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Exklusiv-Interview

WeberHaus: „Wir wurden als Exoten bezeichnet“

© WeberHaus
Das „Ortenau Journal“ sprach mit den WeberHaus-Geschäftsführern Wolfgang Weber und Stephan Jager über energiesparende Bauweise, das wirtschaftliche Umfeld, die Erwartungen an die künftige Bundesregierung, den Einsatz von KI sowie die Arbeitgeberattraktivität.

Im Interview mit dem „Ortenau Journal“ gehen der Geschäftsführer Vertrieb & Marketing, Wolfgang Weber und der Kaufmännische Geschäftsführer Stephan Jager auch auf die Anfänge als ökologischer Vorreiter ein, die dem Unternehmen einen Vorsprung auf dem Markt einbrachte.

Ortenau Journal: Nachhaltigkeit ist Bestandteil ihrer Firmenphilosophie. Bereits seit den 70er Jahren bauen Sie energiesparende Häuser. Hatte das mit der Ölkrise zu tun oder war die damalige Geschäftsleitung einfach der Zeit um 30 Jahre voraus?

Stephan Jager: Aufgrund unseres Alters und unserer Firmenzugehörigkeit können wir das nicht vollumfänglich wiedergeben. Aber zurückblickend kann man sagen: Seit der Firmengründung 1960 baut WeberHaus Häuser aus dem nachhaltigen Baustoff Holz. Denn als gelernter Zimmermeister wollte Hans Weber schon immer ganze Häuser aus Holz bauen und erwarb letztendlich ein Patent. In den 70er Jahren wurden einige Themen vorausschauend festgelegt, die auch heute noch Bestand haben: Beispielsweise, dass wir unser Firmengelände hier in Rheinau-Linx und am Standort in Wenden-Hünsborn (Sauerland) mit Holzresten, die bei der Produktion der Häuser anfallen, heizen. Diese Entscheidung wurde u.a. getroffen aufgrund der Ölkrise.

Wolfgang Weber: Ihre Frage, ob wir unserer Zeit voraus gewesen sind, darf ich eindeutig bejahen. Dennoch stelle ich unseren Antrieb in ein falsches Licht, wenn ich behaupten würde, dass die Ölkrise das eigentliche Motiv gewesen sei. Wir beschäftigen uns seit Jahr und Tag rund um die großen Energiefragen und zu diesem prägenden Thema waren wir einmal mehr Pionier. So sind seinerzeit einige Forschungsprojekte entstanden, und wir entwickelten ein Niedrigenergiehaus, aus dem wenig später ein Nullenergiehaus wurde und als vorläufiger Höhepunkt brachten wir das Plus-Energiehaus auf den Markt, das heißt, dass ein WeberHaus mehr Energie gewinnt als es verbraucht. Diese Energieeinspar-Leidenschaft, der wir hinterherrannten, tat der kompletten Branche gut, denn der Energiestandard unterschied uns eindeutig vom konventionellen Anbieter, auch wenn wir seinerzeit als Exot bezeichnet wurden.

Stephan Jager: Aber ich glaube, wir bewegen uns immer noch in einer Nische, sowohl was die Stückzahlen als auch die Marktdurchdringung angeht. Das hat sich in den letzten Jahren verbessert, aber es müsste noch mehr sein. In den letzten 5 bis 10 Jahren ist die Fertighausbranche zunehmend in die Mitte gerückt. Die Themen wie Holz, Ressourceneffizienz, Nachhaltigkeit und Recycling sind mehr ins Bewusstsein der Menschen gelangt. Wir haben viel dafür getan, um an der Spitze dieser Bewegung unterwegs zu sein, insbesondere was die Förderfähigkeit unserer Produkte angeht. WeberHaus bietet Häuser an, die quasi als kleine Kraftwerke bezeichnet werden können, die Energie produzieren, mit Photovoltaik, Batteriespeicher und als wichtigsten Baustein einer hocheffizienten Gebäudehülle – hier sehen wir unseren Wettbewerbsvorteil – insbesondere im Vergleich zum konventionellen Bau. Leider bröckelt der politische Rahmen seit fast zwei Jahren, weshalb der Kunde sagt, es ist unter aktuellen Finanzierungsbedingungen weniger vorteilhaft, als es zuvor war. Langfristig betrachtet sind wir jedoch von der Wirtschaftlichkeit nach wie vor überzeugt.

Ortenau Journal: Haben Sie da noch einen gewissen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz? Sie haben gesagt, sie sind in die Mitte gerückt, daraus schließe ich, dass die Konkurrenz da aufgeholt hat.

Wolfgang Weber: Wenn man Produkte nicht im Detail betrachtet, könnten sie alle gleich erscheinen. Auch die Häuser anderer Anbieter bieten eine ordentliche Dämmung, sowie moderne Technik. Dennoch kommt es auf die Perspektive und die eigene Überzeugung an. Ein Haus kann relativ einfach in voluminöse Schaumstoffdämmung gepackt werden oder aber man verfolgt einen ökologischen Ansatz, an den wir glauben und den unsere Bauherren erwarten. Die WeberHaus Gebäudehülle besteht aus Naturmaterialien, in einem eindeutig nachhaltigen Kontext. Stephan Jager: Was uns unterscheidet, ist unsere breite Produktpalette. Wir bieten sowohl kleine Minihäuser als auch hoch individualisierte Architektenhäuser bis hin zu mehrgeschossigen Objektbauten an. Diese Vielfalt hebt uns von anderen Wettbewerbern ab.

Ortenau Journal: WeberHaus heizt aufgrund einer Hackschnitzel-Heizanlage seit 1981 CO2-neutral und hat 2011 mit der Installation von großen Photovoltaik-Anlagen begonnen. Was wollen sie noch tun, um komplett unabhängig von fossiler Energie zu werden?

Stephan Jager: Das ist eine gute Frage, die wir uns auch stellen. Wir überprüfen derzeit unsere Energieversorgung sowohl für Heizung als auch für den elektrischen Energiebedarf. Wir befinden uns in einer Transformation, bei der einige Aspekte noch unklar sind. Momentan haben wir ca. 2,5 MWp installierte Photovoltaik-Dachfläche hier am Standort Rheinau-Linx. Ein Teil dieser Fläche läuft Ende des Jahrzehnts aus der Einspeisevergütung aus. Dadurch produzieren wir überschüssige Energie und müssen uns Gedanken über deren Speicherung machen. Dabei sind wir technologieoffen. In fünf Jahren werden wir wissen, wohin die Reise geht. Auch Wasserstoff spielt eine Rolle in unseren Überlegungen. Wir leben in einer sonnenreichen Gegend, die viele Möglichkeiten bietet. Zudem bleibt abzuwarten, ob unser Fuhrpark zunehmend elektrifiziert wird oder ob wir auf andere Antriebsstoffe umsteigen.

Ortenau Journal: Es zeichnet sich ab, dass die nächste Bundesregierung von der CDU geführt wird. Was erwarten Sie von der nächsten Bundesregierung im Bezug auf Nachhaltigkeit und Transformation?

Stephan Jager: Ich erwarte, dass der grundsätzliche Pfad der Einsparziele und der Ökologie weiter beschritten wird. Es ist auch wichtig, dass die richtigen Sachen angestoßen werden, damit wir als Vorreiterland Technologie ins Ausland bringen können. Da muss der Rahmen vorgegeben werden, aber nicht im minutiösen Diktieren von Vorgaben. Das muss den Leuten überlassen werden, die sich damit auskennen. Nach wie vor ein schöner Begriff, der aber immer mehr zur Utopie wird, ist Bürokratieabbau, das wäre wünschenswert. Egal, ob Rot, Gelb, Grün oder Schwarz. Wichtig ist, dass es nicht Hellblau wird. Die AfD wäre für den Wirtschaftsstandort schädlich. Alles andere wird sich irgendwo auf einen großen Konsens orientieren und vorangetrieben werden.

Ortenau Journal: In Deutschland besteht ein Investitionsbedarf von mehreren hundert Milliarden Euro für Infrastruktur, Digitalisierung oder ökologische Transformation. Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung sind 73 Prozent der Deutschen für mehr Investitionen, statt strikter Einhaltung der Schuldenbremse. Was ist der richtige Weg?

Stephan Jager: Wenn ich die Bauindustrie anschaue, ist der Investitionsbedarf enorm. Man muss nur auf die Autobahn, den Schienenverkehr, die Infrastruktur, die Logistik und den Wohnraum blicken. Wir haben eine Rekordbeschäftigung, wir haben einen Rekordstand an Einwohnern in Deutschland, aber gebaut wird immer weniger. Weil es sich irgendwie nicht rechnet. Da muss der Staat die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen. Ich glaube, dass die Schuldenbremse währungspolitisch sinnvoll ist, um einen stabilen Geldmarkt in Europa zu haben. Aber wir in Deutschland müssen die Weichen stellen und die Kassen öffnen, besonders für Bildung und Infrastruktur. Dann sollte natürlich auch Sicherheit größer geschrieben werden. Was mir jedoch oft fehlt, sind die Themen Wohnen und Förderung. Beispielsweise gehen die Bauern auf die Straße beim Thema Agrardiesel, weil sie besser organisiert sind. Leute, die unter Wohnraumknappheit leiden, die sehe ich nicht, da geht keiner auf die Straße, das ist eine stille Masse, die nicht oder schlecht organisieren lässt. Aber es ist ein Thema, das uns zunehmend erreichen wird, gerade in Mittelzentren und in Ballungszentren.

Wolfgang Weber: Wenn Dreiviertel der Befragten einer Bertelsmann-Umfrage der Meinung sind, dass sinnvolle Investitionen mehr in den Vordergrund gehören, anstatt das strikte Festhalten an der Schuldenbremse, dürfen wir das zumindest ernst nehmen, denn so sieht es das Volk. Der Wunsch nach einem Eigenheim ist nach wie vor groß, und historisch über viele Generationen geprägt. Wenn dieser Wunsch nach dem eigenen Lebenswerk für die Familie politisch mit Füßen getreten wird, dann ist das für uns und allgemein kein gutes Zeichen. Vielmehr braucht es monetäre Anreize, die Wohnraumschaffung unterstützen, denn Bauen ist teurer geworden und der Zins ist ein anderer als noch vor zwei oder drei Jahren.

Ortenau Journal: Künstliche Intelligenz revolutioniert die Arbeitswelt in allen Bereichen. Wie weit ist WeberHaus bei der Digitalisierung sowie der Implementierung von KI-Anwendungen, um zukunftsfähig zu bleiben?

Stephan Jager: Mittlerweile wird bei vielen Dingen KI vorangestellt. Vor fünf oder zehn Jahren hieß es, wir müssen digitalisieren, jetzt heißt es, wir müssen Künstliche Intelligenz nutzen. Vieles, was im Digitalisierungskontext angestoßen wurde, wäre heute eine leichte KI. Da gibt es verschiedene Reifegrade. Der große Sprung mit den Large Language Models wie ChatGPT, das ist noch mal eine andere Nummer als das, was man in vielen Bereichen hat. Wir setzen in manchen Prozessen schon kleinere KI ein, um Optimierungen vorzunehmen. ChatGPT nutzen wir noch nicht flächendeckend wegen Datenschutzbedenken. Wir haben jedoch Testgruppen, um ein ähnliches Modell einzuüben und einen Mehrwert zu erörtern. Den Microsoft Copilot, das Produkt gibt es erst seit Januar in Deutschland. Ich gehe davon aus, dass Künstliche Intelligenz mehr und mehr in der Produktion Einzug hält. Wir sehen zudem Anwendungsfelder im Bereich Smarthome, weil das produktseitig eine gewisse Relevanz haben wird, ganz klar. Aber die Frage ist, ob die Kunden dafür bereit sind. Wir sehen Anwendungsfälle im Produktionsbereich, im Planungsbereich. Aber das steckt alles noch in den Kinderschuhen. Wir sind keine Softwarefirma, sondern arbeiten noch viel mit Muskelkraft. Aber es gibt Anwendungsfälle, die uns Spaß machen. Ein aktueller Anwendungsfall ist unser Chatbot auf der WeberHaus Website, der Kundenfragen beantwortet, den wir gespeist haben und den wir auch permanent verbessern. Das kommt auch gut an.

Wolfgang Weber: Wenn wir in unserem Metier durchgehend mit KI arbeiten könnten, würden wir es tun. Gegenwärtig untersuchen wir partiell Prozessschnittstellen, an denen wir eine KI-Anwendung als vorteilhaft erachten. Zum Prozessende hin müssen wir jedoch wieder analog werden, denn noch kann uns KI nicht bei der Montage unterstützen und für uns Häuser bauen.

Ortenau Journal: Ein Anwendungsbereich von KI ist sicher auch der Personalbereich, also das Recruiting beispielsweise. Der Fachkräftemangel ist eines der beherrschenden Themen. Fällt es ihrem Unternehmen auch schwer, genug Personal und Nachwuchs zu rekrutieren?

Stephan Jager: Die Bauindustrie ist aktuell etwas verhaltener bei Neueinstellungen, da der Weg vor uns etwas holpriger ist. Dennoch müssen wir schauen, wie wir die Babyboomer-Generation mit viel Erfahrung, die bald in Rente geht, kompensieren. Ein Weg, woran wir auch festhalten, ist die Ausbildung von jungen Menschen, insbesondere in handwerklichen Berufen. Da können wir nach wie vor genug junge Leute motivieren. Zudem bringen wir gewisse Arbeitsschritte in die Vorfertigung. Eine weitere Möglichkeit ist, dass wir im Bürobereich verstärkt auf Technologie setzen, wo wir dann in Teilen Abgänge kompensieren können. Außerdem können wir keinen Radius um unseren Standort in Rheinau-Linx bilden, wir sind ja durch den Rhein beschnitten und der ÖPNV ist auch nicht sonderlich gut ausgebaut. D. h. wir müssen als Arbeitgeber prinzipiell attraktiv sein. Wir können kaum jemanden aus Freiburg, Karlsruhe oder Stuttgart hierher locken.

Ortenau Journal: Sie haben das Stichwort genannt: Arbeitgeberattraktivität. Arbeitnehmer legen immer mehr Wert auf Wertschätzung, Work-Life-Balance, oder Weiterbildung. Mit dem Gehalt sind die meisten auf der Bewertungsplattform kununu zufrieden, aber sie wünschen sich mehr Wertschätzung und Kommunikation von Seiten der Abteilungsleiter. Sehen Sie hier Verbesserungsbedarf?

Stephan Jager: Das ist ein Punkt, den wir auch gerade gestern wieder diskutiert haben. Natürlich wissen wir , und das kennt beispielsweise auch Lisa Meier aus dem Social-Media-Umfeld, dass diejenigen, die sich beschweren möchten, dies auch äußern. Diejenigen, die zufrieden sind, äußern sich oft nicht. Deshalb muss man solche Bewertungen differenziert betrachten. Heißt aber nicht, dass es da nicht Ansätze gibt, wo man was tun muss. Weiterbildung steht bei uns ganz oben auf der Agenda, sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Führungskräfte, insbesondere in Sachen Kommunikation. Wir nutzen verstärkt unser Intranet, um die Belegschaft zu informieren. Auch im Social-Media-Bereich sind wir sowohl intern als auch extern aktiv.

Wolfgang Weber: Wenn aus den Rückmeldungen hervorgeht, dass sich mehr Kommunikation gewünscht wird, nehmen wir das ernst, und zwar ohne Wenn und Aber. Natürlich überrascht uns der Vorstoß manchmal, weil wir gerade in den letzten Jahren viele strategische Projekte hinsichtlich unserer internen Kommunikation angestoßen haben. Wir nutzen über Intranet, Newsletter und persönliche Gespräche verschiedene Medien, aber zweifellos gibt es noch genügend Luft nach oben.

Interview: Wolfgang Huber

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