemm. Dieses Ziel verfolge man über Informationsweitergabe, Fortbildungen und die Möglichkeit, sich untereinander zu vernetzen, um Anlaufstellen bei Problemen zu haben und souverän agieren zu können.
Zahlreiche Herausforderungen
Der Workshop „Durchstarten jetzt – Fit als Kommunalpolitikerin“ am 23. November 2024 in Emmendingen richte sich an Kommunalpolitikerinnen, die ihr Mandat jetzt noch durchsetzungsstärker wahrnehmen möchten. Bei der Präsentation eigener Ideen, öffentlichen Auftritten, im Umgang mit politischen Gegnern und beim Aufbau eines tragfähigen Netzwerks würden Kommunalpolitikerinnen zahlreichen Herausforderungen begegnen. Der Workshop mit der Trainerin und Coachin Dorothea Maisch biete Frauen Werkzeuge an, um sich kompetent, selbstsicher und durchsetzungsstark auf dem politischen Parkett zu bewegen.
Der Workshop findet am Samstag, 23. November 2023, von 9.30 Uhr – 16.30 Uhr im Landratsamt Emmendingen, Haus am Festplatz, statt. Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei. Da die Plätze begrenzt sind, wird um Anmeldung unter www.ortenaukreis.de/kommunalpolitikerin gebeten. Die Landeszentrale für politische Bildung als Kooperationspartnerin bietet weitere Veranstaltungen für Frauen an, die sich in Kreistagen, Gemeinde- und Ortschaftsräten engagieren oder daran interessiert sind. Nähere Informationen: www.lpb-bw.de/frauen-veranstaltungen.
Foto: Die Gleichstellungsbeauftragten (von links) Carina Klemm (Ortenaukreis), Karin Schuster (Landkreis Emmendingen) und Heike Gutmann (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald) wollen Frauen in der Kommunalpolitik stärken.
Wolfgang Huber
Siehe auch: Diana Kohlmann: „Es wird sich zeigen, wie ich mit dem neuen Landrat klarkomme“
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