Wirtschaftskrise

IHK-Konjunkturklimaindex für Südbaden taumelt weiter abwärts

Alwin Wagner, IHK
© Tobias Symanski/IHK SO
Die deutsche Wirtschaft steckt fest in einer Konjunkturkrise, da macht auch die südbadische Region keine Ausnahme. „Wir sehen kein Licht am Ende des Tunnels“, sagte der Stellvertretende Hauptgeschäftsführer der IHK Südlicher Oberrhein, Alwin Wagner, bei der Vorstellung des Konjunkturberichts zum Herbst 2024 am Dienstag in Freiburg. Immer mehr Unternehmen beklagen eine schlechte Geschäftslage. Investitionen werden zurückgefahren.

Seit rund zwei Jahren kämpfen die Unternehmen und insbesondere die Industrie am südlichen Oberrhein mit einem fallenden Auftragseingang. Die Folgen seien rückläufige Umsätze und immer weniger Unternehmen, die die eigene Ertragslage als gut bezeichnen. Das zeige die aktuelle Konjunkturumfrage der IHK Südlicher Oberrhein zum Herbst. Nur noch knapp sind laut einer IHK-Pressemitteilung die Unternehmen mit guter Geschäftslage (25 Prozent) in der Überzahl, schon 18 Prozent klagen über eine schlechte Geschäftslage.

Verschärfte Lage

Der entsprechende Index über alle Branchen hinweg falle von 18 auf 7 Punkte ab und erreiche damit den tiefsten Stand seit Jahresbeginn 2021. Insbesondere in der Industrie falle der Index der Geschäftslage zum ersten Mal seit vier Jahren wieder in den negativen Bereich, und zwar um 15 auf minus 5 Punkte. Lange habe man hier noch von einem Auftragspolster zehren können. Das erneute Ausbleiben konjunktureller Impulse scheine nun aber endgültig die Lage zu verschärfen.

Erstmals seit dem Herbst 2020, der noch ganz im Zeichen der Covid-19-Pandemie stand, geben demnach wieder mehr Unternehmen an, eine schlechte (27 Prozent) Geschäftslage zu haben als eine gute (21 Prozent). Dies mache sich auch in der Investitionspolitik der Industrie unternehmen bemerkbar. Nur noch 22 Prozent von ihnen planen die Investitionen am Standort auszuweiten, während 36 Prozent diese zurückfahren wollen. Dies unterstreiche einmal mehr, dass die Gefahr einer Schrumpfung der industriellen Basis auch für Südbaden besteht.

Keine Aufbruchstimmung

Das Problem fehlender positiver Dynamik verfestige sich jedoch insgesamt. „Es gibt keine Aufbruchsstimmung. Seit fünf Jahren springt die Wirtschaft nicht mehr so richtig an, es geht im Zickzackkurs nach unten“, sagte Wagner. „Das deutet stark auf strukturelle Probleme am Standort Deutschland hin.“ Dass sich in der kommenden Zeit nichts daran ändern werde, zeige auch der Index der Geschäftserwartungen. Zum fünften Mal in Folge blicken die Unternehmen am südlichen Oberrhein überwiegend pessimistisch in die Zukunft.

Aktuell seien es 29 Prozent, die mit einer Verschlechterung rechnen, während sich nur noch 11 Prozent der Unternehmen ihren Optimismus erhalten konnten. Der Index der Geschäftserwartung falle nochmals um 6 Punkte auf nun minus 17 Punkte. Die Angaben zur aktuellen Geschäftslage und den zukünftigen Geschäftserwartungen würden zum IHK-Konjunkturklimaindex kombiniert. Dieser könne Werte zwischen 0 und 200 annehmen, wobei Werte über 100 Wirtschaftswachstum anzeigen und Werte unter 100 auf eine Rezession hindeuten. Die schlechtere Lageeinschätzung und die negativen Geschäftserwartungen lassen den IHK-Konjunkturklimaindex weiter abwärts taumeln, wie es heißt. Er verliere 8 Punkte und befindet sich mit 94 Punkten nun auf dem tiefsten Stand seit zwei Jahren.

Höhere Arbeitslosigkeit

Ähnlich ergehe es dem Index für ganz Baden-Württemberg, der bei 93 Punkten steht. Die verhaltene Stimmung schlage mittlerweile auch auf den Arbeitsmarkt durch. Noch vor der Corona-Krise sprach man hier von „Vollbeschäftigung“, doch die Zahl der Arbeitssuchenden im Kammerbezirk habe sich in den vergangenen vier Jahren um fast 4.000 Personen auf knapp 26.000 erhöht. Die Arbeitslosenquote stieg im selben Zeitraum von 3,5 Prozent auf 4 Prozent an. Auch das Mittel der Kurzarbeit sei in den vergangenen Jahren vermehrt von einzelnen Unternehmen herangezogen worden, um auf die schwächere Nachfrage zu regieren. Diese Daten decken sich auch mit den Angaben, welche die Unternehmen zu ihren Personalplanungen machen. Bereits seit einem Jahr stünden hier die Zeichen überwiegend auf Beschäftigungsabbau. Aktuell planen 27 Prozent der Unternehmen mit weniger Mitarbeitenden in den kommenden zwölf Monaten, 57 Prozent möchten ihren Personalstamm laut Wagner stabil halten, nur 16 Prozent wollen diesen vergrößern.

Inlandsnachfrage schwächelt

Was sind aktuell die größten Belastungsfaktoren der Unternehmen? Bei der Frage nach den größten Belastungsfaktoren der Unternehmen gaben fast zwei Drittel der Betriebe bei der IHK-Umfrage an, sich Sorgen über die Inlandsnachfrage zu machen – der höchste Wert, seit dem die Frage im Jahr 2011 in den Fragebogen aufgenommen wurde. Dies unterstreiche die Verunsicherung, die derzeit in vielen Unternehmen herrscht.

Ausdruck einer großen Unzufriedenheit sei auch die Entwicklung des Risikofaktors Wirtschaftspolitik. 42 Prozent aller befragten Unternehmen bestätigen, dass sie in dieser ein Risiko für das eigene Unternehmen sehen. Noch nie in den vergangenen 13 Jahren seien so viele Unternehmen unzufrieden mit der Politik gewesen. Im Frühsommer vergangenen Jahres sei das Thema mit 17 Prozent auch noch unter dem Radar gelaufen.

Zuviele Vorschriften

Der Eindruck, dass in Deutschland nicht genügend Priorität auf die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit gelegt werde, verfestige sich immer mehr. Besonders die zu hohe Bürokratiebelastung werde von den Unternehmen oft genannt, so etwa in Bezug auf Bauvorschriften, Berichtspflichten, Datenschutz oder dem Lieferkettengesetz. Aber auch die fehlende Verlässlichkeit zum Beispiel bei Fördermaßnahmen werde angemahnt. „Das alles darf einen Standort wie Deutschland nicht kennzeichnen, wo die Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen eigentlich ein wesentliches Merkmal sein müsste“, warnte Wagner.

„Wir benötigen dringend ein Reformprogramm.“ Wagner befürchtet allerdings, dass die politisch Verantwortlichen hier wenig Ambitionen an den Tag legen werden. „Wir befinden und auf dem Weg in Richtung Wahlkampf. Die Gefahr ist groß, dass wir ein weiteres Jahr dabei verlieren, die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland wieder zu verbessern und damit den Transformationsprozess der Wirtschaft zu unterstützen.“

Foto: Alwin Wagner, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK, stellt den Konjunkturbericht zum Herbst vor.

Weitere Beiträge