„Alle warten sehnsüchtig auf die Wirtschaftswende – wir können sie noch nicht vermelden. Im Gegenteil: Wir müssen in diesem Jahr mit einem weiteren Rückgang rechnen. In anderen Ländern muss die Industrie weniger Steuern zahlen, hat geringere Kosten und kann auf funktionierende und schnelle Verwaltungen zählen. Deutschland ist zu alt, zu teuer, zu kompliziert, zu schwerfällig“, kommentiert wvib-Hauptgeschäftsführer Dr. Christoph Münzer in einer Pressemitteilung das Ergebnis der Konjunkturumfrage der Schwarzwald AG.
Gesunkene Umsätze
Für das Gesamtjahr 2024 meldeten die wvib-Mitgliedsunternehmen demnach ein Umsatzminus von 4,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Im Gesamtjahr 2023 wurde ein nominales Umsatzwachstum von 3,1 Prozent vermeldet. Rund 62,8 Prozent der befragten Unternehmen meldeten gesunkene Umsätze. Deutlich mehr als 2023. Bei nur 34 Prozent der Befragten sind die Umsätze im vergangenen Jahr angestiegen. Vor einem Jahr meldeten noch 57,3 Prozent ein Umsatzplus.
Die Geschäftserwartungen würden weiter auf ihrem niedrigem Niveau: 22,2 Prozent rechnen in den nächsten sechs Monaten mit steigenden Umsätzen. Mit einem Umsatzrückgang rechnen der Umfrage zufolge rund 26,7 Prozent. Aus dem Mittel zwischen Geschäftslage und Geschäftserwartung bildet sich das wvib-Geschäftsklima. Dieses liege derzeit bei minus 17 Punkten. Vor einem Jahr lag dieser Index mit 2,3 Punkten im Plus. Vor drei Monaten lag der Wert mit 29 Punkten deutlich tiefer im Minus, was auf eine gewisse wirtschaftliche Aufhellung schließen lässt.
Drastische Lage bei Automobilzulieferern
Betrachte man das Geschäftsklima im Detail, würden sich bei den einzelnen Branchen deutliche Unterschiede zeigen. Bei den Zulieferern im wvib-Branchencluster Automotive schlage sich die Krise der Branche drastisch nieder: Mit minus 41,8 Punkten liege das Geschäftsklima deutlich unter dem der Gesamtumfrage. Vor einem Jahr lag das Minus nur bei 2,7 Punkten. Mit 6,2 Prozent Umsatzminus liegt die Branche auch bei diesem Indikator unter dem Gesamtwert.
Etwas aufatmen kann den wvib-Zahlen nach zu urteilen um den Maschinenbau. Dieser Branchenzweig ist in der Ortenau stark vertreten. So sei das Geschäftsklima im Cluster Maschinenbau mit minus 12 Punkten etwas besser als im Rest der Industrie. Mit minus 3,6 Prozent Umsatzminus liegt das Cluster auch leicht über dem Gesamtwert.
Stagnierende Auftragseingänge
Beim Frühindikator Auftragseingang mache sich bemerkbar, dass es bis zum Aufschwung noch etwas dauern werde, schreibt der Verband. In den vergangenen zwölf Monaten ist demzufolge der Auftragseingang in den Unternehmen der Schwarzwald AG um ein Prozent zurückgegangen. In der Umfrage zum ersten Halbjahr lag der Wert bei minus 3,9 Prozent. Vor einem Jahr vermeldeten die befragten Unternehmen ein Minus von 4,1 Prozent.
22,3 Prozent der befragten Unternehmen erwarten in den nächsten sechs Monaten steigende Auftragseingänge (Januar 2024: 26,2 Prozent). 23,4 Prozent rechnen damit, dass der Auftragseingang eher zurückgehen wird (Januar 2024: 29 Prozent). 54,3 Prozent rechnen mit stagnierendem Auftragseingang. Die Ertragslage werde von knapp 52 Prozent der Unternehmen als gut beschrieben.
In der Krise dauere es, bis Unternehmen beim Personal den Rotstift ansetzen. Zu stark schien der Fachkräftemangel. Die wvib-Konjunkturumfrage zeige, dass Stellenabbau-Schlagzeilen keine isolierten Einzelfälle seien. 53,3 Prozent der befragten Unternehmen geben an, im vergangenen Jahr die Zahl der Beschäftigten reduziert zu haben (2023: 43,3 Prozent). 34,8 Prozent vermeldeten einen Anstieg der Beschäftigten.
Schlechte Auslastung
Die Prognosen bleiben auch hier durchwachsen bis schlecht: Nur noch 16,4 Prozent rechnen in den nächsten sechs Monaten mit mehr Beschäftigten (Januar 2024: 20 Prozent), während 26,2 Prozent davon ausgehen, dass der Personalstamm eher sinken wird (Januar 17,6 Prozent). 57,5 Prozent erwarten, dass die Zahl der Mitarbeiter gleich bleiben wird.
Die wohl eindrücklichste Zahl sei jene zur Auslastung der Unternehmen: 74,7 Prozent der befragten Unternehmen vermeldeten eine schlechte Auslastung der Produktionskapazitäten. 20 Prozent gaben eine eher durchschnittliche Auslastung an. Lediglich 5,3 Prozent melden eine hohe Auslastung. Vor einem Jahr lag diese bei 5,8 Prozent.
In unserer Zusatzfrage haben wir die Chefinnen und Chefs der Schwarzwald AG gefragt, welche Maßnahmen sie für notwendig halten, um Deutschland wieder aus der Krise zu führen. Die Antwort Verbesserung der Rahmenbedingungen – Steuersenkungen für Unternehmen und Privatpersonen, Abbau von Regulierung, Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren findet die Zustimmung von 100 Prozent der Befragten.
Gegen Asylrechtsverschärfung
Eine Verbesserung der Nachfragebedingungen, also eine Erhöhung des Mindestlohns, Stabilisierung des Rentenniveaus oder eine Lockerung der Schuldenbremse halten 23,5 Prozent der Befragten für notwendig – von 76,5 Prozent wird eine nachfrageorientierte Politik dagegen als nicht notwendig betrachtet. Eine Stärkung der nationalen Souveränität samt Wiedereinführung der D-Mark, einem Austritt aus der EU und der drastischen Beschränkung von Migration und Asyl wird von 94,5 Prozent der Befragten abgelehnt.
Die Mehrheit von 66 Prozent der befragten wvib-Mitgliedsunternehmen trauen einer schwarz-gelben Koalition die größte Reformkraft zu. Eine schwarz-grüne Koalition erhält 14 Prozent Zustimmung, eine große Koalition halten lediglich neun Prozent der Befragten für zielführend.
Absage an Rot-Grün
Eine Entwicklung zum Guten werde eher auf sich warten lassen. So hätten die Unternehmer die Hoffnung aber noch nicht aufgegeben. Vor sechs Monaten rechneten 30 Prozent mit einem Aufschwung im ersten Halbjahr 2025 – heute glauben nur noch 1 Prozent der Befragten daran. 29 Prozent rechnen den Zahlen zufolge Anfang 2026 wieder mit einer positiven Entwicklung, 12 Prozent glauben, dass sich die Krise länger ziehen wird. Immerhin 28 Prozent halten die Schwächephase für kein vorübergehendes Phänomen. Vor einem Jahr waren es lediglich 16 Prozent.
Im seinem Fazit forderte wvib-Hauptgeschäftsführer Dr. Christoph Münzer, das Thema Wirtschaft mehr im Wahlkampf zu betonen und erteilt den Plänen von SPD und Grünen eine Absage: „Die Industrie blickt gespannt auf den Ausgang der Bundestagswahl – aber auch Trumps Handelspolitik und die Lage in China hinterlassen Fragezeichen. Trotz Wirtschaftswarntag ist der Ernst der Lage noch nicht wirklich im Wahlkampf angekommen. Die Parteien versprechen munter Wohltaten, welche die Krise eher verschärfen würden. SPD und Grüne wollen der Wirtschaft immer noch mit bevormundenden Subventionen – Stichwort Deutschlandfonds und -prämie – ins Lenkrad greifen. Das ist nicht nur ordnungspolitischer Unsinn. Es ist in der wirtschaftlichen Lage schlicht fahrlässig.“
Die wvib Schwarzwald AG ist Plattform für Vernetzung und Interessenvertretung des familiengeprägten, industriellen Mittelstands in Baden-Württemberg. In dem Verband – gegründet 1946 – erwirtschaften 1.045 produzierende Unternehmen mit 319.000 Beschäftigten weltweit 75 Milliarden Euro Umsatz.
red/wh
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