Markus Vollmer feiert am kommenden 30. Januar seinen 60. Geburtstag. Er und unser Autor Jürgen Stark kennen sich als musikalische Initiatoren und Texter der Ortenberg-Hymne „Reggae in den Reben“, welche sie im letzten Sommer gemeinsam mit viel beachtetem Videoclip (YouTube) veröffentlichten. Vor dem Interview gibt es ein Porträt aus nächster Nähe.
Von Jürgen Stark
Der Mann hat Kraft. Er spricht meist mit ruhiger leiser Stimme, hat den klaren, festen Blick des Entscheiders. Stets stilsicher gut gekleidet war Markus Vollmer von 2008 bis 2024 erfolgreicher Bürgermeister der kleinen Gemeinde Ortenberg. Am Fuße von Weinbergen und Hohem Horn am Schwarzwald. Eine Idylle mit eigenem Schloss, architektonisch gelungenem Rathausneubau und – neuerdings einer attraktiven, lebendigen Hauptstraße. Wenn Markus Vollmer jetzt in den Ruhestand geht, dann lohnt ein Blick zurück – und nach vorn.
Als ältester von vier Brüdern und verheiratet mit Bernadette Seigel-Vollmer hat er zwei erwachsene Kinder: Luis und Maria. Nach seiner Ausbildung zum Fernmeldehandwerker folgten Zivildienst und zweiter Bildungsweg, Studium mit Abschluss als Diplomverwaltungswirt. Dann ging es rasant in die Kommunalpolitik hinein und Vollmer wurde bereits im Juli 2007 Amtsverweser der Gemeinde Kappel-Grafenhausen. Dann trat er zur Wahl an, und wurde als Bürgermeister von Ortenberg gewählt. Mit ihm in Verbindung wird für immer eine äußerst gelungene Ortskernsanierung bleiben.
Aus einer tristen, grauen Durchfahrtstraße wurde – mit abgesenkten Bürgersteigen und hellen Flächenquadraten auf freundlichem Asphalt – ein kleiner Boulevard. Im Sommer blüht hier plötzlich das Leben mit Eiscafé und Biergärten, selbst ein örtlicher Döner-Anbieter stellte sofort Tische und Stühle vor die Tür, der Musikklub „Fantasy“ erweiterte sein Areal mit Palmen bis zum Straßenrand. Ortenberg erwachte aus einem Dornröschen-Schlaf. Hinterm Rathaus ist nun inzwischen auch der „Feierabend-Markt“ (jeweils Mittwochs Nachmittags von Frühjahr bis Herbst) mit Live-Musik und Themen-Programm zum Highlight der Region geworden.
Die Sanierung des Ortskerns von Ortenberg ist zweifellos eine Erfolgsgeschichte, die Lebensqualität am Ort hat sich hierdurch signifikant verbessert – das Tor für Touristen wurde weit geöffnet. Mehr als drei Millionen soll das Projekt gekostet haben. Auch hier eine saubere administrative Leistung. Denn erst nach einem positiven Bewilligungsbescheid, der die Förderung aus dem Landessanierungsprogramm zur Aufstockung bewilligte, wie von der Gemeinde beantragt, wurde kaufmännisch solide der Projektstart angegangen. Solide auch der Abschluss. Im Gegensatz zu Berliner Flughäfen und Stuttgarter Bahnhöfen wurde unter Markus Vollmer und seinem Rathaus-Team sowie einem konstruktiven Gemeinderat vernünftig geplant, seriös kalkuliert, passgenau bestellt – und professionell und pünktlich (!) bis 2022 geliefert.
Nun wurde Markus Vollmer in Ortenberg mit einer sehr emotionalen Einwohnerversammlung verabschiedet. Den Einwohnern und seiner Heimat erklärte Vollmer nochmals seine Zuneigung, für seine Nachfolgerin gab es Geschenke mit Hintersinn und Humor. „Mein Herrgott hat’s gut gemeint mit mir und hat mir die schönste denkbare Aufgabe gegeben: das Amt des Bürgermeisters von Ortenberg. Die 16 Jahre sind vergangen wie im Flug.“ Für seine Nachfolgerin Amalia Lindt-Herrmann gab es dann einen Schutzhelm für die Baustelle Ortenberg – die Kernsanierung geht vor allem hinterm Rathaus noch äußerst anspruchsvoll weiter.
Ein ganz besonderes Präsent für sie aber war ein Hufeisen, das ihr in ihrem neuen Amt Glück bringen soll; dieses Eisen wurde gefunden, als das Fundament für die „Fanny mit der Schees“- ein neues historisches Denkmal in Ortenberg – ausgehoben worden war. Der Schlusspunkt: Stehender Beifall für Markus Vollmer beendete seinen letzten Tag. Er hinterlässt Ortenberg schuldenfrei und auch mit schönster Poesie in den von ihm mit verfassten „Reggae in den Reben“, einer bleibenden Hymne eines ungewöhnlichen Ortenberg-Liedes. Seine Freunde und Kollegen beim umtriebigen und engagierten Musikverein am Ort, der eine hervorragende Jugendarbeit leistet, können sich nun freuen. Markus Vollmer spielt hervorragend Akkordeon. Und dafür hat er jetzt viel mehr Zeit.
Markus Vollmer – Zum Abschied das Exklusiv-Interview mit dem scheidenden Bürgermeister.
Ortenau Journal: Kannst du dich noch an deinen ersten Arbeitstag als Bürgermeister erinnern?
Markus Vollmer: Ich kann mich noch sehr gut erinnern. Es war der 1. Dezember (2008), ein nasskalter und grauer Tag. Ich wurde von meinen neuen Kolleginnen und Kollegen sehr herzlich und freundlich empfangen. Doch dann ging gleich das Tagesgeschäft los und ich wurde mit einem Fall konfrontiert, bei dem es um einen Platzverweis aus einer Wohnung ging. Außerdem fand ein bedeutsames Gespräch zur Bildung eines sozialen Netzwerkes statt, das sehr nachhaltige Wirkung haben sollte.
Ortenau Journal: Was waren Meilensteine der folgenden Amtszeit?
Markus Vollmer: Am Wichtigsten war für mich, die alltäglichen Herausforderungen zu meistern und damit Ortenberg jeden Tag ein kleines Stückchen besser gemacht zu haben. Projekte? Ok, da wäre etwa die Ansiedelung von Gewerbebetrieben. Denn das verhilft einer Gemeinde zu einer Grundlage für vieles andere. Dann natürlich das Großprojekt Ortskernsanierung mit Seniorenzentrum, neuem Kindergarten, Bauhofverlegung, Neugestaltung des öffentlichen Raums.
Ortenau Journal: Gibt es einen besonders emotionalen Moment aus deiner Amtszeit, den du nie vergessen wirst?
Markus Vollmer: Es gab einige tragische Unfälle mit jugendlichen Opfern. Das waren Erlebnisse, die sehr an die Nieren gingen und natürlich nicht vergessen werden können.
Ortenau Journal: Welches sind aktuell die Herausforderungen für Ortenberg im Hinblick auf das kommende Jahr?
Markus Vollmer: Wie für nahezu alle Gemeinden werden die nächsten Jahre finanziell nicht einfach, denn bei tendenziell sinkenden Einnahmen infolge einer schwachen Konjunktur werden gleichzeitig die Umlagen steigen – etwa die Kreisumlage. Dazu kommen immer mehr Aufgaben auf die Gemeinden zu, die der Gesetzgeber nach unten delegiert, ohne hierbei für eine adäquate Finanzierung zu sorgen. Ich nenne hier etwa das Thema Flüchtlingsunterbringung und Integration, Kleinkindbetreuung, Ganztagsbetreuung in der Grundschule, ÖPNV oder Wärmenetzplanung.
Ortenau Journal: Was sind nun weitere relevante Projekte und Herausforderungen für deine Nachfolgerin Amalia Lind-Hermann, die seit 1. Dezember im Amt ist?
Markus Vollmer: An baulichen Investitionsprojekten haben wir in Ortenberg einiges vor der Brust, darunter die Fortsetzung der Ortskernsanierung im Bereich der „grünen Mitte Ortenberg“, u. a. als große Herausforderung die Sanierung der alten Festhalle. Die Planung des zu realisierenden Bahnhaltes ist natürlich auch sehr herausfordernd und von großer Bedeutung. Dann wäre da noch der Anschluss der Wasserversorgung an die Kleine Kinzig als zusätzliche Versorgungsoption.
Ortenau Journal: Welche Empfehlungen gibst du deiner Nachfolgerin im Amt mit auf den Weg?
Markus Vollmer: Inhaltlich steht es mir nach meiner Auffassung nicht zu, Empfehlungen auszusprechen. Ich glaube auch nicht, dass das notwendig wäre.
Ortenau Journal: Wie sehen deine Pläne für den kommenden „Unruhestand“ aus? In welcher Form bleibst du Ortenberg auch künftig noch erhalten?
Markus Vollmer: Ich bleibe natürlich Ortenberger und werde hier weiterhin ehrenamtlich aktiv sein. Etwa im Musikverein oder in der Bürgerstiftung. Hier habe ich meinen Lebensmittelpunkt und der wird es auch bleiben.
Foto: Markus Vollmer mit Akkordeon und Jürgen Stark an der Gitarre haben zusammen für den Ortenberg-Hit „Reggae in den Reben“ geprobt.
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E-Mail: info@brandmediaberlin.de
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